In privaten und erst recht in beruflichen Gesprächssituationen achten wir, ob bewusst oder unbewusst, immer auf bestimmte Signale, die ein Gegenüber aussendet. Meist braucht es nur wenige Minuten, manchmal sind es sogar nur einige Sekunden, und schon haben wir uns eine Meinung über die Persönlichkeit oder wenigstens über die momentane Stimmung und Verfassung unseres Gesprächspartners gebildet. – Kaum dass einige Worte miteinander gewechselt wurden, wird das Gegenüber auch schon im Geiste mit einigen positiven oder negativen Attributen versehen: Immer finden sich Anhaltspunkte dafür, ob der Gesprächspartner entweder unsicher, nervös und unkonzentriert oder selbstsicher, unbefangen und aufmerksam auftritt. Mit dieser Einordnung werden nicht nur die Weichen für das gesamte Gespräch gestellt, sie bestimmt auch nachhaltig die Wahrnehmung der anderen Person.
Obwohl dieses Phänomen oft nicht unbekannt ist, wird häufig vergessen, dass wir selbst, aus der Sicht unserer Gesprächspartner betrachtet, ebenfalls ein Gegenüber sind, das kritisch unter die Lupe genommen wird. Und gerade Menschen, die eine exponierte Stellung einnehmen, wie beispielsweise alle Führungskräfte, werden hierbei einer ganz besonders intensiven Prüfung unterzogen. Manche Gesprächspartner lauern womöglich sogar nur auf einen Fauxpas, auf Unsicherheiten und wollen irgendwelche bestehenden Vorurteile bestätigt sehen.
Führungskräfte stehen immer im Fokus der allgemeinen Aufmerksamkeit, ihre Worte haben Relevanz, in Gesprächen mit ihnen geht es um wichtige Dinge, die für ihre Gesprächspartner nicht folgenlos bleiben. Sie müssen Anweisungen erteilen, schwierige Situationen klären, auf ihre Mitarbeiter eingehen, Lob oder Kritik anbringen und ganz generell besonders häufig auch schwierige Gespräche führen – und meistern. Hierbei ist wenig Spielraum für Unsicherheiten, Missverständnisse und Kommunikationsstörungen jeglicher Art. Derartige Aspekte gefährden den reibungslosen Geschäftsablauf und lassen unterschiedlichste Konflikte entstehen. Allen kontraproduktiven Möglichkeiten zu entgehen ist hierbei selbstverständlich nicht immer leicht, zumal die Worte einer Führungskraft schnell auf die Goldwaage gelegt und mit Vorliebe von ihren Mitarbeitern interpretiert werden.
Ganz unbestritten erleichtert es gerade Führungskräften die Arbeit, wenn ihre Führungsqualitäten und Kompetenzen nicht infrage gestellt werden und sie zudem noch über eine positive Ausstrahlungskraft verfügen. Ihre allgemeine Anerkennung und Souveränität wird dabei zu großen Teilen an ihrem Verhalten in Gesprächssituationen gemessen. So findet selbst größte Kompetenz nur geringe Anerkennung und wenig Resonanz, wenn die Professionalität im Gespräch verloren geht. Einige Führungskräfte versuchen dieser Falle zu entgehen, indem sie im Gespräch ein Gebaren an den Tag legen, das eher einer Mischung von Überheblichkeit, Selbstprofilierung und autoritärem Verhalten als denn tatsächlicher Souveränität entspricht. Sie sind währenddessen gleichwohl davon überzeugt, insgesamt souverän aufzutreten und auch zu wirken, während sich ihren Gesprächspartnern parallel aber ein ganz anderes Bild darstellt.
Eine souveräne Gesprächsrhetorik bezieht die Perspektive des Gesprächspartners mit ein und ist also nicht auf Darstellung der eigenen Person fixiert. Wer es versteht, in Gesprächen die eigene Souveränität – fernab jeglicher Überheblichkeit und aufgesetzter oder schön geschminkter Verhaltensweisen – zu wahren, unterstreicht damit immer seine Glaubwürdigkeit, wirkt verbindlich, erhöht die Aufmerksamkeit der Gesprächspartner und verbessert die eigene Ausstrahlungskraft.
Auf dieser Grundlage gewinnt nicht nur die eigene Persönlichkeit, es lassen sich auch die Gesprächsinhalte wesentlich effektiver transportieren, ohne dass dabei ein Gegenüber mithilfe destruktiver Mechanismen hinters Licht geführt zu werden braucht. Es ist ein klares Zeichen einer starken Persönlichkeit, im Gespräch durch Gradlinigkeit und eine aufrechte Art zu überzeugen, wodurch sich auch ein gesundes (jedoch nicht übersteigertes) Selbstbewusstsein zeigt. Ein effektiver Umgang mit der Sprache, insbesondere im persönlichen Gespräch, ist immer eine tragende Säule für den eigenen Erfolg. Für rhetorisch völlig unbegabte Menschen, die nicht oder kaum in der Lage sind, die Sprache zielgerichtet und wirkungsvoll einzusetzen, gehen viele Chancen verloren. Ihr Weg ist voller Stolpersteine, die sie sich auch noch selbst auslegen, die jedoch mit entsprechender Sachkenntnis der rhetorischen Prinzipien schnell beiseite zu schaffen sind.
Genau genommen ist die Sprache das wichtigste Instrument im Management überhaupt – ohne entsprechende Kommunikation lässt sich ein Prozess weder in Gang setzen noch aufrechterhalten. Gesprochen wird zwar viel, nicht selten jedoch auch zu wenig – entscheidend ist aber weniger die Quantität, es ist die rhetorische Qualität der Gespräche, die den Wirkungsgrad bestimmt. – Wir können viel Energie aufwenden und doch nur wenig damit erreichen; wir können auch direkt auf größere Investitionen in unsere Sprache verzichten und dadurch ebenfalls wenig erreichen; wir können uns aber auch eine souveräne Gesprächsrhetorik zu eigen machen und damit das Verhältnis von aufgewendeter Energie und erzielter Wirkung optimieren.
Rhetorik und Gesprächsrhetorik
Der Begriff Rhetorik umfasst mittlerweile ein breites Spektrum im Bereich der menschlichen Kommunikation. Der Ursprung der Rhetorik als Lehre von der Redekunst reicht dabei zurück bis in die Antike. Im antiken Griechenland und Rom entstanden direkt mehrere Rhetoriken als Instruktionen für die geistliche Verarbeitung eines Themas bis hin zum Vortrag vor Publikum. Dementsprechend ist mit der Rhetorik im Allgemeinen noch heute vor allem die Kunst der wirkungsvollen freien und öffentlichen Rede gemeint. – Allerdings fand auch schon in der Antike eine bewusste Auseinandersetzung mit dem Gespräch als Kommunikationsform statt. Schon damals wurde sehr konkret zwischen zwanglosen, erkenntnisorientierten und kontroversen Gesprächssituationen unterschieden.
Eine öffentliche Rede und das Gespräch unterscheiden sich zunächst an einer Stelle besonders markant: Während zwischen einem Redner und seinem Publikum keine unmittelbare Interaktion stattfindet, geht es beim Gespräch um einen gegenseitigen Austausch von Informationen. Hierfür reicht es allerdings längst nicht aus, dass die Gesprächspartner einfach nur hören und sprechen können. Sie müssen vielmehr in der Lage sein, sich gegenseitig und möglichst ohne Reibungsverluste zu verstehen. Das Ziel eines Gesprächs ist es immer, etwas zur gemeinsamen Sache zu machen. Die Gesprächsrhetorik umfasst also die effektive Gestaltung von Gesprächen. Ziel eines Gesprächs ist es immer, eine gelungene Verständigung zu erreichen. Ob dieser Zweck erfüllt werden kann, unterliegt dabei zahlreichen Einflussfaktoren, wovon die emotionale Komponente die wohl bedeutendste ist. Gerade die zwischenmenschliche Kommunikation ist dadurch gekennzeichnet, dass die Effektivität eines Gesprächs in hohem Maße von psychologischen Aspekten abhängt. Hierdurch kann entweder ein fruchtbares Klima der gelungenen Verständigung entstehen oder das gegenseitige Verstehen ganz erheblich beeinträchtigt, sogar völlig gestört und in destruktive Bahnen gelenkt werden. Das kann (nicht nur) im beruflichen Umfeld zu enormen Defiziten führen und dabei eine Fessel für viele positive Entwicklungen darstellen.
Mithilfe einer professionellen Beherrschung der unterschiedlichen Elemente der Gesprächsrhetorik und einer umsichtigen Anwendung derselben können Sie selbst entscheidend auf die Effizienz der Kommunikation im Unternehmen einwirken. Es liegt auf der Hand, dass gerade im Dialog die emotionale Situation der Gesprächspartner eine herausragende Rolle spielt. Wer die Regeln und Prinzipien der Gesprächsrhetorik kennt und praktiziert, entzieht dem Erfolg oder Misserfolg von Gesprächen seine Beliebigkeit und macht ihn nicht vom Zufall abhängig. Das Ziel ist eine positive Einflussnahme auf Gesprächssituationen im Unternehmen, was immer auch eine Optimierung der Geschäftsprozesse zur Folge hat.
Die Gesprächsrhetorik, und das ist eine spezifische Eigenart dieser Disziplin, ist immer Theorie und Praxis zugleich. Nur mit Kenntnis der theoretischen Grundlagen kann das Gespräch in der Praxis seine volle Wirkung entfalten und so zum unternehmerischen Erfolg beitragen.
Zudem entwickeln Personen, die das weite Feld der Gesprächsrhetorik beherrschen, auch in der klassischen Rhetorik schneller eine entsprechende Sicherheit. Mit Kenntnis der Elemente der Gesprächsrhetorik lassen sich damit nicht nur Gespräche effektiver gestalten, die Kunst der effektiven Gesprächsführung ist eine wichtige Grundlage für sämtliche Bereiche der menschlichen Kommunikation.

Stéphane Etrillard zählt zu den meistgefragten Wirtschaftstrainern und Business-Coaches. Als Experte für persönliche Souveränität und Unternehmersouveränität ist er Autor von über 40 Büchern. Sein einzigartiges Know-how ist in den letzten 20 Jahren in der Begleitung von über 25.000 Unternehmern und Managern entstanden. Seine Unternehmercoachings wenden sich an Unternehmer, die erfolgreich werden und bleiben wollen und vor allem mit Leistungen am Markt auftreten wollen, die auch gekauft werden.