Wie sich Agenturen selbst amputieren

Warum soll man in einer Agentur arbeiten? Spiegel online schreibt über die gefräßige Branche: „Bald lernen viele Berufsstarter die dunkleren Schattierungen der funkelnden Reklamewelt kennen: Ackern bis zum Anschlag, miese Bezahlung, fiese Verträge.“

Genau so hat sich das Image von Agenturen als Arbeitgeber auch verändert: Bis vor einigen Jahren war es noch sexy in einer Agentur zu arbeiten. Man lobte die lockere und legere Atmosphäre und wenn man Glück hatte kam man auch mit zu einem Dreh. Heute ist man nur noch der Dienstleister, arbeitet viel und verdient wenig. Das große Glück zu haben, mit zu einem Dreh zu fahren, ist so wahrscheinlich wie der Lottogewinn. Dieses Bild spiegelt sich auch in den Anzahlen der Bewerbungen wieder, die eine Agentur erhält. Im Kreativen Bereich ist diese Zahl auch zurück gegangen, aber immer noch ausreichend. Aber für die Kundenberatung und gerade für Bereiche, die eine technische Affinität haben, suchen Agenturen massiv nach neuen Leuten. Ein Berater geht lieber zu einer Unternehmensberatung; da muss er wahrscheinlich noch mehr arbeiten, verdient aber auch sehr viel mehr Geld. Ist man Programmierer, so bieten viele Internetunternehmen deutlich besser Jobs; dann muss man sich auch nicht mit den als primitiv angesehen Programmiersprachen für das Internet abplagen.

Und was Agenturen? Normalerweise sollte man annehmen, dass sie auf eine solche Situation reagieren. Am besten sollte man das dann tun, wenn der Zug noch nicht abgefahren ist; wenn sich diese Entwicklung also noch am Beginn befindet. Aber so können Agenturen nicht arbeiten, weil sie so noch nie gearbeitet haben. In dieser Branche ist es üblichen, dass man Projekte „auf den letzten Drücker“ fertigstellt. Deswegen lässt man sich auch schön Zeit und rennt am Ende mit den vom Drucker noch warmen Handouts zum Kunden.

Aber alles bleibt beim alten. Man zahlt den Mitarbeitern immer noch genauso wenig Geld wie bisher auch schon. Man redet viel von Weiterbildung aber tut dafür eigentlich nichts. Eine 50 Mann Agentur gibt für die Weiterbildung einen vierstelligen Betrag aus und der gilt nicht pro Person, sondern für die gesamte Agentur. Auch die typische Laufbahn einer Personalerin hat sich nicht geändert; es handelt sich zu 85 % um Frauen. Ehemals handelt es sich um Kundenberaterinnen, die dann schwanger wurden. Man fragte sich nach ihrer Rückkehr, was man denn mit ihnen anstellt. Wenn sie in der Beratung nicht mehr arbeiten konnten, so gab es Aufgaben in Personalbereich; so wurde eine neue HR-Mitarbeiterin gefunden. In einer Agentur findet man auch kaum Mitarbeiter, die älter als 35 Jahre sind. Entweder sind sie dann Geschäftsführer oder arbeiten selbstständig. Eine solche Ressourcenverschwendung wird man sich in Zukunft überhaupt nicht mehr leisten könne. Aber auch den demografischen Wandel nimmt  man zwar bei Kunden war und will ihnen auch helfen, damit besser umzugehen, aber selber sieht man das Thema überhaupt nicht.

Agenturen müssen es endlich schaffen ein professionelles Human Resources auf die Beine zu stellen. Tun sie das nicht amputieren sie sich quasi selber. Es wird viel darüber gesprochen, dass man als Partner auf Augenhöhe mit dem Kunden agieren möchte. Dies geht aber nur dann, wenn man auch die entsprechenden Mitarbeiter aufstellen kann. Nur wenn man ein attraktiver Arbeitgeber bleibt, kommen aber die richtigen Leute zu einer Agentur.

 

 

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