Vermeiden Sie Katerstimmung

Kaum scheint die Krise überwunden, frohlocken die Unternehmen und feiern den Aufschwung. Doch die positiven Zahlen sind nicht nur unternehmerischer Brillianz geschuldet sind, sondern zum großen Teil auch Folgen der Krise, die jetzt in Form von Nachholinvestitionen zu Buche schlagen. Daher ist Wachsamkeit angesagt. Damit nach dem Aufschwung keine Katerstimmung aufkommt, empfiehlt es sich einen Plan B in der Schublade zu haben.

Das Verführerische am Aufschwung ist der Aufschwung selbst. Dieses daran Teilhaben und Mitmachen. Das kann berauschend sein. Doch wie jeder Rausch vernebelt auch dieser Aufschwung die Sinne, die Wahrnehmung und den Blick für das wirklich Wichtige. Damit nach dem Aufschwung keine Katerstimmung aufkommt, ist es geschickt, frühzeitig zu prüfen, an welchen Stellen der Blick vernebelt sein könnte.

Der Nachfrageboom verschiebt Innovationen

Der aktuelle Aufschwung erklärt sich aus dem allgemeinen Nachholbedarf an Wohlstand, national wie international. Es werden vorwiegend Produkte und Leistungen angeschafft, auf die in der zurückliegenden Krise verzichtet wurde, und keine wie auch immer gearteten Technologiesprünge eingefordert. Woher sollen somit der Wunsch und der Druck kommen, Innovationen zu entwickeln, die das Wachstum von übermorgen absichern?

Die viele Arbeit hält vom strategischen Denken ab

Die Unternehmen fahren Sonderschichten, kürzen Werksferien und steigern die Überstunden. Denn jetzt geht es darum, die Aufträge zeitnah und möglichst wirtschaftlich abzuarbeiten. Alles andere muss warten. Wer hat in den Unternehmen momentan die Zeit, sich um neue, relevante Themen zu kümmern, die das Unternehmen weiter bringen, bevor der nächste Abschwung kommt?

Die Bevölkerungsmehrheit will keine Veränderung

Gemäß den bahnbrechenden Erkenntnissen der Neurowissenschaftler lässt sich die Bevölkerung in Deutschland nach ihrem bevorzugten Alltagsverhalten faustgrößenartig wie folgt einteilen:

  •  Abenteurer/Entdecker: circa 10 Prozent.
  •  Umsetzer/Verfolger: circa 10 Prozent.
  •  Analytiker/Kontrollierer: circa 35 Prozent.
  •  Bewahrer/Fürsorger: circa 45 Prozent.

Das bedeutet, dass die „Daniel Düsentriebe“ einer gesellschaftlichen Minderheit angehören. Damit erfolgt der Wettkampf der Innovationen auf einem sehr niedrigen Niveau, weil sich nur ein geringer Anteil der Menschen daran beteiligt.

Niemand weiß, wie sich unsere Gesellschaft entwickeln würde, wenn sich die Anteile z.B. zugunsten der Entdecker und Verfolger verändern würden. Wer kümmert sich um diesen Zusammenhang? Denn aus diesen Erkenntnissen lassen sich viele neue Ansätze für die Ausbildung und Qualifizierung sowie für das allgemeine Miteinander ableiten.

Die ideale Positionierung: Besser als die Konkurrenz

Viele Branchenverbände bieten ihren Mitgliedsunternehmen Leistungsvergleiche der wichtigsten Kennzahlen. Dabei lässt sich in allen Branchen eine ähnliche Verteilung feststellen:

  • Gruppe A: 8 bis 12 Prozent der Unternehmen zählen zu den Spitzenreitern der Branche.
  • Gruppe B: 35 Prozent der Unternehmen bewegen sich über dem Durchschnitt der Branche.
  • Gruppe C: 35 bis 38 Prozent der Unternehmen bewegen sich unter dem Durchschnitt der Branche.
  • Gruppe D: 15 Prozent der Unternehmen haben die „rote Laterne“ und kämpfen mehr oder weniger erfolgreich gegen den Untergang.

Die größte Chance, die eigene Position zu verbessern, besteht darin, der Erfolgreichste in der eigenen Gruppe zu werden und den Anschluss an die nächste Gruppe zu suchen. Doch wer hat in seinem Unternehmen ein derartiges Strategieprogramm installiert?

Projektionsfläche bieten

Die Münchener Tatortkommisare Leitmayr und Batic berichteten bei einem Auftritt bei „Beckmann“: Sie dürfen im Film keine Partnerinnen oder Familie haben, damit die beiden Typen ausreichend Projektionsfläche für die weiblichen Zuschauerinnen bieten. Damit lässt sich der Marktanteil beim weiblichen Publikum signifikant steigern.

Das gleiche Prinzip wiederholt sich pro Tag zig Mal an anderen Beispielen: Beim Kauf einer neuen Maschine, eines neuen Autos, eines neuen Anzuges, einer Uhr, einer Flasche Wein oder der Wahl eines Restaurants für ein Geschäftsessen. Mit der Entscheidung für etwas ist auch immer ein Gefühl der Identifikation und der Zugehörigkeit verbunden. Bieten unter Volllast fahrende Unternehmen auch im Aufschwung ausreichend Projektionsflächen, um schon heute die Sehnsucht der Kunden von morgen zu wecken? Wer erst im nächsten Abschwung damit anfängt, ist hierfür zu spät dran.

Dieses allgemeine Beharrungsvermögen ist es, mit dem sich viele Unternehmen das Leben selbst schwer machen. Und während der Aufschwung voll am Laufen ist, treffen die einen schon Vorsorge für die Zeit danach, wohingegen die anderen das für unnötigen Aktivismus halten.

Teilen

Dieser Artikel kann nicht kommentiert werden.