Social-Media: Wie Ich-Sender mehrwert schaffen

Barack Obama hat wohl den endgültigen Ausschlag gegeben: Nach seiner wegweisenden Social-Media-Offensive im US-Präsidentschaftswahlkampf war zumindest Twitter in aller Munde. Hatte der Dienst die Jahre davor doch eher ein Orchideendasein gefristet – ganz schön, aber auch sehr selten. Der US-Präsidentschaftskandidat setzte sehr erfolgreich auf Social Media. Durch Twitter etwa gab er den Menschen das Gefühl, mit jedem einzelnen persönlich in Kontakt zu stehen – schnell und direkt. Das hat den Menschen, das hat seinen Wählerinnen und Wählern gefallen und hat nicht zuletzt zu seinem Siegeszug ins Weiße Haus geführt.

Auch in Deutschland wird es langsam den Menschen und auch den Medien bewusst, dass Social Media mehr sind als nur eine Spielerei von „Nerds“ oder technikverliebten Studenten. Social Media erlauben eine direkte Form der Kommunikation, die in dieser Form schon fast in Vergessenheit geraten ist. Es ist eine direkte Form des Zuhörens, des Aufeinandereingehens, die es, meiner Meinung nach, eigentlich nur im persönlichen Gespräch gibt. Mit Social Media können nun auch wir ganz normalen Menschen, Präsidentschaftskandidaten oder auch Unternehmen sehr direkt mit anderen Interessierten ins Gespräch kommen. Mein persönlicher Blick in die Glaskugel: Es werden auf Dauer keine Mittler oder Sprachrohre mehr gebraucht, keine Anzeigen oder Funkspots. Die Worte jedes Einzelnen erreichen durch Social Media direkt den Empfänger. Klassische Werte oder Tugenden werden wieder wichtig: Zuhören, nicht zu forsch oder vorlaut auftreten, das Gehirn einschalten, bevor man etwas in die Welt hinausposaunt. Denn der Empfänger, die berühmte Community, hat jederzeit die Möglichkeit, schnell und hart zu reagieren, und nutzt diese Möglichkeit auch. Selbst eine einzelne Person kann einen internationalen Multi in die Knie zwingen. Das klingt jetzt unglaubwürdig? Ich gebe Ihnen mal ein Beispiel: 2008 reiste eine nur eingefleischten Fans bekannte, kanadische Country-Band von ihrer Heimat Nova Scotia nach Nebraska in den USA. Wären sie arttypisch mit dem alten VW-Bus gereist, wären sie heute nicht berühmt. Was war passiert? Chicagos O’Hare Airport ist einer der größten der Welt. Hier mussten die wackeren kanadischen Musiker nun umsteigen. Ein Blick aus dem Kabinenfenster ließ den „Sons of Maxwell“ das sprichwörtliche Herz in die Hose rutschen: Das Bodenpersonal ging mit dem Gepäck nicht so pfleglich um, wie es der gemeine Passagier an sich erwartet. Kurz, eine Dreitausend-Dollar-Gitarre überlebte diese besondere Form der Behandlung nicht. Es ist müßig, nun die einzelnen Stationen des Beschwerdemartyriums zu beschreiben, das in einem finalen „No“ von United Airlines gipfelte. Das wollte Dave Carroll nicht auf sich sitzen lassen. Er komponierte eine eingängige Melodie und stellte sie zusammen mit einem humorvollen Text und einem ebensolchen Video im Juli 2009 bei YouTube ein. Carroll hatte nicht nur mit seiner Musik den Nerv der YouTube- und Twitter-Gemeinde getroffen, sondern auch mit dem Thema: Binnen weniger Tage wurde das Video von Millionen Menschen gesehen und verschickt – übrigens bis heute mehr als 6.5 Millionen Mal. Das hatte auch erhebliche Auswirkungen auf die Fluggesellschaft. „United breaks guitars“ ließ den Aktienkurs signifikant abstürzen und löste eine Welle des Unmuts unter Fluggästen in aller Welt aus. Was lernen wir daraus: Auch ein Einzelner kann, wenn er die Social-Media-Klaviatur richtig zu nutzen weiß, einen ganz Großen in Schwierigkeiten bringen – und dabei auch noch zu einiger Berühmtheit gelangen.

Natürlich geht es nicht immer darum, dass ein Kleiner einen Großen in die Knie zwingt. Es ist nur ein Beispiel und zeigt so die Macht von Social Media für den alltäglichen Gebrauch. Unternehmen können direkt mit ihren Kunden in Kontakt treten, sich Wünsche und Nöte unmittelbar anhören und viel schneller reagieren. Andererseits werden Neuigkeiten auch viel schneller und viel direkter verbreitet, denn es gibt mit Social Media ja nun tausende Möglichkeiten und Kanäle.

Ganz wichtig ist meiner Einschätzung nach, sich immer Folgendes zu vergegenwärtigen: Beim Social-Media-Marketing geht es letztlich um gutes Image … In der Online-Welt steht die Marke des Users im Rampenlicht. Was er tut, wie er interagiert und wie er reagiert (ganz zu schweigen von dem, was er nicht tut) wird beobachtet, kritisiert – und bei Google verewigt!

Denn heutzutage geschieht die erste Interaktion eines potenziellen Kunden im Suchfeld der Suchmaschinen. Vor allem Google ist da für Deutschland relevant und wird sicher auch durch die neu geschaffene visuelle Suchmaschine „Google Goggels“ seine Position behaupten. Die Suchmaschine findet in Zukunft relevante Hinweise zu einem Objekt auf einem Foto, das ist eine wirklich neue Dimension und man darf sehr gespannt sein, wie sich das weiter entwickelt.

Wenn also der Social-Media-Willige der Situation keine Beachtung schenkt, was bei den Top 10-Suchergebnissen über seine eigene Marke gesagt wird, wie könnte er dann von sich behaupten, er würde „sich einbringen“ oder seine Marke in eine positive Richtung führen? Es heißt „wer suchet, der findet“, wer aber schnell gefunden wird, der hat sicher den meisten Umsatz. So ist Google die neue Homepage einer jeden Marke.

Der zweite wichtige Punkt: Social Media bedeutet „Kommunikation teilen“ und das wollen immer mehr „Ich-Sender“ – also Menschen, die nicht nur passiv konsumieren, sondern aktiv mitreden wollen. Doch vor dem Mitmachen sollte man zuhören, den Markt und die Community beobachten und sich dann erst einbringen. Der Trick bei Social Media besteht darin, den Followern mehr Nutzen zu bieten als man von ihnen erwartet.

Drittens, Social Media bestehen aus einem bunten Strauß an Maßnahmen. Sinnvoll ist es, viele Kanäle zu nutzen. Das heißt für mich, im Dienste der eigenen Marke zu bloggen, zu twittern oder in Foren zu kommunizieren, aber auch ein persönliches Facebook-Profil oder eine -Gruppe kann eine sinnvolle Ergänzung sein. Dabei sollte man unbedingt auf die Konsistenz der Daten und Angaben achten! Merke: Das Internet vergisst nie und Bilder von der Teilnahme an studentischen Massenbesäufnissen zum „Spring break“ sind nur bedingt Teil einer seriösen Selbstdarstellung.

Wichtig sind für mich auch die Netze, die sich der Kommunikation bestimmter Zielgruppen verschrieben haben. Schüler und Studenten sind bei Schüler- und StudiVZ zu finden, Businesskontakte macht man heute eher bei XING und LinkedIn. Achtung: Neben der zielgruppenorientierten Ansprache ist es wichtig, auf die Konsistenz der diversen Profilseiten zu achten.

Nicht zuletzt: Social Media sind nicht nur ein hervorragender Weg, um Kontakte zu knüpfen und mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Sie bieten darüber hinaus auch die Möglichkeit, Ideen zu generieren, die Weisheit der Vielen zu nutzen. Ideenplattformen wie das Berliner Start-up Jovoto zeigen, dass es möglich ist. In nur einem Jahr seit dem Rollout haben sich schon über 10.000 Kreative aus der ganzen Welt registrieren lassen und entwickeln gemeinsam kreative Ideen für Produkte, Werbung und das Internet, und das für wirklich namhafte Kunden. Wenn es Sie interessiert, empfehle ich Ihnen sich das einmal anzuschauen, auch wenn ich glaube, dass in diesem Bereich die Möglichkeiten noch lange nicht ausgeschöpft sind.

Meine Vision von der Zukunft der Social Media? Eins ist sicher: Social Media ist bestimmt keine „Eintagsfliege“, wie so manche behaupten. Social Media ist die Beschreibung für einen Veränderungsprozess in unser aller Kommunikation. Die Kommunikationsrichtung ändert sich immer schneller. Aus dem „one to many“ wird immer mehr ein „many to one“.

Dank Social Media können heute VIELE (auch gemeinsam) Einzelne informieren oder aber jeder EINZELNE ist in der Lage, als „Ich-Sender“ seine Meinung zu bestimmten Dingen öffentlich (also an ALLE) zu kommunizieren, ohne ein klassisches Medium dafür zu benutzen. Das alles zu erheblich niedrigeren Kosten als bisher. Hier potenzieren sich die Möglichkeiten der Information. Diese neue Form zu kommunizieren schafft auch ganz neue Formen der Zusammenarbeit und der Wissensbereitstellung. Das Thema Crowdsourcing und Enterprise 2.0 wird bedingt durch Social Media und Communitys neue und bessere Formen der Wertschöpfung schaffen.

Wo wird also die Reise hingehen? Meiner Meinung nach werden die Menschen und Unternehmen immer besser, einfacher und schneller kommunizieren können. Aber sie werden auch gläserner. Hier heißt es stets gut zu überlegen, was kommuniziert wird und warum. Wir sollten uns also wieder mehr auf unsere Werte besinnen und nachdenken bzw. vordenken, was wir wann wem warum erzählen. Letztendlich werden Social Media nicht nur die Kommunikation nachhaltig verändern – und haben es auch schon getan – sondern auch die Formen des Zusammenarbeitens. Irgendwann – in gar nicht ferner Zukunft – werden vielleicht Impfstoffe, Baupläne oder Flugzeuge von tausenden oder gar Millionen Menschen aus aller Welt gemeinsam entwickelt. Das kann bedeuten, dass eine solche neue Form der Zusammenarbeit für unsere Gesellschaft wichtig und wertvoll werden kann. Ich bin mir ganz sicher: Wir werden es noch erleben!

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