Hören Sie mal genau bei der nächsten Präsentation in Ihrer Firma zu. Fällt Ihnen was auf? Anglizismen, Buszzwords und Instand-Rhetorik Immer wieder die gleichen Wörter, Formulierungen – einfallslos und langweilig, einschläfernd. Die Kommunikationstrainerin Anita Hermann-Ruess erklärt Ihnen, wie Sie mit ungewöhnlichen rhetorischen Inszenierungen und Formulierungen die Sinne ansprechen und Aufmerksamkeit erzeugen. So werden Sie gehört -garantiert.
Vergessen Sie 0815-Aussagen wie „höhere Qualität!“, „maßgeschneiderte Konzepte“, „Kostenreduktion“ – die bringen auch alle Ihre Mitbewerber. Unterscheiden Sie sich, indem Sie diese Argumente mithilfe sinnlicher Evidenzmittel so anziehend, anschaulich und faszinierend verpacken, dass ein regelrechter Sog beim Entscheider entsteht: „Das muss ich haben!“ Sinnliche Evidenzmittel sprechen Auge, Ohr und taktilen Sinn an, sind also entweder visuell (z. B. Bilder, Videos, Webcam), auditiv (z. B. Storytelling) oder taktil (z.B. Objekte, Demonstrationen). Evidenzmittel machen also eine Aussage glaubwürdig, nachvollziehbar und griffig. Evidenzmittel führen im Kopf der Zuhörer zu einem „Aha!“. Sie machen Ihre Präsentation nicht nur glaubwürdig, sondern auch beeindruckend, weil viele Evidenzmittel die Gesamtargumentation emotional stützen. 15 der schlagkräftigen rhetorischen Inszenierungen erhalten Sie nun für Ihre nächsten herausragenden Präsentationen:
1. Durchstreichen der Verlust-Zahl am Flipchart
Geld, Arbeitszeit und Ressourcen allgemein werden ungern verschwendet. Wenn Sie durch ein „Looserranking“ oder „rote Zahlen“ die Verschwendung darstellen können, haben Sie gewonnen! Drücken Sie den Verlust bzw. die Verschwendung so konkret wie möglich aus, am besten mit einer erschreckenden Verlustzahl. Schreiben Sie diese rot, groß und mit dickem Stift auf das Flipchart und lassen Sie das Flipchart gut sichtbar für alle stehen. Nachdem Sie Ihre Lösung präsentiert haben und im dem Teil angekommen sind, wo Sie vorrechnen, dass sich Ihre Lösung rechnet, gehen Sie wieder an das Flipchart und streichen die Verlustzahl demonstrativ dynamisch durch.
2. Kalkulation: Das schnelle Hochrechnen im Kopf
Es ist das beste Evidenzmittel im Business-Kontext: das schnelle Hochrechnen von Gewinnen oder vermeidbaren Verlusten. Dazu benötigen Sie das Wörtchen „Angenommen“ und einige Kennzahlen. Machen Sie sich noch mit branchenüblichen Stundenlöhnen und Wochenarbeitsstunden vertraut. Am besten sind Return on Invest-Argumente. Nutzen Sie Ihre Hände, wenn Sie hochrechnen. Wägen Sie mit der einen Hand den Invest ab – und nutzen Sie dann abwägend die zweite Hand für den Return. Lassen Sie die „Hand-Waage“ zugunsten des Returns ausschlagen.
[snip id=’899′]
3. Erfolgsgeschichte erzählen
Erzählen Sie kurze und knackige Erfolgsgeschichten, am besten in Kombination mit aufsehenerregenden Zahlen. Zeigen Sie die Zahl, und dann erzählen Sie, wie Sie dahin gekommen sind. Bauen Sie einen „Goliath“ ein oder ein unüberwindbar scheinendes Hindernis. Zeigen Sie, wie Sie mit Intelligenz dieses Hindernis gemeistert und Ihr Ziel erreicht haben. Fragen Sie sich: Welche Erfolgsgeschichte haben Sie oder Ihr Team in letzter Zeit erlebt? Was für Erfolge haben Sie erzielt? Was haben Ihre Kunden Großartiges mit Ihrem Produkt erlebt? Was war der größte Coup? Suchen Sie die beste Geschichte aus, und erzählen Sie sie kurz und knackig.
4. Business Quiz: Aufsehenerregende Zahl raten lassen
Finden Sie eine aufsehenerregende Zahl heraus. Rechnen Sie die absolute Zahl hoch. Am besten rechnen Sie die Zahl in Geld um, dies macht Ihre Zahl noch greifbarer und plastischer für Ihr Publikum. Formulieren Sie nun eine Schätz-Frage. „Schätzen Sie, um wie viel Euro gewinnen wir im Jahr wenn wir Move implementieren?“. Möglicherweise können Sie auf dem Flipchart die vorher aufgeschriebene „Verschwendungszahl“ mit einer großen Geste durchstreichen und die neue „Gewinnerzahl“ dazuschreiben.
5. Vorher-Nachher-Inszenierung am Flipchart
Zeichnen Sie im oberen Bereich des Papiers umständlich die Ist-Situation. Zeigen Sie, dass ohne Ihre Lösung Chaos herrscht, und malen Sie ein verworrenes Ablaufdiagramm. Erklären Sie dann Ihre Lösung. Zeichen Sie im unteren Bereich nun ein ordentliches, strukturiertes Bild der Abläufe (geordnetes Ablaufdiagramm). Streichen Sie das Bild vom chaotischen Ist-Zustand durch. Lassen Sie beide Bilder sichtbar für alle am Flipchart stehen. So prägt sich Ihre Kernaussage „Mit unserer Lösung sind Sie auf der sicheren Seite“ mit Sicherheit ein.
6. Beispiele und Referenzen
Erzählen Sie beispielhaft, wie und wo Ihre Lösung schon sicher funktioniert hat. Erzählen Sie von gelungenen Referenzprojekten. Konzentrieren Sie sich dabei auf Ähnlichkeiten (ähnliche Branche, ähnlicher Fall, ähnliches Problem). Legen Sie den Fokus darauf, wie reibungslos Ihre Lösung umgesetzt wurde und wie fehlerfrei sie heute funktioniert.
7. Vernunfts-Geschichte
Suchen Sie sich zwei extreme Gegenpositionen zu Ihrer Kernbotschaft, die Sie dann als unsicher, unvernünftig und verschwenderisch verwerfen. Sprechen Sie gern und oft von „der Mitte“, von „Balance“, vom „gesunden Menschenverstand“. Mit dem Mittelweg präsentieren Sie nun Ihre eigene wohldurchdachte Lösung des Problems.
8. Schritte-Programm in die Hand drücken
Drucken Sie ein aussagekräftiges Stufenkonzept aus, das Ihre Lösung in sinnvolle kleine Schritte portioniert. Drucken Sie es auf stabilem, hochwertigem Papier aus (z.B. 160-Gramm-Papier) und geben Sie es den Teilnehmern am Ende in die Hand zum Mitnehmen und Nachlesen.
9. Interaktion am Flipchart
Beziehen Sie Ihr Publikum aktiv mit ein. Mit Hilfe der Interaktion binden Sie Ihr Publikum noch fester an sich. Sie stellen eine Frage und schreiben die Antworten am Flipchart mit. Gut geeignet für den Anfang, um die Wünsche, Ziele oder Probleme der Teilnehmer zu erfahren: „Was darf auf keinen Fall sein?“, „Was belastet Sie im Moment am meisten?“, „Welche Wünsche haben Sie in Bezug auf…?“, „Wo sehen Sie Handlungsbedarf?“
[snip id=’899′]
10. Geschichte von glücklichen Anwendern Ihrer Lösung
Erzählen Sie das Problem aus der Sicht der Betroffenen. Lassen Sie unzufriedene Kunden, Mitarbeiter zu Wort kommen. Erzählen Sie lebendig, indem Sie direkte Rede nutzen. Lassen Sie zufriedene Anwender Ihrer Lösung ebenfalls selbst zu Wort kommen. Spielen Sie mit Ihrer Stimme und sprechen Sie, wenn Ihnen das möglich ist, ein wenig im Tonfall der zitierten Personen. Im Nu wird Ihre Präsentation lebendig und menschlich.
11. Handschmeichler in die Hand drücken
Nehmen Sie haptisch ansprechende Objekte und Muster mit: Schöne Farben, Muster, Handschmeichler gefallen der gefühlsorientierten Menschen. Präsentieren Sie mit dem iPad, so setzen Sie sich seitlich neben Ihren Gesprächspartner und drücken ihm das iPad in die Hand. Lassen Sie ihn selbst den Touchscreen bedienen.
12. Nutzen Sie Metaphern und Analogien
Viele Mensch lieben Bilder. Holen Sie diese deshalb mit sprachlichen Bildern ab. Nutzen Sie folgende Sätze um passende Bilder zu finden: „Das ist das Gleiche wie…“; „Das ist so ähnlich wie …“. Statt nichtsagenden Worte, abgedroschener Phrasen und 0815-Argumenten wählen Sie lieber prägnante Bilder.
13. Visualisierte Metapher (Wort-Bild-Koppelungen)
Welche Metapher drückt Ihre Botschaft am besten aus? Suchen Sie in guten Bildarchiven nach dem metaphorischen Bild und machen Sie die Metapher mit einem Foto sichtbar. Das auditive Evidenzmittel Metapher wiederum wird visuell evident gemacht durch das Foto und so wird die Metapher visuell noch verstärkt.
14. Live visualisieren am Flip, Whiteboard, iPad oder auf einer „Serviette“
Visualisieren Sie Ihre Ideen live während Sie sprechen. Es kommt dabei nicht auf Perfektion an. Es kommt darauf an, den sinnliche Kanal zu aktivieren: das Auge. Bedenken Sie, dass an vielen Menschen Worte einfach vorbeirauschen, während Bilder sofort greifen. Lernen Sie Grundlagen des Visualisierens kennen (Strichmännchen, Struktogramme, Emoticons, Icons…). Es ist viel einfacher, als Sie vielleicht denken – mit ein bisschen Übung können Sie dann ad hoc mit wenigen Strichen beeindrucken!
15. Fantasie anregen
Entführen Sie Ihre Zuhörer in den „Himmel“. Machen Sie dadurch Lust auf die Lösung: „Stellen Sie sich Ihre Zukunft vor, wenn Sie mit diesem Konzept arbeiten…“; „Angenommen, wir machen das. Dann werden Sie erleben wie herrlich …“ „Angenommen, wir befinden uns im Jahr 2030, welche Entwicklungen …“
Anita Hermann-Ruess ist eine gefragte Expertin zum Thema Präsentieren und Rhetorik. Sie verbindet auf einzigartige Weise die klassische Rhetorik mit Erkenntnissen aus der Neurobiologie.