Junktalk

Dass Junkfood als ungesund gilt, muss ich Ihnen nicht sagen – das gehört inzwischen zur Allgemeinbildung. Als Junkfood bezeichnen wir Nahrungsmittel, deren Verhältnis von Nährstoffen, die dem Körper dienen, und solchen, die ungesund sind, ungünstig ist. Es enthält keine oder zu wenige Vitamine und hochwertige Nährstoffe, die den Aufbau und die Erhaltung gesunder Körperfunktionen sichern. Menschen nehmen solche Nahrungsmittel bewusst oder unbewusst zu sich. Viele wollen einfach schnell irgendetwas essen, weil sie hungrig sind. Also nur um der Notwendigkeit Genüge zu tun und sich bloß nicht zu lange mit dieser ›Nebensächlichkeit‹ aufzuhalten.

Warum ich Ihnen das erzähle? Weil wir uns in der Kommunikation oft ähnlich verhalten, solange wir unbewusst kommunizieren. Wenn im Alltag etwas entschieden oder besprochen werden muss, wenden wir oft eine schwächende Strategie an, die uns nicht guttut. Weil es bequem ist. Weil wir uns daran gewöhnt haben. Weil wir es so gelernt haben. Weil alle anderen es auch so machen. Wir praktizieren ›Junktalk‹, weil wir glauben, dass das eine einfache Lösung ist. Oder weil uns gar nicht bewusst ist, dass es auch Bio-Kost in der Kommunikation gibt. Kurzfristig mag ungesunde Kommunikation wohl eine schnelle Lösung möglich machen, doch langfristig macht Junktalk unzufrieden, schlapp, erschöpft, im schlimmsten Fall sogar krank.

Der Unterschied zwischen Ernährung und Kommunikation: Was unsere Ernährung betrifft, haben wir in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Die meisten Menschen wissen inzwischen immerhin, dass ausschließlich Burger und Currywurst ihnen auf Dauer nicht guttun. Sie wissen, dass der Körper nicht einfach nur Essen braucht, sondern bewusst gewähltes, ausgewogenes Essen, das sie nährt und gesund erhält. Sie sind sich des Bedürfnisses bewusst und bemühen sich mehr und mehr darum, es adäquat zu bedienen. Die wachsenden Umsätze mit Bio-Lebensmitteln zeigen das.

Wenn es um die Kommunikation geht, sind wir als Gesellschaft leider noch nicht so weit. Wir denken und reden, ohne zu wissen, welches Bedürfnis wir uns damit erfüllen wollen. Wir sprechen, ohne uns bewusst zu machen, dass das, was wir als nächstes denken und sagen, Bedeutung hat, sogar die Welt ein Stück weit verändert.

Als logische Konsequenz dieses Verhaltens denken und reden wir – selbst in schwierigen Gesprächen, bei denen es auf jedes Wort ankommt – einfach drauflos, ohne uns darüber im Klaren zu sein, was wir uns selbst und andere da konsumieren lassen. Es fällt uns auch bei anderen nicht unbedingt auf, denn wir hören auch oftmals nicht richtig hin, sondern schlucken einfach runter, was uns verabreicht wird.

Doch irgendwann fangen wir an, darunter zu leiden. Irgendwann sind wichtige Bedürfnisse nach Verständnis, Gehör, Zusammenarbeit, Anerkennung, Liebe nicht mehr erfüllt, und plötzlich bemerken wir Probleme in unseren Beziehungen – zum Beispiel zu den Kindern, zum Partner, zu Kollegen, zum Vorgesetzten. Oder wir erleben in uns eine tiefe Unzufriedenheit, die andere von außen betrachtet gar nicht nachvollziehen können.

So geht es auch Alexander. Vielleicht waren Sie selbst schon in einer vergleichbaren Lage wie er in der Szene vom Anfang dieses Kapitels. Dann wissen Sie, wie sich das anfühlt. Falls nicht, habe ich hier ein paar Beispielsätze für Sie, die Sie so oder so ähnlich bei der Arbeit oder im Privatleben bestimmt schon gehört haben – von sich oder anderen:

Junktalk: Junkfood in der Kommunikation

  • »Dafür bin ich nicht zuständig.«
  • »Du musst heute länger bleiben.«
  • »Das geht hier nicht.«
  • »Frag doch nicht so viel, das ist doch völlig unwichtig!«
  • »Das hat dich doch gar nicht zu interessieren.«
  • »Das kannst du doch schnell noch mit erledigen.«
  • »Ich müsste auch längst mal wieder …«
  • »Was kann ich denn dafür?«
  • »Was geht mich dein Problem an?«
  • »Mir hat wieder keiner was gesagt.«
  • »Das interessiert ja hier sowieso keinen.«
  • »Das kannst du nicht verstehen.«
  • »Ich will, dass du mir jetzt endlich einmal zuhörst.«
  • »Der Job wäre schön, wenn nur die Kunden nicht wären.«
  • »Ich bin zu blöd für diese Aufgabe.«
  • »Die Lehrer sind alle unfähig.«
  • »Die Schüler sind heutzutage dümmer und fauler.«
  • »Das geschieht ihm recht.«
  • »Das hat er nun davon.«
  • »Wenn Sie nicht bis morgen …, dann …!«
  • »Entweder … oder …!«
  • »Sie wird es verdient haben, was ihr da passiert ist.«

All diese Junktalk-Äußerungen folgen den Mustern schwächender Kommunikation. Verantwortung wird geleugnet, Vergleiche werden gezogen. Drohende Äußerungen in Konditionalsätzen weisen auf ein Denken im Muster Belohnung/Strafe und einen potenziellen Machtmissbrauch mit den Mitteln der Kommunikation hin. Urteile machen nieder oder verunsichern.

Äußerungen, die Druck und Zwang suggerieren, gehören zur schwächenden Kommunikation; sie resultieren aus Not. Da benötigt jemand Unterstützung und vertraut nicht darauf, dass er sie ohne den Einsatz von Druck erhält. Mancher meint auch, er erntet Respekt mit solch einem Verhalten, doch diese Saat bringt eher Angst als Respekt zur Blüte.

Alle Formen der schwächenden Kommunikation haben nicht die Bedürfnisse der Menschen im Fokus, und somit auch nicht die Lebendigkeit, die von Natur aus in uns wohnt. Wir verschwenden damit wertvolle Lebenskraft auf das Gegeneinander anstatt für die Verständigung.

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