Die Kreativitätsemotion könnte man auch Zitroneneis-Emotion nennen. Stell dir ein Kind vor einer Eistheke vor, das Eis haben will. Am besten zehn Kugeln. Es geht ums Bekommen, darum, zu bekommen, worauf du wirklich Lust hast. Diese Energie brauchen wir, wenn wir kreativ sein wollen, neue Wege beschreiten, Spaß haben. Diese Emotion ist am Start, wenn uns jemand mitreißt oder motiviert. Doch diese Emotion ist auch die erste, auf die wir verzichten, wenn es stressig wird: „Überleben first, Spass secod!!“
Diese Energie brauchen wir, wenn wir kreativ sein wollen, neue Wege beschreiten, Spaß haben. Diese Emotion ist am Start, wenn uns jemand mitreißt oder motiviert. Wenn Menschen mit leuchtenden Augen von ihrem Hobby erzählen oder von etwas, was richtig gut gelungen ist, dann tun sie es in dieser Energie. Die Kreativitätsemotion steckt an, wie alle Emotionen. In diesem Fall bekommt man Lust, mitzumachen. Auch Neugier fällt in die Kategorie dieser Emotion. In dem Wort »Neugier« steckt das Wort »Gier« – das wäre die extrem gesteigerte Form dieser Emotion, wenn man seine Lieblingsspeise gierig verschlingt oder das Objekt der Begierde mit Zärtlichkeit überhäuft.
Du kennst vielleicht einen Menschen in deinem Umfeld, hinter dem man alles herräumen muss? Oder bist du selbst so gestrickt? Ein Bekannter erzählt mir manchmal von seiner Frau. Die beiden sind seit fünfundzwanzig Jahren glücklich zusammen, aber eins macht ihm doch immer wieder zu schaffen: Seine Frau beginnt Dinge und schließt sie nicht ab. Am Ende steht das Bügelbrett im Wohnzimmer, ein Drittel der Wäsche ist gebügelt, weil sie dann mit der lange fälligen Steuererklärung anfängt, die Dokumente liegen verstreut auf dem ganzen Esstisch. Dann werden sie eilig zusammengeschoben, weil das Abendessen mit den Kindern ansteht. Eine Absprache über die Wochenend-Planung ist mit ihr nie zu Ende, weil ihr immer noch ein Wir-könnten-aber-auch-… einfällt. Der Impuls, die Idee – darum geht es bei der Kreativitätsemotion. Um etwas zu Ende zu bringen, hilft dann die Durchsetzungsemotion dabei, den Fokus zu halten.
Diese Kreativitätsemotion ist leider die erste, an der gespart wird, wenn das Leben einem viel abverlangt. »Überleben first, Spaß second« sozusagen. Braucht man diese Emotion? Aber sicher doch! Was wäre das Leben ohne Entdeckerdrang, ohne Spiel, ohne Kunst, ohne Lust auf Neues? Lust auf Neues ist das entscheidende Stichwort aus Sicht von Mutter Natur: Es braucht die Pioniere, die einfach mal machen. Könnte ja klappen. Wie das Spielen als biologischer Mechanismus: Es dient dazu, neue Verhaltensweisen auszutesten. Denke an Design Thinking: Wir schaffen eine Umgebung, in der ein spielerischer Umgang mit der Fragestellung nicht nur erlaubt, sondern erwünscht ist. Und so entstehen neue, kreative Ideen. Wobei das Entscheidende im klassischen Design Thinking ja ist: Ich kreiere eine Kunden-Persona, für die ich die Innovation entwickele – die Kreativität wird also aus Empathie gespeist!
Unterschiedliche Intensitäten der Kreativitätsemotion
Hier die Ausprägungsformen der Kreativitätsemotion in von leise zu laut. Es beginnt mit Neugier – wie immer ist dies ein von der Wahrnehmungsintensität eher unspektakulär. »Deine Nase in eine Angelegenheit stecken!« – Diese Art von forschender Energie ist gemeint. Die Energie steigert sich zu einer Motivation, etwas zu beginnen, mit etwas (endlich) anzufangen, es drängt dich, etwas zu tun. Die Emotionsenergie verstärkt sich zu einem deutlichen Lust-haben-auf-… Es hält mich nicht auf meinem Platz, es kann nicht mehr warten. Mein liebstes Hobby bereitet mir hoffentlich so viel Lust, dass ich es mit großer Begeisterung ausübe – einer Begeisterung, die andere ansteckt. Meine Augen leuchten, wenn ich davon erzähle! Einen Gang höher geschaltet, steigert sich die Kreativitätsemotion in eine Gier – aus Neu-Gier ist eine fast unbezähmbare Energie geworden, etwas zu essen oder zu berühren, bis im Maximum dieser Emotion der biologische Fortpflanzungstrieb zu seinem Recht kommt.
Gebrauchsanweisung für die Kreativitätsemotion
Diese Kreativitätsemotion und Risikoemotion sind körperlich verwandt, sie entstehen am gleichen Ort im Körper. Die Kreativitätsemotion wird also ebenfalls aus dem inneren Geschlecht getriggert, das heißt aus der Prostata bei Männern und dem Eingang der Gebärmutter bei Frauen. Also hinter der Oberkante vom Schambein. Nur wirkt die Energie diesmal in die andere Richtung: vorwärts!
Wie die Katze auf dem heißen Blechdach: Neugierig anschleichen, wach in allen Zellen. Alle Aufmerksamkeit auf das Objekt der Neugier (und bei dem kleinsten Windhauch: ein Satz rückwärts aus der Risikoemotion!) Wenn sich die Energie intensiviert, dann ist es kein langsames Drauf-zu mehr. Dann ist es ein Auf-das-Objekt-der-Begierde-zu-Laufen, die wache Energie bis in die Fingerspitzen, Hände und Arme streben vorwärts, weil du das Objekt berühren willst. Bei Vierbeinern ist es ein Beschnuppern.
In dem Moment, in dem du das Objekt deiner Begierde berührst, ist die Energie auch schon fast verflogen. Die Emotion hat ihren Job gemacht. Auf zum nächsten Objekt. Was erspähen deine wachen Augen, worauf hast du als nächstes Lust?
Die Mimik in dieser Emotion ist ein hoch aufmerksamer Ausdruck, mit weit geöffneten nach vorn strahlenden Augen. Ein begeisterter Gesichtsausdruck, ein Gesichtsausdruck, der begeistert. Die Augenbrauen ziehen nach oben, der Mund ist geöffnet – die Zunge möchte am liebsten probieren, die Nase möchte gerne riechen, daher sind die Nasenflügel weit. Die Wangen sind entspannt.
Die Kreativitätsemotion hat einige somatische Marker die du leicht feststellen kannst: Wird deine Atmung tiefer? Was machen die Arme, Hände, Fingerspitzen? Wollen sie etwas ergreifen, etwas berühren?Was macht dein Gesichtsfeld? Nimmst du mehr von deiner Umwelt wahr als sonst? Hat sich dein Gewicht nach vorn verlagert? Bist du bereit, auf das Objekt deines Interesses zuzustreben?
Gefühl zur Kreativitätsemotion
Wenn ich in meinem Leben in meiner Lebendigkeit, meiner Lust an Dingen, meiner Kreativität oft ausgebremst worden bin, dann kann es passieren, dass aus Lust-auf-etwas die Sehnsucht-nach-etwas wird. Da ist dann eine Handbremse drauf, ein Gefühl (!) von Vergeblichkeit. Oder die Gewohnheit, die Pflicht vor die Kür zu stellen, weil es uns so anerzogen wurde. Ich nehme mir erst dann frei (oder erlaube mir etwas Schönes), wenn ich das Projekt fertig habe. Die Erst-wenn-Falle ist vor allem in Gesellschaften verbreitet, in denen Pflichterfüllung einen hohen Stellenwert hat. Falls du dich wiedererkennst: Wie fühlt sich das an? Erkennst du diese Sehnsucht wieder, die Handbremse, in die sich vielleicht sogar ein wenig Trauer mischt?
Mit der Kreativitätsemotion können wir motivieren (sich und andere)/mitreißen, neue Ideen entwickeln (kreativ sein), etwas beginnen/aktiv werden (Startenergie), jemanden überzeugen/etwas verkaufen.
Beispielfall: das Publikum motivieren
Du stehst auf einer Bühne oder sitzt vor einer Kamera beziehungsweise einem Mikrofon und willst das Publikum zum Mitmachen bewegen. Dann lohnt es sich, diese Emotion anzuzapfen. Die Menschen sollen von ihren Stühlen aufstehen? Du schickst die Motivationsimpulse dazu in den Raum wie einen Stupser, indem du deinen Körper mit der Vorwärtsenergie aus der Emotion auflädst. Vielleicht hat dein Körper das ohnehin schon begonnen, die Augenbrauen sind etwas angehoben, deine Augen leuchten? Dann atme noch einmal gezielt in das Organ ein und lasse die Emotion in deiner Stimme hören – also bei den Worten, die du bis zur nächsten Einatmung sprichst (das funktioniert fast automatisch, wenn du gezielt in das Organ einatmest). Besonders an Tagen, an denen du nicht in deiner vollen Kraft bist, ist es Gold wert, dich in diese mitreißende Energie zu bringen.
Dr. Kristina Böhlke ist promovierte Biologin, Emotionstrainerin und Organisationsberaterin. Ihre Mission ist es, Menschen wieder in Kontakt mit ihren “natürlichen Ressourcen“ zu bringen, zum Vertrauen in die eigenen Emotionen und zur Sicherheit, diese wirksam zu führen. Kristina Böhlke blickt zurück auf 10 Jahren Praxis mit dem Körper-Biologik-Ansatz. Sie schöpft außerdem aus 10 Jahren als Führungskraft in Forschungsministerien, u.a. als Staatsrätin, sowie aus ihrem lebenslangen Interesse für evolutionsbiologische Zusammenhänge.