Die Haltung bestimmt die Haltung

Gefühlt jede Woche wird ein neuer Führungsstil, oder ein neues »Mindset« durchs Dorf getrieben. »Doch hilft mir das weiter? Muss ich das machen?« fragen sich viele Führungskräfte. Diese Fragen sind mehr als berechtigt. Denn nicht jedes Konzept passst zwingend zur Führungskraft oder zum Unternehmen. Letztlich können Führungskräfte nur aus sich selbst heraus ein vertrauensvolles Umfeld schaffen und Sicherheit vermitteln. Wie das gelingt, illustriert Dr. Kristina Böhlke.

Ganz gleich wie man es nennt, es geht darum, eine vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre zu schaffen. Es geht darum, Sicherheit auszustrahlen, selbst dann, wenn man vielleicht selbst in einigen Punkten unsicher ist. Woher nehme ich diese Sicherheit, dieses Vertrauen? Meine Antwort: aus dem eigenen Körper! 

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Vom Mindset zum Bodyset
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Die Sofort-Lösung: nutzen Sie ihr Bodyset, ihren Körper

Wenn ich Vertrauen und Sicherheit vermitteln will, brauche ich diese Qualitäten zunächst einmal im eigenen Körper. Menschen sind sehr stark darin, zu spüren, ob jemand authentisch ist, ob jemand ver-körpert, was er oder sie sagt. Wem dies gelingt, hat in der Regel bereits eine gute Arbeitsatmosphäre geschaffen.

Deshalb ermutige ich dazu, das mit dem ver-körpern wörtlich zu nehmen. Das bedeutet, im ersten Schritt die Wahrnehmung in den eigenen Körper zu lenken. Und dann im zweiten Schritt über die Ausstrahlung nachzudenken, die das Mindset im Körper abbildet. Das „verkörperte Mindset“ nenne ich Bodyset.

Authentisch ist mein Auftreten dann, wenn Worte, Körpersprache, Mimik und vor allem auch die Ausstrahlung das Gleiche aussagen, wenn alle Kommunikationsebenen die gleiche Botschaft senden. Achten Sie einmal auf folgenden Satz: „Die hat eine gute Ausstrahlung.“ In Ausstrahlung ist Strahlung enthalten und damit das Wissen, dass es um Energie geht. Also um die Physik zwischen zwei Personen, nicht nur um die vielbeschworene Chemie zwischen zwei Menschen.

Und nun kommt das Entscheidende: Authentizität steuere ich von der Ausstrahlung aus, von meinem „fleischgewordenen“ Mindset, meinem Bodyset. Klingt ungewohnt, funktioniert aber zuverlässig! Und das Beste: Wie Dominosteine folgen Körper, Mimik, Stimme und Wort automatisch, ich muss nicht mehr über Körpersprache, Gesichtsausdruck, Tonfall oder kluge Sätze nachdenken, denn sie richten sich nach dem Bodyset. So sind wir von der Natur konstruiert. Worte sind als Kommunikationsmittel langsamer als Körper und Ausstrahlung. Das liegt daran, dass sie in der Evolution erst spät dazu gekommen sind. Auch vorher mussten sich Menschen schon auf einander verlassen können, seinerzeit hing oft sprichwörtlich das eigene Leben davon ab, wem ich vertraut habe.

Selbst-Vertrauen in die eigene Wahrnehmung

Man kann das Übersetzen von Mindset in Bodyset körperlich trainieren wie einen Muskel, das geht wunderbarerweise auch nebenbei an der Bushaltestelle oder in langatmigen Zoom-Meetings. Der erste Schritt ist eine bewusste Selbstwahrnehmung. Und zwar auf körperlicher Ebene. Ich brauche einen Zugang zu meinem sprichwörtlichen Bauchgefühl. Viele Menschen haben diesen intuitiv. Alle Übrigen können es leicht wieder lernen, können lernen, ihrer Selbstwahrnehmung wieder mehr zu vertrauen. Es ist, also ob sie den richtigen Radiosender finden müssen: „Radio Selbst“ – einmal gefunden, ist da ein Wiedererkennen. Und vor allem erkennen sie sofort Störsender. Ich nenne es den Körper eichen. Es reicht ein kurzes Feedback von außen, dass ich die richtige Wahrnehmungsebene gefunden habe. Stichwort Erwartungsmanagement: Die Wahrnehmung ist in der Regel subtiler, als Sie erwarten. Also Radio lauter stellen.

Aufrichtigkeit kann man spüren und sehen – das schafft Vertrauen

Wenn in meiner Selbstwahrnehmung angekommen bin, kann ich auch authentisch auftreten. Wobei ich das abgenutzte Wort „authentisch“ mit „aufrichtig“ ersetzen möchte, denn es hilft das Gesagte umzusetzen. Aufrichtig ist deswegen so ein spannendes Wort, weil es auf die körperliche Wurzel von Aufrichtigkeit hinweist:

Das ist ein aufrichtiger Mensch“, gerne auch „ein aufrechter Mensch“. Dahinter steckt die Erfahrung, dass „Aufrichtigkeit“ bei Menschen zu einer aufrechten Körperhaltung führt: Ich kann mich in meiner vollen „Schönheit“ zeigen, denn ich habe ja nichts zu verbergen. Unaufrichtigkeit wiederum führt mindestens energetisch zu einer weniger „aufrechten“ Körperhaltung, zu einer Tendenz ist sich klein zu machen, weil es ja etwas zu verbergen gibt. Und wenn ich trotzdem die Brust rausstrecke, bemerkt meine Umwelt, dass da irgendwas nicht zusammenpasst – hier Ausstrahlung und Körperhaltung.

Es darf leichter werden: In sieben Schritten zur vertrauensschaffenden Haltung

Wenn Sie also eine vertrauensschaffende, eine „aufrichtige“ Haltung einnehmen wollen, suchen Sie die von der Statik her für den Körper einfachste Variante. Das ist diejenige Haltung, in der ihr Körper am wenigsten Kraft aufwenden muss, um zu stehen. Und das geht so:

#1 Schultern und Hüfte
Die Schultern, Hüfte, Fußgelenke werden lotrecht übereinandergestapelt. Ein Trick für den Anfang: einen Faden am Schultergelenk anbringen und im Spiegel seitlich schauen, ob er am Hüftgelenk und am Fußgelenk vorbeikommt. In den meisten Fällen darf die Hüfte im Verhältnis zur Schulter etwas weiter nach hinten genommen werden.

#2 Das Gewicht verlagern
Das eigene Körpergewicht in den Fußsohlen wahrnehmen und ein wenig nach vorne und hinten pendeln, die Gewichtsverlagerung in den Fußsohlen verfolgen. Atmen nicht vergessen. Schließlich mit dem Gewicht in der Mitte der Fußsohlen einpendeln. Noch einmal checken: ist der Hüftknochen noch „auf Linie“ mit Schulter und Fußgelenk?

#3 Das Kinn
Das Kinn mit der Schwerkraft sinken lassen. Ein Trick: als ob jemand an den Ohren nach oben zieht.,

#4 Das Brustbein
Das Brustbein energetisch 45° nach vorne oben zeigen lassen, also ungefähr dorthin, wo Wand und Decke sich treffen. Der Versuchung widerstehen, in eine „Hab acht Haltung“ mithilfe der Rückenmuskeln zu fallen. Sondern subtiler arbeiten: eher als ob jemand das Brustbein an einem unsichtbaren Faden nach vorne oben zieht.

#5 Das Steißbein
Das Steißbein nach hinten unten sinken lassen Mein inneres Bild zur Unterstützung: ich lasse mir einen Känguruschwanz wachsen, wie ein drittes Standbein.

#5 Die Muskeln
Die Muskeln zu Wachs werden lassen, das Wachs mit der Schwerkraft Richtung Boden fließen lassen.

#6 Die Atmung
Das Atmen nicht vergessen und ohne Stress immer wieder die einzelnen Punkte nachjustieren. Fertig ist die aufrecht entspannte Haltung! 

Mit dieser Haltung erstrahlen Sie einer authentischen Präsenz. Als ob sie plötzlich ganz anders „Da“ sind, viel präsenter. Das weckt Vertrauen. Es gibt ihnen auf persönlich Sicherheit durch den sicheren Stand. Falls Ihnen das zu trivial vorkommt – vielleicht probieren Sie es einfach aus, es kann ja nichts passieren, außer dass es gelingt.

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