Klarheit über die Spielregeln und die Konsistenz aller internen Faktoren ermöglichen ein „schönes Spiel“ und den gewünschten Erfolg. Doch was ist ein „schönes Spiel“ eigentlich? Allzu oft sind gelebte Kultur, kommunizierte Strategie, Prozesse, Führungs- und Mitarbeiterverhalten und so weiter nicht stimmig. Es fühlt sich an, als würde ein Rugbyspiel nach Fußballregeln gepfiffen, während Hockeyspieler und Leichtathleten auf dem Platz stehen. Das kann Spaß machen, ist aber nicht effektiv und endet zu oft im Frust.
Wer kennt sie nicht diese Formulierung: »Für ein schönes Spiel« sorgen zu wollen. Ich mag dieses Bild, denn wir Führungskräfte haben genau die gleiche Rolle. Unser Primärinteresse ist es, ein wirksames Zusammenspiel aller Beteiligten und der Organisation herzustellen. Wir spielen für das große Ganze!
Zu den Überlegungen als Führungskraft, was in unserem jeweiligen wirtschaftlichen Kontext ein »schönes Spiel« ist, gehört auch die Klarheit darüber, welches Spiel wir denn spielen. In meiner Praxis als Interimsmanager bin ich allzu oft in Unternehmen tätig gewesen, wo gelebte Kultur, kommunizierte Strategie, Prozesse, Führungs- und Mitarbeiterverhalten und so weiter nicht stimmig waren. Das fühlte sich an, als würde ein Rugbyspiel nach Fußballregeln gepfiffen, während Hockeyspieler und Leichtathleten auf dem Platz standen. Kann Spaß machen, ist aber nicht effektiv und endet zu oft im Frust.
Ganz im Ernst: Wann hat sich euer Managementteam das letzte Mal hingesetzt und ernsthaft (!) geklärt, wie stimmig die Organisation ist? Wie oft wurde nach einem Strategiewechsel die Organisation durchgängig (!) auf Passung geprüft und neu justiert? Wie oft wurden Beraterempfehlungen kritiklos und, wenn wir ehrlich mit uns selbst sind, auch unambitioniert umgesetzt? Jede Führungskraft ist in meinen Augen dafür verantwortlich, dass die Organisation möglichst gut ausbalanciert ist und sich entsprechend den inneren und äußeren Veränderungseinflüssen stetig weiterentwickelt. Aber beginnen wir mit der Verantwortung, die nur von den Führungskräften übernommen werden kann und nie an Berater oder Mitarbeitende delegiert werden darf. Die Frage:
Welches Spiel spielen wir?
Simon Sinek hat das Konzept des »Infinite Game« (2019) auf die Wirtschaft übertragen. Er beschreibt eine fundamentale Perspektive auf Führung, Strategie und Organisation, die sich grundlegend von herkömmlichen Ansätzen unterscheidet. Im Gegensatz zu einem »Finite Game«, das klare Regeln, feste Ziele und eindeutige Gewinner und Verlierer kennt – wie etwa ein Rugbyspiel oder ein Projekt mit einem definierten Abschluss – zeichnet sich ein »Infinite Game« dadurch aus, dass es weder ein festgelegtes Ende noch eine abschließende Gewinner- oder Verliererklärung gibt. Vielmehr geht es darum, langfristig im Spiel zu bleiben und kontinuierlich zu wachsen.
Im Rugby bewegen wir uns in einem finiten Spiel. Das einzelne Spiel mag Bestandteil einer vierjährigen Vorbereitung auf die nächste Weltmeisterschaft sein, aber eine längere Perspektive ergibt selten Sinn. Meist wird im Sport viel kurzfristiger gedacht und außerdem sind die einzelnen Elemente Spiel, Training und so weiter in kurzen, klar abgegrenzten Zeiteinheiten innerhalb eines festen Regelwerkes und einer beständigen Organisation verankert: ein finites Spiel.
Zurück zum Infinite Game und den Kernprinzipien. Diese sind:
Just Cause: Ein »gerechtes Ziel«, das als übergeordneter Leitstern dient. Es geht darum, eine Vision zu schaffen, die so inspirierend ist, dass Menschen bereit sind, sich für sie einzusetzen, sogar Opfer zu bringen, weil sie einen größeren Sinn in ihrer Arbeit sehen.
Worthy Rival: Ein »würdiger Gegner«, der hilft, eigene Schwächen zu erkennen und sich zu verbessern. Der Fokus liegt nicht auf destruktivem Wettbewerb, sondern auf der Erkenntnis, dass Konkurrenten uns anspornen, besser zu werden und kontinuierlich zu lernen.
Trusting Teams: »Vertrauensvolle Teams«, die es ermöglichen, in unsicheren und dynamischen Umfeldern zu bestehen. Es geht darum, ein Umfeld zu schaffen, in dem Menschen sich sicher genug fühlen, um ehrlich zu sein, Fehler zuzugeben und Unterstützung zu suchen, ohne Angst vor negativen Konsequenzen.
Existential Flexibility: »Existenzielle Flexibilität«, also die Fähigkeit, radikale Veränderungen vorzunehmen, wenn es die Umstände erfordern. Dies verlangt von Führungskräften den Mut und die Bereitschaft, eingefahrene Wege zu verlassen und selbst erfolgreiche Strategien zu hinterfragen, wenn sie nicht mehr zum gerechten Ziel beitragen.
Courage to Lead: »Mutige Führung«, die langfristige Perspektiven über kurzfristige Gewinne stellt. Es bedeutet, schwierige Entscheidungen zu treffen, Verantwortung zu übernehmen und auch gegen Widerstände für das einzutreten, was richtig ist, im Sinne des übergeordneten Ziels.
Den letzten Punkt haben wir bereits im Kapitel »Integrität« diskutiert, Punkt 4
dagegen ist so relevant, dass wir ihm ein ganzes Kapitel widmen werden. Da geht es dann um Change und Flexibilität. Auf die drei anderen Prinzipien lass uns noch einen kurzen Blick werfen.

Dr. Frank Edelkraut ist ein Wanderer zwischen den Welten. Als Interimsmanager begleitet er seit über zwei Jahrzehnten Transformationsprojekte in operativer Führungsfunktion. So kennt der Technische Chemiker die Welt des Projektmanagements, agile und klassische Arbeits- und Organisationsformen mit allen Aufs und Abs aus diversen Unternehmen und Branchen. Als Führungskräfte- und Personalentwickler unterstützt er in der persönlichen Weiterentwicklung auf allen Ebenen. Seine Erfahrung vermittelt er als Autor, Speaker und Mentor.

