Täglich steht der Mensch vor zahlreichen Herausforderungen – in der Familie, im Job, im Alltag. Wie er darauf reagiert, ist individuell sehr verschieden. Manche verstehen Konflikte und Krisen als Chance zur Veränderung, andere zerbrechen an ihnen. Wo liegt der Schlüssel zur persönlichen Widerstandskraft? Und lässt sie sich entwickeln? Diesen Fragen geht der Beitrag nach, beleuchtet das Konzept der Resilienz und gibt praktische Hinweise, wie man die eigene Widerstandsfähigkeit testen und ausbauen kann.
Es wird viel darüber diskutiert, was Resilienz denn nun eigentlich ist. In den sozialen Medien, wo auch sonst, häufig in einer sehr kontroversen, teils aggressiven Art und Weise. Ist es Stressresistenz, Ambiguitäts- und Frustrationstoleranz oder Widerstandsfähigkeit? Bedeutet resilient zu sein, sich wie der Bambus im Sturm zu verbiegen, um nicht zu zerbrechen? Oder sind resiliente Menschen wie Felsen in der Brandung, so stark, dass auch der schwerste Sturm ihnen nichts anhaben kann?
Begriffsklärung
Die aus meiner Sicht beste und hilfreichste Definition des Begriffs stammt nicht von facebook, LinkedIn, Instagram und Co., sondern von einer der weltweit renommiertesten Resilienzforscherinnen, der US-Amerikanerin Prof. Dr. Ann Masten von der University of Minnesota. Sie sagt, dass Resilienz „das Vermögen eines dynamischen Systems ist, sich erfolgreich an Störungen anzupassen, die seine Funktion, Lebensfähigkeit oder Entwicklung bedrohen.“ (Masten 2014: 27) Der Hauptgrund, warum diese Definition so hilfreich ist, liegt darin, dass sie es uns ermöglicht, den Begriff Resilienz auf ein
jegliches System zu übertragen. Denn während dieser Begriff in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland vor allem in Bezug auf den Menschen enorm an Bekanntheit gewonnen hat, kann er so auch in anderen Bereichen verwendet werden. Und schon verlangt der IT-Leiter eines großen Konzerns, die IT-Systeme des Unternehmens resilienter zu machen, ohne dass seine Mitarbeiter überhaupt wissen, was er damit meint. Er selbst weiß es vielleicht auch nicht.
Ein einzelnes Individuum kann als System betrachtet werden. Ebenso eine Familie, ein Dorf, eine Großstadt, die Bundesrepublik Deutschland, ein Wald, ein Stromnetz und vieles mehr. All dies sind Systeme, die im Laufe ihrer Existenz mit dem, was Ann Masten als „Störung“ definiert, konfrontiert werden. Ist das System in der Lage, erfolgreich mit diesen Störungen umzugehen, kann es als resilient bezeichnet werden. Mal ist es erforderlich, sich wie der Bambus anzupassen, so wie es die gesamte Menschheit gerade in der Corona-Pandemie macht …
Der Diplom- und Wirtschaftspsychologe Dr. Denis Mourlane beschäftigt sich seit dem Jahr 2009 intensiv mit dem Thema Resilienz und gilt entsprechend als deutscher Pionier und Vordenker in diesem Bereich. Sein zu unserer großen Freude bei uns erschienenes erstes Buch „Resilienz – Die unentedeckte Fähigkeit der wirklich Erfolgreichen“ hat sich über die Jahre zu einem Standardwerk der Resilienzliteratur entwickelt.