Zoom-Meeting oder Halloweenparty?

Vor wenigen Jahren bezeichnete Angela Merkel „dieses Internet“ als Neuland. Im Frühjahr 2020 wurde dieses Neuland pandemiebedingt plötzlich unsere berufliche und private Heimat. Noch immer sind viele Menschen damit unzufrieden. Denn so richtig viel Gefühl für sozialen Kontakt will im Zoom-Meeting nicht aufkommen, wenn plärrender Ton schwer verständlich, die Übertragung aufgrund der Leitung abgehackt und die Folienpräsentation langweilig rüberkommt.

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Halloween steht vor der Tür und damit spontan drängt sich ein charmanter Vergleich auf: Stellen sie sich vor, sie möchten am 31.10. einige Gäste zu einer Halloween-Party in Ihr Haus einladen. Sie kennen einige besser, andere gar nicht – doch sie kommen nicht umhin, diese Menschen einmal einzuladen. Und ein Buffett zu zaubern.

Ehrlich? Zu viele Online-Meetings verlaufen so ziellos, als würde der Gastgebende den fürs Buffett vorgesehenen Kürbis für die Party als Ganzes in einen kalten Ofen schieben. In dem nur Licht brennt. Der Videobildschirm wirkt, als hätten sie das weiße Bettlaken lieblos vor die Türe gehängt, statt es als Geist zu drapieren. Ach – und sie bieten online weder Musik, noch Buffett, noch Sitzgelegenheiten. Kurzum: Jeder muss sich um sein körperliches Wohlbefinden selbst kümmern.

Manche Gastgeber lesen auf ihrer Online-Party mit monotoner Stimme ein Grusel-Gedicht (= Präsentation) vor. Danach sitzen sie alle in großer Runde zusammen. Einzelne Partygäste halten längere Monologe. Andere sagen … nichts. Nach 90 Minuten setzen sie Ihre Gäste mit einem ermatteten „Tschüss“ vor die Tür.

Kein Wunder, dass kaum jemand Lust hat, zu einer solchen Online-Party zu gehen. Diese Art Online-Event macht weder Freude, noch dient sie einem Ziel. Die Gäste verlassen die Party garantiert frustriert und … ziemlich ermüdet. Exakt so verlaufen zu viele Online-Meetings.

Sind sie ein gruseliger Gastgeber?

Welche Erwartungen hatten ihre Gäste, als sie die Einladung zum Online-Event erhielten? Sie freuten sich auf eine unterhaltsame und schaurig-schöne Party, auf der es Nahrung für Körper und Geist gibt. Auf gruselfördernde Kreativität. Auf lebendigen sozialen Austausch, der erfrischend aufs Wohlbefinden wirkt. Auf neue Kontakte, interessante Gespräche und frische Sichtweisen. Auf eine Party, die so toll ist, dass ihre Besucher noch lange davon zehren. Weil sie ja – eigentlich – ein netter Gastgeber sind!

Warum also servieren sie keine Fledermäuse, Spinnen und Kürbissuppe?

Gerade in Online-Meetings sind wir noch zu oft mit rein technischen Anforderungen – von Webcam über Ton und Licht, Plattform, Tools und Internet-Rate – beschäftigt. Wir planen, wie wir unsere Inhalte bestmöglich „durch die Leitung“ zu den Teilnehmerinnen bringen. Und zwar so, dass wir keine Verluste in Bezug auf unser Ansehen und unsere Kompetenz riskieren. Was wir dabei vergessen ist die Erwartungshaltung der Teilnehmenden.

Wer auf eine Halloween-Party geht, der bereitet sich in der Regel darauf vor. Mit schaurigem Kostüm, Geschenk und guter Laune. Doch gerade das … fehlt in den meisten Online-Meetings. Die „Gäste“ kommen abgehetzt und ohne jedes Vorwissen in letzter Sekunde vor Beginn in den Raum. Keine Vorbereitung aufs Thema. Es war ja keine Zeit dafür.

Doch HALT! Nehmen sie Ihre Rolle als gute Gastgeberin ernst und sorgen Sie dafür, dass der Gast am Eingang angemessen vorbereitet wird. Vor der Tür (= Einladung) zeigen Sie mit kreativem Charme, wie ihre Gäste gut ankommen. Künstliche Spinnweben (= erkennbare Agenda), flatternde Fledermaus-Konturen (= Bildausschnitte im Video) und der Duft frischer Kürbissuppe (= Einladung zum individuellen Getränk) sorgen für ein klares Bild vom Abend. Sie sind der Gastgeber im Raum und sorgen für ihre Gäste.

Doch sie sind auch Hausherr/in (= Moderator/in) und geben klare Regeln für gedeihliches Miteinander vor. Sie haben Hausrecht und können, wenn sich Gäste danebenbenehmen, davon Gebrauch machen. Damit die feierwilligen Gäste unbehelligt von Partycrashern bleiben.

An der Garderobe

Wie wäre es, wenn Sie – so, wie sie es auch auf ihrer Party tun – ihre Gäste im Eingangsbereich begrüßen, den nassen Regenschirm (= schlechte Laune) mit einem Lächeln in den Schirmständer stellen, derweil schonmal etwas über die anderen Gäste erzählen und dann die Jacke – und damit den bisherigen Alltag – an den Garderobenhaken hängen? So dass ihre Besucherinnen sich willkommen fühlen, die Frisur (= Headset) richten, ihre Schultern straffen (= positive innere Haltung) und ganz bewusst den (Party-)Onlineraum mit einem Lächeln beträten?

Ihre Gäste (= Teilnehmende)

Wenn Sie zu einer Party einladen, kennen sich alle Ihre Gäste? Fast immer sind – gerade online – neue Gesichter dabei. Gönnen sie den Menschen Zeit, sich kennenzulernen. Bringen sie als Moderator Menschen zusammen, von denen sie wissen, dass sie etwas verbindet. Stellen sie neue Kontakte vor – das zeugt von Wertschätzung für alle Beteiligten. Je nach Charakter des Events ist auch ein Kennlernspiel clever.

Die Partyplanung (= Struktur)

Wer schon mal ein genussvolles Buffett aufgebaut hat weiß, dass sinnvollerweise Vorspeisen, Salate, Hauptgerichte und Desserts in typischer Ess-Reihenfolge angerichtet werden. Klar ist auch: Nach dem Essen brauchen die Leute Bewegung (= Teilnehmer-Aktivierungen) und genügend Getränke-Input (= fachliche Inhalte).

Das bedeutet, dass der Gastgeber sich im Vorfeld Gedanken macht, was, wann, wie, von wem und wo „serviert“ werden soll. Der Zeitplan spielt bei alledem eine wichtige Rolle.

Genauso ist es bei Online-Meetings. Auch hier ist eine Ablaufplanung sinnvoll, die die Moderatorin schon im Vorfeld mit mehreren Optionen durchdacht und vorbereitet hat. Das gilt übrigens gerade auch für schlechte Nachrichten, unerwünschte Änderungen oder trockene Zahlenwerke: Eine durchdachte Art der Präsentation macht unangenehme Inhalte verträglicher. Profis nennen es das „Design“ der Veranstaltung.

Holen sie sich Unterstützung

Sobald das Event begonnen hat, ist die Moderatorin als Gastgebende in mehreren Rollen aktiv. Das ist unfassbar anstrengend und führt gerne zum Verlust der Übersicht. Idealerweise holt sie sich daher Unterstützung.

Sie bittet einen Gast, sich um die Getränke zu kümmern (= Chatbeobachter), die Musik aufzulegen (= Stimmungs-Beauftragter), wieder eine andere, einen Blick auf den Zeitplan zu haben (= Timekeeper) und einen Gast, rechtzeitig in der Küche den Ofen anzustellen (= Technik-Unterstützerin). So werden die Rollen verteilt, damit der Moderierende sich auf seine Kernrolle als Gastgebender konzentrieren kann. Viele Teilnehmende freuen sich, wenn sie eine aktive Aufgabe haben, die zum Erfolg des Meetings beiträgt. Und wer eine Aufgabe hat, der bleibt aktiver dabei … bis zum Schluss.

Haben sie Spaß auf Ihrer Online-Party! Sobald sie Verantwortlichkeiten abgeben, passiert etwas Tolles: Sie werden entspannter, lächeln mehr und fangen an, ihre eigene Online-Party zu genießen. Sie werden mutiger, auch mal was Verrücktes zu tun. Beispielsweise – im übertragenen oder auch echten Sinne – Konfetti aus der Tasche zu ziehen und eine Teilnehmer-Aktivierung zu starten. Wo viele erstmal sehr sparsam gucken – und dann oft doch mit Begeisterung dabei sind. Denn mal ehrlich: Konfetti, Feuerwerk und wildes Tanzen erleben wir doch auf Online-Events bisher viel zu selten. Dabei werden gerade trockene Inhalte durch eine lebendige Präsentation geschmeidiger. Denn Ihre Gäste erinnern sich gerade an „wilde“ Parties. Weil sie merkWÜRDIG waren – des Merkens würdig

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