Ad hoc präsentieren

Es ist fast wie beim Elevator-Pitch. Sie haben nur kurz Zeit, Ihre Idee zu präsentieren. Kaum Vorbereitung – alles muss schnell gehen. Nur diesmal versuchen Sie nicht im Fahrstuhl den Vorstandsvorsitzenden um den Finger zu wickeln sondern in einer Teamsitzung, dem Projektreffen oder einem Vieraugengespräch mit dem Chef für einen Aha-Effekt zu sorgen. Ad hoc, charmant, wirkungsvoll und mit Substanz begeistern – ganz ohne große Vorbereitung. Wie das geht, zeigt Ihnen die Präsentations- und Rhetorikexpertin Anita Hermann-Ruess.

Wer Karriere machen will, sollte nicht nur exzellente Leistungen liefern – er sollte sie auch kommunizieren können.

Angenommen, Sie haben in 10 Minuten ein Meeting mit Ihrem Vorgesetzten und Ihren Kollegen. Es wurde spontan einberufen, da ein neuer Großkunde eine Anfrage gestellt hat, und nun geht es um die Strategie, wie das Team den Kunden gewinnen, begeistern und langfristig halten kann. Ich empfehle Ihnen, diese 10 Minuten vor dem Meeting effektiv und mit System zu nutzen – denn hier entscheiden Sie über Ihr Image, Ihre Karrierechancen und Ihre Beziehungen zu Kollegen und Vorgesetzten. Auch wenn es hart klingt, so zeigt doch meine Erfahrung als Kommunikationsexpertin: Gewinner haben immer einen Plan, auch wenn sie noch so wenig Zeit haben. Nutzen Sie die folgenden sechs Schritte, um auch in Adhoc-Präsentationen Ihre Botschaften so zu verankern, dass sie bleibenden Eindruck hinterlassen, positiv nachwirken und präzise Entscheidungen herbeiführen. Wenn ganz wenig Zeit ist, dann nehmen Sie die 6 Schritte wörtlich und klären auf dem Weg zu Ihrem Meeting innerlich zumindest die ersten drei Schritte: Ziel, Kernbotschaft, Struktur. Das ist mehr als die meisten anderen tun und somit werden Sie mit Ihren Ideen Gehör finden und Vorgesetzte oder Kunden gewinnen.

Haben Sie ein belohnendes Ziel vor Augen? „Was möchte Sie konkret erreichen?“

Menschen ohne Ziel wirken planlos, schwach und wenig überzeugend. „Wenn nicht einmal sie wissen, was sie wollen, warum sollen wir ihnen dann folgen?“ fragen wir uns unbewusst. Klare Ziele machen Sie überzeugungsstark, weil sie eine motivierende Wirkung haben. Fragen Sie sich also: „Was möchte ich wirklich in diesem Meeting erreichen?“ Je ehrlicher Sie diese Frage beantworten, umso mehr positive Antriebsbotenstoffe schüttet Ihr Körper aus und stimmt sie optimal auf die Herausforderung ein. Sie werden als Mensch mit positiver Energie wahrgenommen, der weiß, was er will, und andere mitnehmen und begeistern kann. Ihr Ziel sollte voll und ganz auf Ihre Persönlichkeit, Ihre Wünsche, Ihre Stärken zugeschnitten sein. Es sollte, in der Sprache der Neurorhetorik, ganz auf Ihr eigenes Antriebs- und Belohnungssystem einzahlen. Denn nur für belohnende Ziele lohnt es sich rhetorisch zu kämpfen. Ihre Augen sollten leuchten, wenn Sie an das Ziel denken. Somit sind Sie authentisch und werden als ehrlicher und sympathischer Mensch wahrgenommen.

Im oberen Beispiel könnte solch ein motivierendes Ziel heißen:

„Ich überzeuge meinen Vorgesetzen und das Team von meiner Idee, diesen Kunden zu gewinnen! Meine Idee: Statt langweiliger PowerPoint-Präsentationen beim Kunden laden wir den Kunden ins Headquarter zu einer faszinierenden Stationen-Präsentation ein.“

Bestimmen Sie drei treffende Argumente! „Was überzeugt den/die Entscheider?“

Erfolgreiche Kommunikatoren tappen nun nicht in die Falle, in die 80% der Menschen tappen: weiterhin auf das eigene Antriebs- und Belohnungssystem einzuzahlend. Sie fragen nicht „Was hat mich überzeugt?“ – in unserem Fall sind „Neue Wege gehen, Faszination, Spannung, Abwechslung“. Sie fragen „Was kann meinen Gegenüber überzeugen?“ Und sie wissen, dass dieser ganz andere Entscheidungskriterien und Belohnungsmuster haben kann als man selbst. Deshalb übersetzen sie ihr Ziel in den Nutzen, den dieses Ziel für ihr Gegenüber hat. Ihre Sätze fangen nicht mit „Ich … Ich … Ich …“ an, sondern sie nutzen die Zauberworte „Für Sie…für das Team… für das Unternehmen“. Sie tappen auch nicht in die Falle, alle möglichen Argumente die ihnen durch den Kopf gehen laut auszusprechen. Das würde Ihre Argumentation schwächen, da unter vielen Argumenten immer ein angreifbares dabei. Das Gießkannenprinzip, also viele Argumente wahllos auf die Teilnehmer zu gießen, führt auch dazu, dass die Teilnehmer zum Schluss wie begossene Pudel dasitzen. Das schadet nicht nur dem Image, das führt auch dazu, dass unsere Ideen nicht überzeugen und wir somit unsere Welt nicht aktiv mitgestalten können. Gute Kommunikatoren suchen drei bis vier treffende Argumente aus, die genau in das Belohnungssystem ihres Gegenübers treffen.

Angenommen, der Vorgesetzte in unserem Beispiel mag keine neuen Ideen und auch kein Risiko eingehen, dann wäre es kontraproduktiv von „Neue Wege gehen, Faszination, Spannung, Abwechslung“ zu schwärmen. Das wäre der Tod für diese Idee, da diese Werte auf sein Bestrafungssystem einzahlen, denn „Neu“ wird unbewusst gleichgesetzt mit „Risiko“. So eine selbstbelohnende Argumentation würde bei diesem Vorgesetzten zu Einwänden, Widerstand und Ablehnung führen, denn seine Werte sind Sicherheit, Kontrolle und Vorsicht. Es wäre in diesem Fall viel sinnvoller, so zu argumentieren und zu präsentieren:

  1.  Eine Stationen-Präsentation macht die Auftragsgewinnung sicherer, weil… (Studie der University of California)
  2.  Wir haben die Kontrolle über den Ablauf, weil … (genauen Plan)
  3.  Wir können nichts falsch machen, denn auch die Mitbewerber nehmen Abstand von PowerPoint-Folienschlachten, weil …(Benchmark)

Argumentieren bedeutet eigene Ziele und Ideen in die Sprache der anderen zu übersetzen. Wären alle gleich wie Sie, würden alle die gleichen Werte und Entscheidungskriterien besitzen, dann müssten Sie niemanden von sich und Ihren Ideen überzeugen.

Verschießen Sie Ihr Pulver nicht zu früh! Wann ist der richtige Zeitpunkt, die Initiative zu ergreifen?

Platzen Sie nicht sofort mit Ihren Ideen heraus. Wenn Sie im Meeting sind, agieren Sie auf zwei Ebenen: der inhaltlichen und der strukturellen. Übernehmen Sie auf der Ebene der Struktur die Initiative, machen Sie Vorschläge zur Tagesordnung, zur Organisation, stellen Sie Fragen, hören Sie zu, ergänzen Sie die Vorschläge der anderen. Erstens gewinnen Sie die Sympathie der Menschen, denn Menschen, die gut zuhören können, werden nachweislich als sympathischer wahrgenommen. Zweitens erhalten Sie wichtige Informationen über die Werte, Entscheidungskriterien und Bedürfnisse der Entscheider. Und drittens übernehmen Sie Initiative und Verantwortung und zeigen Führungsstärke, ohne die Beziehungsebene zu belasten. Inhaltlich steigen Sie eher spät in die Diskussion ein und verschießen so Ihr argumentatives Pulver nicht zu früh. Nur so können Sie in Ruhe Informationen sammeln, Bündnisse schließen, Widersacher ins Boot holen. Verknüpfen Sie Ihre Ideen mit den Ideen, die bis jetzt im Raum stehen. Schaffen Sie den Balanceakt aus Teamorientierung und klarer Kennzeichnung des eigenen Beitrags. Holen Sie so auch Menschen mit unterschiedlicher Meinung ins Boot, denn um erfolgreich zu argumentieren, dürfen Sie keine Mauern zwischen sich und den anderen errichten. Überzeugen heißt: Menschen mitnehmen, Gegenmeinungen integrieren! „Argumentiere hart in der Sache, weich in der Form“ – diesen charmanten Rat gab die Rhetorik schon in der Antike den Rednern mit auf den Weg.

Formulieren Sie Ihre Beiträge logisch, strukturiert und rund – „Wie ordne ich meine Argumente an?“

Platzieren Sie dann Ihr Statement überzeugend und wirkungsvoll. Die folgenden Methoden unterstützen Sie dabei, Ihre Gedanken zu sortieren, strategisch anzuordnen und prägnant zu formulieren.

Erstens: Ihr Statement sollte nicht mehr als drei Botschaften enthalten, mehr kann sich unser Gehirn nicht merken. Zweitens: Ihr Statement beginnt mit einem einleitenden Satz, der Ihren Beitrag ankündigt oder an die Beiträge Ihrer Vorredner anknüpft. Und drittens endet Ihr Beitrag mit einer geschlossenen Frage, auf die Ihre Zuhörer im besten Fall mit „Ja“ antworten können.

„Wenn ich die Diskussion bisher richtig verstanden habe, sind wir alle unzufrieden mit der jetzigen Praxis, mehrere sehr interessante Vorschläge sind gemacht worden (Einstig/Brücke). Wir haben also mit der bisherigen Vorgehensweise nur 40% der Kunden gewinnen können, 60% hat der Wettbewerber gewonnen. Wir wollen eine Trefferquote von 80 Prozent, um unsere Ziele zu erreichen. Damit wir eine verlässliche Ausgangsposition bekommen, habe ich eine Mitbewerberanalyse machen lassen. Wir könnten es wie Unternehmen x, y, z machen und unsere Akquise-Praxis optimieren, zum Beispiel indem wir den Kunden zu uns ins Headquarter einladen (Argumentation). Was meinen Sie, können wir von diesen Erfahrungen profitieren (Ziel als geschlossene Frage)?“

Erstens ist der Beitrag nun überzeugend strukturiert und richtig dosiert. Er folgt zweitens einer inneren Logik: Es gibt einen von allen nicht tragbaren „höllischen“ Ist-Zustand, wir alle wollen einen „himmlischen“ Soll-Zustand, und ich habe die Lösung, wie wir am sichersten dahin kommen. Und drittens holt der Beitrag alle anderen Teilnehmer ab, durch die verbindende Einleitung und den in höflicher Frageform gestellten Zielsatz.

Verpacke deine Botschaft wirkungsvoll! „Was kann ich visualisieren oder materialisieren?“

Fast jeder von uns präsentiert adhoc nur die Themen, für die er Experte ist. Somit befindet sich auf unserer Festplatte viel Material hierzu. Auch wenn wenig Zeit ist: Drucken Sie das eine Chart aus, das besonders wichtig ist, und nehmen Sie es mit. Ein Bild sagt oft mehr als 1000 Worte. Unterstützen Sie damit Ihre zentrale Aussage. Wenn Sie kein Chart ausdrucken können, dann stehen Sie auf und visualisieren Sie Ihre Gedanken live am Flipchart oder Whiteboard. Nehmen Sie etwas mit, was Ihre Gedanken „materialisiert“ – ein Thesenpaper, dass Sie zum Schluss verteilen, eine Mappe mit Ihrem Projekten, die Sie Ihrem Chef in die Hand drücken. Wer schreibt, der bleibt. Das gilt auch in der heutigen virtuellen Zeit.

Im oberen Beispiel wäre ein Ablaufdiagramm zur Stationenpräsentation sinnvoll oder eine modular aufgebaute Skizze am Flipchart. Sie stehen auf (!) und schreiben: Erste Station: Entwicklungsabteilung. Dann erzählen Sie mit Blickkontakt und lebendiger Gestik, welches Ziel, welche Wirkung, welche Highlights diese Station im Überzeugungsprozess des Kunden hat. Kurze Pause. Dann schreiben Sie daneben: „2. Station: Modellbau“ usw. Das bleibt in Erinnerung, das unterscheidet Sie von anderen, das überzeugt.

Baue Highlights ein! Wie kann ich mein Publikum rhetorisch erreichen?

Rhetorik-Experten sammeln die kommunikativen Muster, die bewegen, überzeugen, begeistern. Heute wissen wir aus der Gehirnforschung, dass rhetorisch überzeugende Botschaften mitten ins Belohnungssystem der Zuhörer treffen müssen. Hier führen sie zunächst zu einer Ausschüttung des Antriebshormons Dopamin, das für die Motivation der Zuhörer wichtig ist. Da eine überzeugende rhetorische Botschaft auch verführerisch verpackt ist – zum Beispiel als Geschichte, Metapher, aufsehenerregenden Zahl – kurbelt sie immer auch die Produktion von Glückshormonen an. Sie ist also belohnend, sie belohnt uns mit guten Gefühlen. Eine rhetorisch überzeugende Botschaft ist treffend, motivierend und belohnend. Sie hat die Kraft, Widerstände zu schmelzen, Entscheidungen zu lenken und Zuhöreraugen leuchten zu lassen. Das sind die Kompetenzen, die den entscheidenden Vorsprung bringen.

Bauen Sie ab und an ein rhetorisches Highlight ein. Suchen Sie anschauliche Beispiele, stellen Sie rhetorische Fragen, flechten Sie ein passendes Zitat ein, finden Sie eine passende Analogie: „Beim bisherigen Akquise-Prozess stehenzubleiben ist so ähnlich, als ob wir in der Produktion nie Prozesse überdenken, nie neue Maschinen kaufen oder nie Innovationen einführen“. Sie könnten aber auch ein Businessquiz veranstalten: „Schätzen Sie mal, um wie viel Prozent steigert sich laut einer Studie der University of California die Überzeugungskraft einer Präsentation, wenn wir nicht nur Charts nutzen?“ Lassen Sie Ihr Publikum schätzen, loben Sie alle Antworten und heben Sie den „Gewinner“ hervor. Schreiben Sie die aufsehenerregende Zahl auf das Flipchart und lassen Sie sie sichtbar im Raum stehen. Sie können nun eine spannende Science-Story dazu erzählen, indem sie kurz und knackig die Studie als spannende Geschichte wiedergeben. Wiederholen Sie die Zahl zwei bis drei Mal: – „48,8 Prozent höherer Wirkungsgrad, wenn wir multicodiert präsentieren, 48,8% höherer Wirkungsgrad! Das bedeutet eine Verdoppelung der Überzeugungskraft unserer Präsentationen beim Kunden“.

Teilen

Dieser Artikel kann nicht kommentiert werden.