Das Wichtigste an Vorträgen, Präsentationen oder Reden sind die Haltung, der Blickkontakt, Mimik und Stimme. Und mit einer Portion Schauspielunterricht im nächsten Seminar klappt es dann – so das Versprechen. Doch was bei der Trockenübung noch so vielversprechend war, verfehlt im Live-Act sein Ziel und wirkt gestelzt, gespielt und unbeholfen.
Meist wird Rhetorik nur an Äußerlichkeiten fest. Sie glauben, dass es das Wichtigste sei, Eigenschaften wie Haltung, Blickkontakt, Mimik und Stimme bewusst zu trainieren und bestimmte Haltungen einzustudieren. Dazu benutzen sie Anleitungen und Methoden oder die verschiedensten Tricks.
Allerdings ist das Ergebnis alles andere als erfreulich. Die meisten tun sich damit ungeheuer schwer. Sie konzentrieren sich auf Schauspielerei und verbiegen sich dabei oft, ohne es bewusst zu merken. Das hat zur Folge, dass sie noch unsicherer sind und meist kapitulieren. So wie jener Mann, der über die Dunkelheit klagte. Seine innerliche Haltung war: Es geht nicht mehr, es ist unüberwindbar.
Immer schön locker bleiben
Die Haltung nimmt in der Rhetorik eine besondere Stellung ein und der Grund dafür ist denkbar einfach. Es ist der berühmte erste Eindruck, den der Zuhörer über die Haltung des Redners oder Gesprächpartners aufnimmt. Ob Sie nun als Redner vor ein Publikum treten (Besprechung, Rede, Jubiläum oder Anderes) oder als Gesprächspartner einem anderen am Tisch gegenübersitzen. Diese erste Haltung veranlasst Ihr Gegenüber zu einer Wertung seines ersten Eindrucks. Also: „Man muss sein Kreuz durchdrücken, den Kopf heben, aber nicht zu hoch, der Stand soll fest sein, aber nicht zu steif, eher locker etc.“
Geschwellte Brust zeigt Selbstsicherheit
Das wäre sehr einfach, oder? Genau, das ist absoluter Blödsinn und genauso albern stehen manche Redner rum. Besonders lächerlich ist es, wenn der Redner dabei läuft wie ein anabolikaverseuchter Bodybuilder, der vor Kraft (fälschlicherweise Selbstsicherheit genannt) nicht laufen kann.
Hände in den Hosentaschen wirken souverän
Nein, das ist entweder arrogant oder peinlich, manchmal auch beides. Meine Herren, wer die Hände in der Hosentasche hat, muss sich die Frage gefallen lassen: Was machen Sie da? Ein Chef, der die Hände in der Hosentasche hat, dokumentiert: Ich packe hier nichts an, ich habe es nicht nötig, mir die Hände schmutzig zu machen. Nun ersparen Sie mir weitere Ausführungen, denken Sie einfach mal darüber nach.
Tischsitzer kommen entspannter rüber
Nein, das Gegenteil ist der Fall, zumal – das sollten Sie mal beobachten – sich der Redner meist noch mit beiden Händen an der Tischplatte festkrallt – entspannt sieht anders aus! Nicht zu verkennen ist, dass diese Haltung schlechte Erinnerungen an die Schulzeit beziehungsweise Lehrer wecken kann. Möchten Sie, dass Ihr Publikum an seine Lehrer denkt und Sie dabei anschaut? Was wäre denn der Rückschluss Ihres Zuhörers – genau, wie mein Lehrer!
Wenn Sie zum Reden aufgefordert werden, fixieren Sie den Punkt, wo Sie stehen wollen. Gehen Sie zügig an diesen fixierten Punkt. Stellen Sie sich in eine sichere Position. Dabei sollten beide Beine nebeneinander auf dem Boden sein (keine Überkreuzung).
Ab jetzt ist es Ihre innere Haltung, die für das Publikum sichtbar ist. Enttäuscht? Haben Sie jetzt auf Anweisungen gewartet?
Wollen Sie authentisch und sicher sein? Über die gesamte Redezeit? Dann probieren Sie doch den Weg über die innere Haltung. Sie werden überrascht sein. Meinen Teilnehmern geht es so. Sie denken spätestens nach der zweiten Übung gar nicht mehr bewusst über ihre Haltung nach, sie haben ihre innere Haltung entdeckt und nutzen sie.
Guckste?
Ich habe in einem Buch über Rhetorik folgendes gelesen: „Der Blickkontakt hängt nicht nur vom Gesprächsthema, sondern auch vom Gesprächspartner ab. Manch ein Gesprächspartner muss mit stärkeren Argumenten und auch mit stärkerem Blickkontakt überzeugt werden, während das bei einem anderen Gesprächspartner nicht notwendig ist.“
Das ist Unsinn oder glauben Sie, dass der Zitronenfalter Zitronen faltet?
Sie können sehen, ob der Zuhörer bei Ihnen und Ihren Worten ist, wo Zweifel entstehen, wo Worte falsch verstanden werden, wo noch keine Überzeugung eingetreten ist oder wo Nebengedanken einsetzen. Natürlich können Sie nicht auf alles eingehen, aber Sie verstehen Ihr Publikum und können dann entsprechend agieren. Was heißt das? Wenn ein Zuhörer signalisiert, dass er etwas nicht versteht, erklären Sie es an einem Beispiel. Wenn Sie sehen, dass Ihr Publikum noch nicht überzeugt ist, bringen Sie eben noch ein Argument vor oder einen Vergleich.
Denken Sie an die oberste Aufgabe der Rhetorik – der Zuhörer muss Lust haben, Ihnen zuzuhören.
Richtig ist, dass der Blickkontakt eine große Bedeutung in der Rhetorik hat. Das Publikum braucht den Blickkontakt, um angesprochen zu sein. Es heißt ja Blickkontakt, was bedeutet, dass Sie als Redner mit den Augen einen Kontakt herstellen. Es schafft Vertrauen und gibt dem Zuhörer das Gefühl, auch gemeint zu sein. In der Art des Blickkontakts kann alles liegen – von der reinen Hingabe an den Gedanken bis zur Gleichgültigkeit und Feindlichkeit.
Das Publikum hat viel zu erzählen
Die Zuhörer können mit ihrer Mimik und Körpersprache so viel ausdrücken und der Redner ist klug beraten, wenn er das auch wahrnimmt.
- Gehobene Augenbrauen zeigen den Wunsch nach mehr Informationen.
- Die zusammengezogenen Brauen signalisieren Aufmerksamkeit und Konzentration.
- Auch senkrechte und waagerechte Stirnfalten deuten auf Aufmerksamkeit und Konzentration.
- Missfallen und Abwehr zeigt der Zuhörer mit einer gerümpften Nase.
- Hängende Mundwinkel – der Zuhörer ist alles andere als fröhlich und gut gelaunt.
- Ein permanentes Kopfschütteln sagt, ich bin nicht einverstanden.
- Ein entspanntes Sitzen und leichtes Kopfneigen zeigt volle Aufmerksamkeit.
- Ein lächelnder Zuhörer ist sehr zufrieden.
- Ein nach vorn gebeugter Zuhörer ist ebenfalls voll bei der Sache.
Womit hab ich das verdient, dass der mich so blöde …?
Mimik ist nicht bewusst steuerbar, das heißt, das ist sie schon, es sieht aber nicht gerade souverän aus und ist auch auf Dauer nicht durchzuhalten. Ich behaupte, dass die Mimik der Spiegel meiner Wertevorstellung und meines Engagements ist. Auch hier lassen Sie mich zunächst auf ein paar Irrtümer eingehen:
Die Wichtigmimik
Wer seine Kompetenz unterstreichen will, schaut ernst, je ernster die Mimik, desto ernster nehmen die Zuhörer den Redner. Ein Fachvortrag muss mit einer ernsten Mimik begleitet werden, damit dem Zuhörer der Sachverhalt klarer wird. Fachvorträge vertragen kein Lächeln, damit wird die Wirkung verfehlt. Die Mimik muss sachlicher Natur sein. (Das lasse ich mir immer gerne vormachen – wie schaut man sachlich?)
Die Dramamimik
Leider muss ich darüber reden. Es gibt Redner, die gerne zeigen möchten, dass sie die ganze Last der Welt tragen. Dies wird noch dadurch gesteigert, dass sie durch eine getragene und leidende Mimik den Zuhörern ein schlechtes Gewissen einreden und so mit ins Boot holen wollen. Kein Mensch steigt freiwillig in ein sinkendes Boot und ein schlechtes Gewissen lässt sich der Mensch nur ungern einreden. Wer mit einem schlechten Gewissen aus dem Vortrag geht, wird sich sehr schnell bemühen, es wieder los zu werden. Sicher haben Sie das auch schon erlebt, denken Sie an Ihre Kindheit oder Jugend oder an Ihren Alltag. Entscheidend ist, dass diese Redner nicht auf Zustimmung hoffen können, dafür bekommen sie Mitleid ohne Ende. Möchten Sie ein bemitleidenswerter Redner sein?
Werden Sie zum Dauergrinser. Lächeln Sie Ihr Publikum an, je mehr Sie lächeln, umso sympathischer wirken Sie. Zeigen Sie Ihre Offenheit und Souveränität durch ein gut sichtbares Lächeln. Sie erwartet ein Oscar für die beste mimische Darstellung!
Mimik ist nicht alles, aber ohne Mimik ist alles nichts:
- Die Mimik sollte Offenheit, Souveränität, Freundlichkeit und Vertrautheit ausstrahlen.
- Es geht auch kein Weg am berühmten „Lächeln“ vorbei. Der kürzeste Weg zum Menschen ist das Lächeln, das wussten schon Gelehrte wie Konfuzius und Laotse.
- Lächeln heißt aber nicht Zähne zeigen.
- Lächeln darf niemals aufgesetzt oder gespielt sein – das wäre unglaubwürdig.
Wie machen Sie das? Das Lächeln bezieht sich nicht auf die Mundwinkel, sondern auf die gesamte Ausstrahlung der Mimik. Das heißt, hier sind die Augen, Stirn und Wangen genauso in Betracht zu ziehen.
Das Lächeln wird also mit der gesamten Mimik angewandt und soll dem Zuhörer mitteilen,
- dass Sie sich Ihrer selbst sicher sind, mit allen Ecken und Kanten – also ehrlich,
- pdass Sie sich Ihrer Aufgabe gerne stellen,
- dass Sie das, was Sie tun, mit Hingabe machen,
- dass Sie sich Ihrer Verantwortung über das Gesagte in Form (wie) und Inhalt (was) bewusst sind,
- dass die Absicht Ihrer Rede wohlwollend ist,
- dass Sie Ihr Ziel klar vor Augen haben,
- dass Sie Ihr Publikum als Zuhörer respektieren und es wertschätzen.
Kurz, der Redner ist bereit, alles dafür zu tun, damit die vier Aufgaben (Sinn) der Rhetorik erfüllt werden. Das erreichen Sie nur mit einer echten und authentischen Mimik und das gilt für alle Phasen eines Vortrages.
Könnt ihr mich hören?
Auch das ist ein Thema, dem sich viele Redner stellen. Wie setze ich meine Stimme wirkungsvoll ein? Nun, Ihre Stimme ist, wie sie ist. PUNKT! Der erste Schritt ist, Ihre Stimme zu akzeptieren. Warum? Wir hören unsere Stimme und meinen, dass sie andere genauso hören, und sind überrascht, wenn wir eine Tonband- oder Videoaufzeichnung vorgespielt bekommen.
Da klingt alles anders – nämlich so, wie sie ist, so, wie alle anderen sie hören, und genau das sollten Sie zunächst akzeptieren. Ich war auch enttäuscht, ich dachte immer, ich hätte eine sonore Stimme à la John Wayne.
Die Stimme ist als solches, nicht entscheidend, sondern sie kann den Gesamteindruck entweder bestätigen oder im schlechteren Fall der Authentizität widersprechen.
Die gute Botschaft ist, dass die Stimme eines Menschen mit seiner Authentizität gekoppelt eine Glaubwürdigkeit herstellen kann. Also ist verstellen oder gar manipulieren die ungünstige Alternative.
Was ist wichtig?
- Die Zuhörer sollten Sie verstehen – hörbar, das heißt, es ist erforderlich, dass Sie akustisch gut wahrnehmbar sind
- Die Zuhörer sollten Sie verstehen – deutlich, das heißt, dass Sie die Worte deutlich aussprechen sollten.

„Dann fahre ich die nächsten 40 Jahre auf demselben Gleis!“ Eine Erkenntnis, die Oliver Groß den Karriere-Kick brachte. Mit nur 22 Jahren wurde er Mitglied der Geschäftsleitung, übernahm Verantwortung für 350 Mitarbeiter und studierte nebenbei Kommunikationspsychologie und Philosophie. In dieser Zeit begann er auch, mit Notizbüchern zu experimentieren und stellte fest, dass diese unscheinbaren Helfer Großes bewirken: Sie helfen Lösungen und Auswege zu finden und eröffnen sogar ganz neue Perspektiven – die Geburtsstunde der NOTIZBUCH-STRATEGIE.