Vertrauen und Wertschätzung

Auch ein Lügner kann nur erfolgreich täuschen, wenn er im Normalfall
die Wahrheit spricht. Ansonsten wäre auch die Lüge nutzlos, keiner
würde sie ihm abkaufen. Aber gerade bei der Ehrlichkeit in der Unternehmenskommunikation
hapert es oft gewaltig. Versuchen Sie doch mal, einen Tag lang Ihren Mitarbeiten
und Kunden gegenüber gänzlich aufrichtig zu sein. Vielleicht genügt
es für weniger Mutige zum Anfang auch, wenigstens die Lügen und Halbwahrheiten
zu zählen.

Auch ein Lügner kann nur erfolgreich täuschen, wenn er im Normalfall
die Wahrheit spricht. Ansonsten wäre auch die Lüge nutzlos, keiner
würde sie ihm abkaufen. Aber gerade bei der Ehrlichkeit in der Unternehmenskommunikation
hapert es oft gewaltig. Versuchen Sie doch mal, einen Tag lang Ihren Mitarbeiten
und Kunden gegenüber gänzlich aufrichtig zu sein. Vielleicht genügt
es für weniger Mutige zum Anfang auch, wenigstens die Lügen und Halbwahrheiten
zu zählen.

Als Goethe seine Autobiografie veröffentlichte, nannte er sie weitsichtig
„Dichtung und Wahrheit“. Damit zeigt er ein hohes Maß an Selbstreflexion.
Er wusste, wenn der Mensch über sich selbst und von den Dingen spricht,
die ihm wichtig sind, neigt er dazu, zu verschleiern, schön zu färben
– schlichtweg zu lügen. Ein Sachverhalt, der sich im Unternehmen kaum
anders verhält: Veränderungen und ihre Ursachen sowie wichtige Entscheidungen
(die selten ohne Konsequenzen für die Mitarbeiter bleiben) werden im Rahmen
einer restriktiven Informationspolitik nur rudimentär kommuniziert, Probleme
werden vertuscht oder beschönigt.

Solche Methoden der Unternehmenskommunikation sind weit verbreitet, sie zeigen
dabei ganz offenkundig einen Mangel an Vertrauen wie auch an Wertschätzung:
Werden die Mitarbeiter nicht, widerwillig oder falsch informiert, heißt
dies nichts anderes, als dass ihnen kein Vertrauen entgegengebracht wird, dass
sie es nicht wert sind, umfassend informiert zu werden. Zugleich wird von den
Mitarbeitern Motivation und hohe Leistungsbereitschaft erwartet. – Wofür?
Niemand wird sich gerne für jemanden richtig ins Zeug legen, der einem
kein Vertrauen entgegenbringt und es nicht für notwendig hält, elementare
Informationen zu kommunizieren.

Ihre Mitarbeiter wollen auf den neuesten Stand sein. Ein informierter Mitarbeiter
ist zu erheblich mehr Leistung bereit, als einer, der nur ein sprichwörtliches
Rädchen im Getriebe ist. Nur wer über bestehende Schwierigkeiten und
ihre möglichen Folgen Bescheid weiß, kann seinen Teil dazu beitragen,
diesen auch entgegenzuwirken. – Zugleich, was oft vergessen wird, ist ein
Unternehmen wie ein kleines Dorf: Gerüchte sprechen sich schnell herum.
Aus einer nicht ganz der Wahrheit entsprechenden, für die Ohren der Mitarbeiter
bestimmten Information wird so schnell ein mit den schlimmsten Befürchtungen
gewürztes Konstrukt, das nach unten – oft verfälscht oder dramatisiert
– durchsickert und dabei für Spannungen sorgt und so letztendlich
den Unternehmenszielen schaden kann. – Ein Unternehmen ist gewiss nicht
der richtige Ort, um „Stille Post“ zu spielen!

Selbstverständlich werden auf der Führungsebene eines Unternehmens
streng vertrauliche Aspekte behandelt, die nur für einen begrenzten Personenkreis
bestimmt sind. Doch um diese geht es hier nicht. Gemeint sind Informationen,
welche die Mitarbeiter tatsächlich angehen (und auf Dauer ohnehin nicht
verschwiegen werden können). Häufig bleiben solche aus reiner Konfliktscheu
oder einem falschen Harmoniebedürfnis unkommuniziert. Eine gute Führungskraft
geht Konfrontationen – zumal jenen, die sich früher oder später
sowieso nicht vermeiden lassen – nicht aus dem Weg und steht zu ihren Entscheidungen.
Dadurch gewinnt sie das Vertrauen der Mitarbeiter ebenso wie ihren Respekt.

Vertrauen bedingt grundsätzlich immer ein hohes Maß an Zuverlässigkeit.
Wichtig ist hier, dass den Ankündigungen, also Ihren Worten, auch entsprechende
Taten folgen. Wer immer etwas ankündigt oder gar Versprechungen macht,
der muss sie auch einhalten. Hierbei geht es nicht nur um verbummelte Besprechungstermine
oder Ähnliches, sondern oft auch um diffizilere Angelegenheiten.

Vertrauen bei den Mitarbeitern kann aber auch verspielt werden, wenn diese
gar nicht direkt betroffen sind. Mir ist ein kleineres Unternehmen bekannt,
wo der Chef unverhohlen damit prahlte, dass er seine Rechnungen grundsätzlich
erst nach der ersten Mahnung bezahlt und dann auch noch 2 % Skonto abzieht!
– Würden Sie einem solchen Chef vertrauen? Sicher nicht. Auch seine
Mitarbeiter müssen hier geradezu zwangsläufig denken, dass dieser
Geschäftsführer auch intern keine Gelegenheit ungenutzt lässt,
um sie zu übervorteilen. Zumindest werden die Mitarbeiter keinen Respekt
vor einer Person haben, die ein solches äußerst fragwürdiges
Verhalten an den Tag legt.

Tatsächlich sind die Arten, das Vertrauen der Mitarbeiter zu verspielen
– oder zu gewinnen, vielfältig. Ebenso verhält es sich mit Handlungsweisen,
die eine (mangelnde) Wertschätzung der Mitarbeiter ausdrücken. Oft
sind es allein schon Kleinigkeiten – Nuancen, die sich manchmal am Rande
des eigentlichen Geschehens abspielen –, die eine niveauvolle Unternehmenskultur
und damit eine Wertschätzung der Mitarbeiter offenbaren (oder eben nicht…).

Dafür einige Beispiele:

Sie stehen im Gang am Kopierer neben der Tür und sehen einen mit Ordnern
bepackten Mitarbeiter kommen. Es kostet Sie nichts, ihm kurz die Tür aufzuhalten.
Bereits eine solche Lappalie (mehr noch – ihr Ausbleiben) wird sich Ihr
Mitarbeiter merken.

Sie führen einen wichtigen Geschäftspartner durch die Firma und zeigen
sich dabei, für alle ersichtlich, selbstverständlich von Ihrer besten
Seite. Kaum ist der Besuch vorbei, geben Sie einem Mitarbeiter eine ruppige
Anweisung. Es liegt auf der Hand, dass hier etwas schief läuft: Auch Ihr
Mitarbeiter ist ein Geschäftspartner, der nicht nur für Sie, sondern
vielmehr mit Ihnen arbeitet.

Ein Auftrag muss dringend erledigt werden, mehrere Mitarbeiter legen sich tüchtig
ins Zeug und arbeiten bis zum späteren Abend. Wer hier die Gelegenheit
auslässt, den Mitarbeitern bspw. Pizzas zu bestellen oder ihnen nach getaner
Arbeit mit anerkennenden Worten („Ich bin wirklich froh, dass Sie das noch
hinbekommen haben.“) die Hand zu drücken, wird beim nächsten
Mal vielleicht nicht wieder auf so viel Einsatzbereitschaft treffen. –
Schon ein schlichtes „Danke“ hat hier eine große Wirkung.

Weil gerade viel zu tun ist, schleppt sich ein Mitarbeiter trotz seiner Erkältung
zur Arbeit. Hier ist Feinfühligkeit gefragt. Was glauben Sie, wie sehr
sich Ihr Mitarbeiter freut, wenn Sie ihm eine Tasse Tee an den Schreibtisch
bringen (oder notfalls auch mit den besten Grüßen bringen lassen)?
Schließlich hätte er ohne weiteres auch drei Tage im Bett bleiben
können.
Nicht nur bei derartigen „Kleinigkeiten“ werden Fehler gemacht oder
– nicht minder ärgerlich – gute Gelegenheiten, Wertschätzung auszudrücken,
verpasst. Fehlentwicklungen zeigen sich ebenso bei Entscheidungen der Unternehmensführung,
die prägend auf das gesamte Betriebsklima wirken. In der Annahme, genau
das Richtige zu tun, werden gut gemeinte Strategien entwickelt – nur bleibt
hierbei die Perspektive der Mitarbeiter oft zu wenig berücksichtigt. Was
als Motivationsmaßnahme gemeint war, wird von den Mitarbeitern selbst
eher als Affront verstanden:

Viele Unternehmen sind unaufhörlich bestrebt, ihre Mitarbeiter zu motivieren.
Darauf ist nicht selten die gesamte interne Kommunikation ausgerichtet. Die
Mittel, die für die Motivation der Mitarbeiter verwendet werden, sind dabei
oft allzu durchsichtig und wirken mitunter arg gekünstelt – zuweilen
sind sie sogar primitiv. Spätestens der von Fastfood-Ketten bekannte „Mitarbeiter
des Monats“ sollte nicht zur Nachahmung verleiten. Solche fadenscheinigen
Methoden bewirken genau das Gegenteil vom Gewünschten: Die Mitarbeiter
geraten unter Druck und der Motivierende ist der niemals endenden Anstrengung
ausgesetzt, fortwährend für Nachschub in Sachen Motivation zu sorgen.
– Die Mitarbeiter werden unterdessen für dumm verkauft, als könnten
sie die aufgesetzten Motivationsmechanismen nicht durchschauen. Zusätzlich
wird den Mitarbeitern permanent unterstellt und suggeriert, dass sie eben nicht
motiviert sind – ansonsten müssten sie ja schließlich nicht
unaufhörlich motiviert werden. Das Motivationsgehabe impliziert zudem einen
weiteren Kardinalfehler: Oft wird allein das Kollektiv, nicht aber der einzelne
Mitarbeiter, das Individuum angesprochen. Und Generalmaßnahmen haben fast
grundsätzlich erhebliche Streuverluste: Was den einen vielleicht noch motivieren
mag, wird der andere als Provokation empfinden.

In vielen Firmen hat sich in den letzten Jahren verstärkt eine spezielle
Variante eingeschlichen, um die Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden und
das Zugehörigkeitsgefühl zu stärken: die Durchführung regelmäßiger
Firmenveranstaltungen. Schön und gut. Das Problem ist jedoch, dass eine
Teilnahme oft explizit erwartet wird – und das, obwohl solche Festlichkeiten
zumeist in den Abendstunden oder an den Wochenenden stattfinden.

In vielen Fällen wird Geld als Allheilmittel eingesetzt. Die irrtümliche
Annahme ist hier, zugunsten eines hohen Gehaltes, auf eine niveauvolle Unternehmenskultur
verzichten zu können – sich quasi davon freizukaufen. „Ich zahle
ein überdurchschnittliches Gehalt, dafür kann ich aber auch machen,
was ich will!“ Der Kreislauf ist hinlänglich bekannt: Ein guter Mitarbeiter
ist unzufrieden und droht mit Kündigung – anstatt die Gründe
für seine Unzufriedenheit zu bekämpfen, erhält er eine Gehaltserhöhung.
Viele Chefs denken in solchen Fällen „Wie viel wollen Sie?“,
nicht aber „Was wollen Sie?“. Tatsächlich sind fast 90% aller
Personalverantwortlichen der Meinung, dass das Geld der maßgebliche Faktor
sei, um einen Mitarbeiter an ein Unternehmen zu binden. Irrtum! Ein gutes Gehalt
ist zwar jedem Mitarbeiter wichtig. Dass sie sich im Unternehmen „wohl
fühlen“, ist für die meisten Mitarbeiter jedoch noch viel bedeutender.
Ganz klar steht hier eine gute Unternehmenskultur vor den finanziellen Aspekten.
Für kurze Zeit mögen sich die Angestellten mit einem hohen Gehalt
zufrieden geben, auf Dauer wird es alleine nicht ausreichen. Sind die Mitarbeiter
unzufrieden, entsteht immer eine hohe Personalfluktuation – auch wenn hohe
Gehälter gezahlt werden.

Wie Sie Vertrauen gewinnen und Wertschätzung zeigen

Wirkliches Vertrauen zwischen zwei Personen ist nur bei gegenseitiger Wertschätzung
möglich. Denjenigen, vor denen wir keine Achtung haben, werden wir auch
niemals Vertrauen entgegenbringen – und umgekehrt. Die Basis des Vertrauens
ist die Sympathie. Nun lässt sich natürlich sagen, dass dieser oder
jener einem einfach unsympathisch ist, dass da nichts zu machen ist. Für
einige Fälle mag das zutreffen, oft aber scheitert eine gegenseitige Sympathie
schlichtweg an unserer eigenen Voreingenommenheit. Oft genügt es, einen
gewissen Vorschuss an Vertrauen zu „schenken“ und den Menschen mit
Wohlwollen zu begegnen. Daraus resultiert oft eine Wechselwirkung: Der andere
findet uns sympathisch, was wir wiederum selbst spüren, wodurch wir unserem
Gegenüber weitere Sympathie entgegenbringen. Der Kreis schließt sich,
und das Fundament für das gegenseitige Vertrauen ist gelegt. – Wer
uns vertraut, fühlt sich als Mensch ernst genommen und verstanden. Und
nur wer sich auch verstanden fühlt, ist auch bereit, auf uns zu hören.

Wenn wir jemandem zeigen, dass auf uns Verlass ist, können wir uns meistens
auch auf unser Gegenüber verlassen. Wer dagegen bis ins Detail reglementiert
und Vorschriften aneinander reiht, zeigt, dass Vertrauen fehlt. Ein an die Kandare
genommener Mitarbeiter wird Sie als Vorgesetzen ganz gewiss nicht besonders
hoch schätzen. Die Bereitschaft mehr zu leisten, ist bei solchen Mitarbeitern
am größten, die ihre Vorgesetzten achten, die sie sympathisch finden.

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