Konflikte – Worum geht es wirklich?

Konflikte gehören zum Leben wie Sommerregen. Mal sind sie erfrischend, mal störend und manchmal völlig unpassend. Und nicht selten fällt es uns auch noch schwer, klar zu sagen, worum es eigentlich geht. Denn meist streiten wir nicht über das, worüber wir streiten. Alles klar?

Typische Szene: „Er ist immer unpünktlich!“ – sagt die eine Seite. „Sie übertreibt ständig!“ – kontert die andere.

Aber Hand aufs Herz: Geht es wirklich um Pünktlichkeit oder Tonfall? Meist nicht. Oft steckt etwas Tieferes dahinter – enttäuschte Erwartungen, unausgesprochene Bedürfnisse oder ein schiefes Bild davon, wer was leisten oder entscheiden soll.

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Warum wir oft am falschen Punkt streiten

Viele Konflikte starten an der sichtbaren Oberfläche: Im Meeting knallt es wegen einer falschen Zahl, dabei schwelt längst das Gefühl: „Ich werde hier nicht ernst genommen.“
Über dieses Gefühl reden wir nicht. Wir diskutieren lieber Budgets oder Deadlines – das ist leichter, als zuzugeben: „Ich fühle mich übergangen.“
So bleiben wir an Nebenschauplätzen hängen, während der eigentliche Kern wie ein vergessener Zettel in der Hosentasche bleibt.

Der wahre Konfliktgrund – oft unsichtbar

Konflikte sind wie Eisberge: Oben sieht man den Streitpunkt, unten liegen die dicken Brocken. Die häufigsten:

  • Falsche Erwartungen – etwa, dass andere Gedanken lesen können.
  • Schiefe Kommunikation – „So habe ich das nie gemeint“ trifft auf „So kam es aber an“.
  • Unklare Rollen – wer ist wofür zuständig?
  • Kollidierende Werte – Sicherheitsfanatiker trifft auf Abenteurer.

Offene und verborgene Ziele

Ein Kernpunkt des KonfliktSmS-Systems ist die Unterscheidung zwischen offenen und verborgenen Zielen:

  • Offen: Das, was offiziell gesagt wird – sachlich, nachvollziehbar.
  • Verborgen: Die eigentlichen Beweggründe – oft unbewusst, manchmal absichtlich verschwiegen.

Beispiel:
Vertrieb und Produktion geraten immer wieder aneinander.

  • Offenes Ziel Vertrieb: „Wir brauchen kürzere Lieferzeiten.“
  • Offenes Ziel Produktion: „Wir müssen Qualitätsstandards einhalten.“
  • Verborgenes Ziel Vertrieb: „Wir wollen als treibende Kraft gelten.“
  • Verborgenes Ziel Produktion: „Wir wollen zeigen, dass ohne uns nichts läuft.“

Wird das ausgesprochen, geht es plötzlich nicht nur um Lieferzeiten – sondern um Status und Selbstwert.

Wie man den Kern findet

  1. Emotionen ernst nehmenÄrger und Frust sind Signale.
  2. Konfliktart klären – Debatte, taktisches Spiel oder Machtkampf?
  3. Verborgene Ziele herauslocken – durch Zuhören und gezielte Fragen wie:
    • „Was wäre das Beste, das hier herauskommen könnte?“
    • „Und was möchten Sie auf keinen Fall verlieren?“
  4. Schnittmengen suchen – Wo gibt es Gemeinsamkeiten?

Der Irrtum schneller Einigungen

Viele Einigungen sind nur Scheinlösungen – wie ein schlecht verklebter Brief, der bald wieder aufgeht.

  • Im Job: Streit über Zuständigkeiten. Lösung: „Machen wir’s zusammen.“ Ergebnis: doppelte Arbeit, weiter Konflikt.
  • Im Meeting: Einer gibt nach, um Ruhe zu haben. Ergebnis: halbherzige Umsetzung, neuer Ärger.
  • Privat: Urlaubsstreit endet mit „Fahren wir halt an die Nordsee“. Spätestens bei Regen ist klar, wie „egal“ das wirklich war.
  • Freunde: Unterschiedliche Sportideen, Kompromiss „Wir wechseln ab“. Realität: keiner geht mehr.

Schnelle Einigungen sind wie Schmerztabletten – sie nehmen den Schmerz, aber nicht die Ursache. Ein ungelöster Konflikt ist wie ein schief hängendes Bild – man kann wegsehen, aber es stört.
Konflikte sind kein Defekt, sondern ein Warnsignal. Wer sie verstehen will, muss tiefer gehen und auch das ansprechen, was bisher unausgesprochen blieb. Sobald verborgene Ziele ans Licht kommen, verändert sich alles: Aus Stillstand wird Bewegung, aus Misstrauen Kooperation – und aus einem Konflikt eine echte Chance.

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