Sommer, Reisen,Urlaub. Endlich mal raus, endlich mal Ruhe und endlich neue Erlebnisse. Doch kaum wieder zu Hause ist die Enttäuschung groß, wenn nach kurzer Zeit der Alltag an der Entspannung nagt und die Erholung sich verflüchtigt. Man hat das Gefühl, gar nicht zur Ruhe gekommen zu sein. Warum? Viele, die sich nach einer Auszeit sehnen, haben eine Vorstellungen von Urlaub, die mit unserem Körper nur schwer vereinbar ist.
Doch zunächst ein Blick in unser Innenleben. Bei Stress wird verstärkt Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol ausgeschüttet. Diese sogenannte Stressachse erhöht den Blutdruck, spannt die Muskeln an und steigert die Atmungsfrequenz. Grund: Hektische Betriebsamkeit, hohe Anforderungen und eine übermäßige Belastung lösen eine Hormonlage aus, die unseren Organismus in Alarmstimmung versetzen.
Dadurch wächst der Wunsch nach Ruhe. Wenn es ruhiger wird, ändert sich die Hormonlage. Die Stresshormone werden abgebaut, die Atmung wird ruhiger, Herzfrequenz und Puls gehen runter. Und insbesondere das „Glückshormon“ Dopamin wird ausgeschüttet. Wir fühlen uns wohl.
Psychologisch betrachtet bedeutet Urlaub, dass keine weiteren Anforderungen an uns gestellt werden, beruflich, privat oder im Studium. Von daher sollten die aktuellen Aufgaben und Tätigkeiten beendet werden. Sonst kann es passieren, dass unerledigte Arbeiten uns bis zum Strand begleiten.
Viele werden vom Impuls geleitet: „schnell weg“. Das funktioniert ebenso wenig wie die Ansicht, dass längerer Urlaub auch zu mehr Erholung führt.
„Der Effekt von Erholung verpufft sehr schnell“, meint Nikolai Egold, Urlaubsforscher und Professor an der Hochschule Fresenius in Frankfurt. „Dabei spielt die Länge des Urlaubs kaum eine Rolle… die Erholung verschwindet nach maximal zwei Wochen.“ Daher die Empfehlung, mehrmals im Jahr einen kürzeren Urlaub anzutreten als einmal jährlich einen längeren. Somit werden die Erholungszeiten vermehrt. Allerding dürfen es auch keine zu kurzen Urlaubszeiten sein, denn der Abbau der Stresshormone benötigt eine gewisse Zeit, ehe sich der Erholungsmodus einstellt.
Und wie gelingt ein gehirngerechter Urlaub? Unser Denkorgan schafft es auf fantastische Weise, sich zu regenerieren und die geistige Leistungskraft wieder herzustellen, indem es problemlos zwischen Anspannung und Entspannung wechselt. Der Tag ist ohnehin in einen Rhythmus aufgeteilt: Tag und Nacht, Wachen und Schlafen, Arbeit und Freizeit.
Pausen sind wie Balsam auf Geist und Seele. In Pausen hat unser Hirn Zeit, Abstand zur aktuellen Tätigkeit zu schaffen und sich zu regenerieren. Das baut Stress ab und steigert die Leistungsfähigkeit. Für die mentale Erfrischung ist der Schlaf eine wichtige Voraussetzung. Schlaf dient nicht nur der Erholung, sondern er ist entscheidend, um Lerninhalte und Erlebnisse im Gedächtnis ablegen zu können.
Das Smartphone ist zum zentralen Begleiter unseres Lebens geworden. Wer noch nicht einmal im Urlaub auf sein Handy verzichtet, ist mit der Außenwelt verbunden oder sogar mit beruflichen Belangen beschäftigt. Das kann den Stress zurückholen, von dem man sich gerade erholen wollte. Hier wäre „digitales Intervallfasten“ eine Alternative: also nur zu einem bestimmten Zeitpunkt das Handy nutzen und ansonsten offline bleiben nach der Devise: „Handy aus – Gehirn an!“
Erholung sollte nicht nur auf die Urlaubszeit geschoben werden. Auch im Lebensalltag sind Aktivitätszeiten im Wechsel mit Erholungsphasen lebenswichtig. Das Gehirn bedankt sich!

Michael Kühl-Lenjer verknüpft langjährige Vertriebs-, Führungs- und Trainingserfahrungen mit aktuellen Erkenntnissen der Gehirnforschung. Als Business-Trainer und Kommunikationsberater unterstützt er Unternehmen und Ausbildungsinstitute dabei, neurowissenschaftliche Aspekte in ihre Aus- und Weiterbildung einfließen zu lassen. Michael Kühl-Lenjer ist Mitglied in der Akademie für neurowissenschaftliches Bildungsmanagement (AFNB) und bezieht seine neurobiologischen Kenntnisse direkt von Wissenschaftlern.