Unzählige Bestsellerbücher suggerieren, man könne mit ein paar ganz einfachen Tipps zu unermesslichem Reichtum, durchschlagendem Erfolg und grenzenlosem Glück kommen. Der einschlägige Rat: „Einfach ein paar triviale Regeln befolgen und dann kommt der Rest von ganz allein.“ Doch leider funktioniert unser Gehirn nicht so trivial. Erinnerungen, Erfahrungen, antrainierte Verhaltensmuster lassen sich nicht einfach mal eben umkrempeln. Diese Muster zu durchbrechen und Veränderungen einzuleiten, ist ein kontinuierlicher Prozess.
Wir kennen sie alle, die Heilspriester, die uns gesund, reich und glücklich machen wollen. Es ist meist das gleiche Muster: eine gewagte Hypothese, ein paar positive Beispiele und ein paar praktische Tipps wie jeder es schaffen könne. „Denk positiv und Dein Leben wird sich grundlegend verändern“. Von solchen und ähnlichen Plattitüden lebt inzwischen eine ganz Branche und füllt alles, vom Bücherregal bis zum Stadion. Und zweifellos, wer diese Prediger einmal erlebt hat, der ist angetan. Da ist ein gewisses Charisma am Werk, dem sich die meisten nicht entziehen können.
Das macht auch nichts. Doch wenn die Euphorie dann erst einmal verflogen ist, wenn die Gesetze des Alltags wieder greifen, dann stellt sich die Erkenntnis ein, dass Veränderung so einfach nicht geht und positives Denken zwar schön ist, aber nicht ausreicht, um sein Leben umzukrempeln. Doch wie kommt es eigentlich, dass Veränderung so schwer ist? Warum wirken Motivationstrainings meist wie ein Strohfeuer, heftig, aber nur kurz?
Upgraden auf Brain 2.0?
Im Zeitalter der Beschleunigung sind wir oft der Illusion erlegen, dass alles ruckzuck ginge, vor allem schnelle Veränderung. Barrack Obama will es, viele wollen es und doch ist es so schwer, wenn wir es nachhaltig erreichen wollen. Dafür gibt es eine relativ einfache Erklärung.
Unser Gehirn funktioniert nämlich nicht wie ein Computer, den man einfach umprogrammieren könnte, wie wir oft denken. Unser Denkorgan ist auch gar nicht vorwiegend zum Denken da, sondern zur Regulation unserer Körperfunktionen und zur Aufrechterhaltung eines psychischen und physischen Gleichgewichts. Und der größte Teil dessen verläuft völlig unbewusst durch unseren inneren Autopiloten. Unsere intuitive Verhaltenssteuerung ist das Resultat langjährigen, in unser Erfahrungsgedächtnis integrierten Erlebens. Das sind meist bewährte Muster, die uns vielleicht nicht immer nützlich erscheinen, aber zumindest unser inneres Gleichgewicht nicht stören. Und sie sind stark.
Mit bewusstem Wollen können wir das meist nicht verändern. Und auch mentale Wunderheiler haben da nur begrenzte Wirkung mit ihrer Medizin. Es hilft auch keine Medizin allein. Wichtig für Veränderungsprozesse ist vor allem, unsere selbstbeschränkenden Verhaltensmuster durch solche Muster zu ersetzen, welche uns bessere Erfahrungen verschaffen. Das geht nur durch pro-aktives Tun und das ist ein kontinuierlicher Prozess. Es gibt kein Change auf Rezept und kein Rezept für Change. Change selbst ist das Rezept.
Erste Vorraussetzung für Veränderung ist eine gute Antwort zu finden auf die Frage „warum will ich mich verändern?“ Aus meiner Coaching-Erfahrung weiß ich, dass viele Menschen sich diese Frage gar nicht wirklich stellen. Das wichtigste dabei: Den bewussten Willen mit dem unbewussten Wollen (oder Nichtwollen) in Einklang bringen. Wenn Sie sich Ziele setzen, diese aber nicht erreichen, obwohl Sie „eigentlich“ könnten, ist meist der Antagonismus von Intention (Absicht) und Intuition die Ursache. Tun hätten Sie schon gewollt, aber machen haben Sie sich nicht getraut. Oder es ist schlicht die Angst davor, auf die Nase zu fallen. Da hilft dann auch kein positives Denken mehr weiter. Diesen Ängsten müssen Sie sich stellen, wenn Sie sie überwinden wollen.
Für die meisten Lottomillionäre hat sich im Leben kaum etwas Wesentliches verändert. Sie wollten reich werden, konnten sich aber offenbar nicht vorstellen, wie das wirklich ist. Und was wir uns nicht vorstellen können, wofür wir kein Programm entwickelt haben, hat kaum Aussicht, gelebt zu werden. Zur Upper Class zu gehören, bedeutet mehr als nur monetären Reichtum. Und so steht dann der Ferrari in der Garage aber der Job ist immer noch der gleiche.
Reichtum, Erfolg und Glück sind keine Primärziele, die wir durch den richtigen Kick einfach mal so erreichen. All das kann sich ergeben, wenn wir es schaffen, Ziele festzuklopfen, die zu uns passen, unsere Potentiale zu entwickeln und Hindernisse zu überwinden. Das ist Arbeit, erfordert Durchhaltevermögen, kostet Schweiß und manchmal auch Tränen – und nicht nur die Eintrittskarte zum Tschaka-Seminar. Veränderung ist ein Lernprozess, der an dem anknüpft, was wir sind und was wir können -und nicht dort wo wir gern hinwollen.
Motivieren können Sie sich nur selbst
Echte Motivation kommt immer von innen. Fachleute sprechen von intrinsischer Motivation. Nur wenn Sie positive Bewältigungserfahrungen machen und etwas besser wird als erwartet, so lehren uns Hirnforscher, nur dann wird Ihr Belohnungssystem im Gehirn durch einen Dopaminkick optimal aktiviert. Dann speichern Sie das erfolgreiche Verhalten als nützliche Strategie ab. Erfolge motivieren, nicht der Motivationstrainer und kein noch so guter Ratgeber. Letztere mögen Sie zwar inspirieren, aber ohne Ihr eigenes, aktives Tun bewegt sich gar nichts. Ihr Gehirn würde spätestens dann, wenn es schwierig wird, weiter die eingefahrenen Muster favorisieren, die es schon kennt. Denn das Dumme ist: Sie könnten ja auch scheitern. Das erzählt einem aber kaum ein Motivationstrainer. Nur unsere Intuition weiß das ganz genau.
Wenn tief in Ihrem Innern Zweifel daran rumoren, werden Sie die langfristig nur dann besänftigen können, wenn Sie Ihre Ressourcen nachhaltig aktivieren können um neue, tragfähige Wege in die Zukunft bauen. Für diesen Weg müssen Sie die Komfortzone verlassen. Wer etwas verändern will, muss auch bereit sein, etwas aufzugeben. Auf diesem Weg wird Sie kein Wunderheiler tragen. Den müssen Sie selbst gehen. Und sie müssen ein gutes Gefühl dafür haben, dass es sich lohnt.
Aber wenn sich dann der Erfolg einstellt, ist der Kick umso größer. Und wer es schafft, seine Potentiale immer weiter zu verfeinern, unterstützende soziale Bindungen aufzubauen, immer wieder Neugier zu entwickeln, der wird immer mehr Selbstbewusstsein entwickeln und dem wird dieser ständige Lernprozess auch Spaß machen. Und genau das ist auch gut für unser Gehirn. Es mag nichts lieber, als das Repertoire an Fähigkeiten zu erweitern. Das gibt dann den besseren Kick. Kein Strohfeuer, sondern eine nachhaltige Glut – womöglich lebenslang.

Dr. Constantin Sander hatte eine mehrjährige Karriere in der naturwissenschaftlichen Forschung hinter sich, als er in die Wirtschaft wechselte und dann in einem mittelständischen Unternehmen die Marketingleitung übernahm. Kommunikative Prozesse faszinierten ihn schon lange und so absolvierte er neben dem Job zunächst eine Ausbildung zum NLP-Master und später zum Integrativen Coach. Er betreibt in Heidelberg eine Coachingpraxis und berät Firmen im Marketing. Am liebsten geht er mit seinen Klienten in den Wald: „Dort gibt’s keine Wände, sondern Bäume, die fast in den Himmel wachsen. Und daher auch genug Inspiration für die manchmal eingeschränkte Wahrnehmung.“