Die neue Schlagfertigkeit – Das Prinzip Wortwitz

Bierernst auf vermeintliche Angriffe “Re-Agieren“: Mann gegen Mann, Frau gegen Frau, Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ist das noch sinnvoll im 21. Jahrhundert? Oder geht es auch anders? Der Dipl. Psychologe Valentin Nowotny zeigt Ihnen acht Prinzipien der neuen Schlagfertigkeit, mit denen Sie schnell, überraschend und sympathisch zum Ziel kommen. Heute: Das Prinzip Wortwitz

„…, aber die Pulle ist leer“

Mit Sprache andere zum Schmunzeln bringen heißt das Spiel mit den Worten ernst nehmen. Mr. Spock, der spitzohrige Vulkanier aus Raumschiff Enterprise, konnte damit überhaupt nichts anfangen: „Humor? Das ist etwas Seltsames, es ist nicht logisch“, kommentierte dieser mit hochgezogener Augenbraue. Wenn Sie die Dinge zuweilen auch so betrachten, dann ist Wortwitz Ihr Lernfeld.

Beispiel: „Ohne Flaschenzug schaffen Sie das nicht“ sagt ein etwas besserwisserischer Ingenieur zu zwei Arbeitern, die sich abmühten, einen schweren Steinblock zu bewegen. „Das wissen wir auch, aber die Pulle ist leer“ sagte in süffisantem Ton einer der beiden.

Unsere Sprache und unsere Gedanken sind eng miteinander verknüpft. Manchmal gehen unsere Gedanken auch der Sprache voraus. Bei manchem ist es jedoch auch umgekehrt. Sprachwitz macht sich dies zunutze und spielt mit solchen Erwartungen bzw. Kuriositäten. Unsere Sprache macht es möglich, Gefühle und Bedürfnisse auszudrücken. Insbesondere wirkt sich Lachen vorteilhaft auf die eigene Psyche aus. Deshalb muss es nicht verwundern, dass viele Menschen oft lachen, auch wenn die Sache selbst vielleicht gar nicht zum Lachen ist. Denken Sie an die Kraft politischer Witze wie den folgenden Klassiker aus der ehemaligen DDR: „Im Kapitalismus hat der Mensch den Menschen ausgebeutet, im Sozialismus ist es genau andersherum.“

Man sagt: „Ein Witz ist eine kurze, lacherregende Geschichte.“ Was ist dann Wortwitz? Das ist ein von der Art der Formulierung ausgehender Lachimpuls, der auf den Gegenüber ausstrahlt. In diesem Sinne gibt Humor Handlungsspielraum.

Berta Drews, die verstorbene Berliner Schauspielerin und Mutter von Götz George, soll zum Beispiel auf die Frage, ob es wahr sein, dass Ihr Mann sich vorgenommen hätte, mit dem Trinken aufzuhören, salomonisch erwidert haben: „Er schwankt noch“.

Was passiert im Gehirn?

Auf Sachinformationen folgen neuronale Aktivitäten, welche wiederum Vorstellungen, Emotionen, Reaktionen auslösen. Die neuronalen Aktivitäten werden dabei stets nach Eigeninteresse bewertet. Wenn Sie nun einen Witz machen oder eine spaßhafte Bemerkung wird das Eigeninteresse Lustgewinn des Gegenüber aktiviert. Andere Eigeninteressen, zum Beispiel jemanden anzugreifen oder zu destabilisieren, treten hingegen in den Hintergrund.

Zwei Jäger wandern durch den finsteren Wald. Plötzlich fällt der eine um und bleibt reglos liegen. Der andere ruft per Handy den Notarzt: „Mein Freund ist tot! Was soll ich tun?“ Der Arzt versucht zu beruhigen: „Entspannen Sie sich. Zuerst einmal müssen wir sicher gehen, dass er auch wirklich nicht mehr lebt.“ Stille – dann fällt ein Schuss. Der Jäger zurück am Telefon: „Okay, und was jetzt?“

Wie Mr. Spock ganz richtig sagen würde: „Da ist etwas nicht logisch!“ Aufgrund einer solchen „Inkongruenz“ sind wir für einen kurzen Moment irritiert, dann macht sich das Gehirn an die Lösung des Problems. Wir suchen nach einem Blickwinkel, aus dem die Pointe mit dem Rest der Geschichte in Einklang steht. Irgendwann quittieren wir diese überraschende Erkenntnis in der Regel mit einem Schmunzeln, der Erzähler wird uns ein Stück weit sympathisch.

Witziger werden und mit Humorlosigkeit umgehen

Wie können Sie noch witziger werden und was können Sie tun, wenn der andere zu wenig Spaß versteht? Die folgenden fünf Techniken helfen Ihnen, Ihre Handlungsspielräume auszuweiten:

  1. An Worte anschließen
    Die Situation entspannen und den Gegenüber zu Lachen bringen. Bei dieser Technik greifen Sie das letze gesagte Wort auf und formulieren mit diesem Stichwort einen komplett neuen Satz. Was der andere ursprünglich von Ihnen wollte, ist nicht Gegenstand Ihrer Antwort…
  2. Valentins Zitate
    Grundlage dieser Technik ist eine Sammlung von Karl Valentin Zitaten. Diese können Ihnen in vielen Situationen als Rettungsanker dienen. Je mehr Zitat-Beispiele Sie im Kopf haben, desto leichter können Sie diese im Alltag einsetzen…
  3. Metaphern ausbauen
    Die Sprache enthält viele bildhafte Ausdrücke, zum Beispiel: „Schnecken-tempo“ oder „Geld-regen“. Bei der Technik Metaphern ausbauen greifen Sie nun genau diese Bildwelten auf und spinnen sie ein wenig weiter…
  4. Mit Ambiguitäten arbeiten
    Bei dieser Technik erkennen Sie Mehrdeutigkeiten und entdecken hier Möglichkeiten für veränderte Bezüge. Diese werden dann für eine schlagfertige Antwort genutzt…
  5. Lieblingswortspiele
    Erinnern Sie sich an den Lieblingssatz von Altbundeskanzler Schröder? Wenn er jetzt sagen würde, was er dächte, hätten alle etwas zu lachen. Bei dieser Technik konstruieren Sie Ihre eigenen Lieblingswortspiele und bringen diese dann zum Einsatz …

 

Teilen

Dieser Artikel kann nicht kommentiert werden.