Alles Einstellungssache

Sticheleien am Arbeitsplatz, gegenseitiges Aufziehen unter Kollegen, Spott und Häme nach einer eigentlich belanglosen Panne – das sind am Ende noch die harmloseren Anlässe, auf die wir gerne schlagfertig reagieren würden. Wird das Verhalten unseres Gegenübers jedoch respektlos oder unverschämt mit versteckten Angriffen und Unterstellungen, sollte man sich entschieden zur Wehr setzen. Dafür ist Schlagfertigkeit ein gute Wahl.

Viele hoffen auf eine perfekte, brillante Antwort im richtigen Moment, um den anderen in die Schranken zu weisen. Aber »schlagfertig« geht schneller und sollte auch sofort passieren, damit wir nicht Stunden später bereuen: Das hätte ich auch noch sagen können …

Ab wann eine Antwort schlagfertig ist, erkennen wir daran, dass wir uns damit gut fühlen und eventuell zuhörende Dritte sich neugierig auf unsere Seite stellen. Wenn sogar der Angreifer schmunzelt, haben Sie für diese Situation den Jackpot geknackt. Allerdings ist ein witzige Konter nicht immer auch die bestmögliche Alternative. Fest steht jedenfalls: Schlagfertige meistern unangenehme Situationen einfach besser. Sie erhalten sich ihre Souveränität und bleiben gelassen, wenn jemand ihnen schaden will.

Doch leider gewinnen wir nicht immer, wenn wir zurückschlagen. Es gibt Situationen, in denen wir auf »das letzte Wort um jeden Preis« verzichten sollten. Manche Wortgefechte eskalieren, wenn wir es schaffen, den anderen zu treffen: Die Schlacht mag zwar gewonnen sein, aber der Krieg ist verloren! Schweigen und Überhören ist damit eine von zehn Methoden der Schlagfertigkeit, die jeder anwenden kann und die verhindern, dass man sich mit einer treffenden Antwort einen Feind fürs Leben schafft.

Angemessen und mit Niveau

Entscheidend ist, dass Sie im Sinn der Schlagfertigkeit angemessen (!) reagieren und rechtzeitig erkennen, wann Sie sich auf welches Niveau einlassen dürfen. Manchmal ist es besser, »das Brennholz unter dem Kessel wegzuziehen«, heißt es im Chinesischen. So werden Sie mit der frotzelnden Kollegin anders umgehen als mit dem unbeherrschten Chef oder einem aggressiven Störer im Publikum.

Während Schweigen und Überhören eine durchaus schlagfertige Möglichkeit ist, dem Angreifenden sein Publikum zu verwehren, können wir in anderen Situationen gezwungen sein, klare Grenzen aufzuzeigen oder einen unangebrachten Ton zurückzuweisen. Sie sollten mit erhobenem Haupt aus einer Auseinandersetzung gehen können. Oft hilft dabei der Perspektivwechsel, die Fähigkeit, eine Sache von mehreren Seiten zu sehen.
Jedes Ding hat drei Seiten – mindestens!

Ein Franzose im Smoking kommt mit einem Papagei auf der Schulter in eine Bar. Der Barmann sagt: »Wo kriegt man denn so was?« Antwortet der Papagei: »In Frankreich. Dort gibt’s Millionen solcher Typen.« –
Eine unerwartete Sichtweise hilft uns im Sinn der Schlagfertigkeit, unser Gegenüber aus seiner »Denkrinne« zu holen. Wir können ihn durch eine überraschende Intervention aus seinem Angriffsmodus hinauskatapultieren. Und Spaß machen solche »Spielchen« übrigens auch.

Wenn sich schon jemand ärgern muss, dann doch besser der andere!

Ärger entsteht immer dann, wenn etwas geschieht, was wir nicht erwartet haben. Wenn wir zum Beispiel »nur kurz zum Bäcker« reinspringen und dann bereits an unserem Auto einen Strafzettel finden. Oder wir warten an der Kasse, und ein anderer Kunde drängelt sich vor. Noch schlimmer ist das natürlich, wenn wir nur zwei Teile im Wagen haben.

Je weniger wir in unserem Leben gerade erwarten, desto seltener erden wir enttäuscht – und im Gegenzug sogar öfters angenehm überrascht  sein. Viele, die dann als Klienten im Coaching oder gar in der Therapie landen, leiden daran, dass sie vor Jahren auf eine schlagfertige Antwort verzichtet haben. Sie sind schlichtweg verstummt und in heutigen Situationen so sprachlos wie damals. Hinzu kommt, dass sie das Verhalten anderer Angreifer automatisch auf die gleiche Weise interpretieren wie beim ersten Mal. Und da sie in dem alten, trauriger Weise bewährten Muster hilflos reagieren, fühlen sie sich auch noch schuldig. Hier hilft es übungshalber einmal davon auszugehen, dass wir unserem Gegenüber ziemlich egal sind. Verweigern Sie ihm also, dass er Ihr Wohlbefinden in der Hand hat!

Wer Sie ärgerlich macht, beherrscht Sie! Doch warum sollten Sie jemandem so viel Einfluss auf Ihr Empfinden zugestehen? Unser Ärger ist eine Reaktion, die der andere sich von uns wünscht. Und das sollten wir ihm nicht gönnen! Trainieren Sie für solche Fälle also Standardantworten, die Sie immer parat haben. Lassen Sie sich dafür von Menschen in Ihrer Umgebung oder von Modellen aus dem öffentlichen Leben, aus Funk und Fernsehen inspirieren. Seien Sie vorbereitet!

Wer als Frau über eins neunzig groß oder als Mann unter eins sechzig klein ist, kann sich nicht damit entschuldigen, er habe »es« nicht gewusst. In beiden Fällen können sich Betroffene mit Standardantworten und bewusst geübten Verhaltensweisen darauf vorbereiten galant zu reagieren, wenn es wieder einmal seltsame Blicke oder direkte verbale Angriffe gibt, die sich auf die Körpermaße beziehen.

»Wer Fehler findet, darf sie behalten«, ist sehr oft eine passende Antwort gegen fragwürdige Kritik. Oder: »Ich bin nicht Ihrer Meinung, aber ich danke Ihnen für Ihre Äußerung.« – Selbst gar nicht zu reagieren und einfach intelligent zu schweigen, ist manchmal ein ebenso eleganter wie wirksamer Stil der Schlagfertigkeit.

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