Der Schlüssel zur Welt des Kunden

“Die Zahlen müssen stimmen, ran an die Kunden!” das sind die üblichen Schlachtrufe mit denen der Vertrieb auf die Kunden gehetzt wird. Es wird getrickst und getäuscht was das Zeug hält – und so mancher Verkäufer fühlt sich eher als Mitglied einer Drückerkolonne. Das Zuhören, was der Kunde wünscht und braucht und ein gewisses Maß an Empathie ist aber heute vielen Verkäufern abhandengekommen. Doch Schuld sind nicht die Verkäufer – es ist das Ergebnis der egozentrischen Vertriebslehren und der Strukturen ….

Empathisch zu sein, ist eine der Grundvoraussetzungen für Erfolg im Verkauf. Auf den Punkt gebracht: Nur ein empathischer Verkäufer kann erkennen, wie es dem Kunden wirklich geht und worauf es ihm ankommt.

Denn Einfühlungsvermögen ermöglicht es,

  • … die aktuelle Situation des Kunden zu verstehen und zu begreifen.
  • … bei Problemen und negativen Ereignissen mitzufühlen.
  • … ebenfalls Begeisterung für die Ziele und Visionen des Kunden zu entwickeln.
  • … sich selbst auch einmal außen vor zu lassen und den Gesprächspartner, dessen Einstellungen und Meinungen zu respektieren.
  • … Verständnis für andere Denkweisen und Werte zu entwickeln.

Andere Meinungen zu akzeptieren oder Sichtweisen zu respektieren ist kein Hindernis im Verkauf, sondern eine Chance. Die Chance, zuerst in die Welt des Kunden einzutreten und die Dinge aus dessen Sicht zu sehen. Um dann den Kunden in die eigene „Welt“ zu holen und zu prüfen, wo die Gemeinsamkeiten liegen. Am Ende kauft der Kunde wegen der Gemeinsamkeiten, nicht wegen der Unterschiede. Wenn die Gemeinsamkeiten groß genug sind, können sogar Unterschiede bestehen bleiben. Verkäufer, welche den Kunden immer und von allem überzeugen wollen, konzentrieren sich in erster Linie auf die Unterschiede. Dabei gibt es in fast allen Fällen, selbst wenn der Kunde starke Einwände hat, einen gemeinsamen Anknüpfungspunkt. Empathische Verkäufer erkennen diesen Ansatz und suchen gezielt danach. Sie entwickeln aus dem Verständnis für den Gesprächspartner heraus dessen Bereitschaft, auch die Sichtweise des Verkäufers verstehen zu wollen. Warum soll der Kunde den Verkäufer verstehen, wenn er das Gefühl hat, dass dieser nur an sich denkt? Der Kunde nimmt empathisches Verhalten etwa so wahr:

  • Der Verkäufer kann sich in meine Lage versetzen.
  • Der Verkäufer versteht, warum ich skeptisch, verärgert, kritisch oder begeistert bin.
  • Der Verkäufer teilt diese Gefühle mit mir, er gibt mir das Gefühl, dass es in Ordnung ist, wie ich denke und fühle.
  • Der Verkäufer argumentiert und bewertet aus meiner Sichtweise heraus.

Empathische Verkäufer sind also in der Lage, Verständnis für die Probleme und Wünsche der Kunden zu entwickeln. Und zwar nicht nur für die Probleme, die mit den eigenen Produkten oder Leistungen zu lösen sind, sondern auch für den Gesamtzusammenhang.

Vertriebsstrukturen und Verkaufsprozesse sind heute wenig Empathie fördernd

Die heutige Vertriebs- und Verkaufswelt lehrt uns oft das Gegenteil von Empathie, nämlich Abstraktion und Verallgemeinerung. Das Denken in Branchen, Zielgruppen und allgemeinem Nutzen suggeriert, dass es eine Kundenwelt gibt, die man auf dem Reißbrett konstruieren und gestalten kann. Die Folge ist, dass viele Verkäufer ihre Gesprächspartner eher abstrakt sehen, als Datensatz, Profil oder Mitglied einer Zielgruppe oder Branche. Dadurch reduzieren sie auch ihre Wahrnehmungsfähigkeit meist auf die Faktoren, die aus ihrer Sicht und Erfahrung zu dieser Gruppe passen. Sie haben ein bestimmtes Bild und tun alles dafür, dass die Realität diesem Bild entspricht. Abstraktionen und Generalisierungen verhindern den Aufbau von Empathie und sehen den Kunden nur aus der Verkäuferwelt heraus.

Die Empathie-Fähigkeit eines Verkäufers ist kein „Nice-to-have“, sondern eine Kernkompetenz!

Nutzen Sie die folgenden Gedanken, um Ihre Fähigkeit zur Empathie kontinuierlich auszubauen:

  • Ich wende mich bewusst meinem Kunden zu und stelle meine Meinungen und Erfahrungen erst einmal hinten an.
  • Ich nehme meinen Kunden aufmerksam wahr, konzentriere mich auf ihn und nehme so viele Signale wie möglich wahr (verbal und non-verbal).
  • Ich versuche mich, in seine Lage zu versetzen, es ist nicht wichtig, was ich tun würde, sondern was er gerade denkt und tut.
  • Ich stelle mir die Frage, was er wohl jetzt genau als Erstes von mir erwartet.
  • Ich frage, bis ich wirklich verstanden habe, in welchem Kontext die Aussagen des Kunden stehen.

Trainieren Sie immer wieder den Perspektivenwechsel. Denn das ist es, was Ihnen in Zukunft den meisten Profit bringt. Die Fähigkeit, sich in den Kunden, seine Situation, seine Probleme und Wünsche hineinzuversetzen. Finden Sie Ihr Empathie-Level, welches Ihnen und Ihrem Kunden am meisten nützt. Denn wie bei fast allen Verhaltensweisen ist weniger manchmal mehr. Zu viel Verständnis kann dafür sorgen, dass Sie Ihren Verkaufserfolg riskieren, weil Sie nicht mehr genügend Abstand zum Kunden haben. Und dann weinen Sie vielleicht mehr mit dem Kunden, anstatt ihn durch eine kluge Kaufentscheidung von seinem Problem zu befreien. Vielleicht kennen Sie ja die folgende Geschichte:

„Eine Gesellschaft Stachelschweine drängte sich an einem kalten Wintertage recht nah zusammen, um sich durch die gegenseitige Wärme vor dem Erfrieren zu schützen. Jedoch bald empfanden sie die gegenseitigen Stacheln, welches sie dann wieder voneinander entfernte. Wenn nun das Bedürfnis der Erwärmung sie wieder näher zusammenbrachte, wiederholte sich jenes zweite Übel, sodass sie zwischen beiden Leiden hin und her geworfen wurden, bis sie eine mäßige Entfernung voneinander herausgefunden hatten, in der sie es am besten aushalten konnten.“

Arthur Schopenhauer (1788 – 1860), Parerga 2, Kap. 31, § 396

 

 

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