Frauen kaufen anders

Alle zwischenmenschlichen Erfahrungen deuten darauf hin und auch die Hirnforschung zeigt: Frauen fühlen, denken, kommunizieren, entscheiden und kaufen anders als Männer. Doch in Management, Sales und Marketing wird diese Erkenntnis immer noch nicht ausreichend genutzt. Sowohl die Kaufkraft als auch das Einflusspotenzial der Frauen werden weiter massiv unterschätzt. Um bei beiden Geschlechtern erfolgreich zu sein, braucht es ein ‚männliches‘ und ein ‚weibliches‘ Verkaufsgespräch. Und diese sind sehr verschieden.

Bei aller Vorsicht vor Verallgemeinerungen hier ein paar Hinweise: Männer lieben klare Ansagen, Frauen blumig klingende Umschreibungen. Sie sind – und das ist hormonell bedingt – weniger risiko- und entscheidungsfreudig, dafür fürsorglicher und konsensfähiger. Sie präferieren das weiche und sanfte. Sie benutzen einen differenzierteren Wortschatz und reden deutlich mehr. Derbe Sprache erschreckt sie. Sie fühlen sich recht schnell angegriffen und verletzt. Während sich Männer im Konfliktfall bis aufs Messer bekämpfen, reagieren Frauen beleidigt.

Der ‚kleine‘ Unterschied

Männer wollen sich messen. Frauen wollen Konsens. Soziale Aspekte stehen bei letzteren im Vordergrund. Wenn sie mit am Besprechungstisch sitzen, dreht sich vieles um die Frage: „Wie geht es den Menschen dabei?“ Frauen nehmen sich der Harmonie willen oder aber, um gute Beziehungen zu schützen, eher zurück. Sie gehen weniger zielgerichtet vor. Sie sammeln Informationen weniger strukturiert und geben sie auch weniger strukturiert weiter.

Wenn Frauen Entscheidungen treffen, bleibt das Hirnareal länger aktiv, das sich mit der Fehleranalyse und mit potenziellen Gegenreaktionen beschäftigt. Während Männer sich wichtig machen, unbeirrt und siegessicher auftreten, zweifeln Frauen leichter und rechnen mit Gegenwind. Sie stellen sich selbst in Frage, suchen Fehler eher bei sich – und verkaufen sich so unter Wert. Viele Frauen scheitern nicht an ihrem Können oder ihrer Leistungsbereitschaft. Sie scheitern an ihrer Bescheidenheit und ihren Selbstzweifeln.

Auf dem Weg nach oben behindern sich Frauen also vielfach selbst. Sie tun sich auch deshalb so schwer, weil sie die Regeln karriereförderlicher Machtspielchen einfach nicht verstehen, weil sie ihren Platz in der Gruppe nicht suchen, die Befehlskette überspringen, den Oberen das angesagte Anbetungsritual verweigern und nicht in ihrem Schlepptau laufen. Frauen sind sich allerdings auch viel zu schade, um im ‚Menschenschach‘ verheizt zu werden. Denn Frauen geht es um die Sache, nicht um Positionen. Frauen jagen Wissen, während Männer ihre Gegner jagen.

Männliche und weibliche Kommunikation

Das Wissen um die Unterschiede kann bei Verhandlungen sehr wertvoll sein. Hier im Überblick einige Aspekte des typisch weiblichen bzw. typisch männlichen Kommunikationsverhaltens:

 

Eigenschaften

Frauen

Männer

Stimme

leise und hoch (wirkt schwach)

laut und tief (wirkt stark)

Wortschatz

größer; reden viel und ‚um den heißen Brei‘; differenziertere, detailliertere und sorgfältigere Wortwahl, intensivierend

kleiner; reden wenig und kommen auf den Punkt; Wortwahl direkter, unbedachter, mit Kraftausdrücken durchsetzt

Geschriebene Sprache

Verbalstil, kurze Sätze und einfache Worte, blumig

Substantivierungen, lange und komplexe Sätze, strukturiert

Gesprächsanteil

reden weniger und kürzer

reden öfter und länger

Unterbrechen andere

selten

häufig

Bestimmen das Thema

selten

häufig

Diskussionen

kooperativ, konsensorientiert

konfrontativ, konfliktorientiert

Fragen

aus Interesse

um Thema zu besetzen

Entscheidungen

zögerlich

vorantreibend

Hierarchie

Beziehungsgleichgewicht

oben und unten

Weichmacher (eigentlich, vielleicht, nicht wahr …)

viele

wenige

Rückmeldesignale (aha, ach so, klar, prima …)

oft

selten

Aufforderungsstil

indirekt und wenig dominant: Könnten Sie … es würde mich freuen; viel: bitte und danke

direkt und dominant: Können Sie …es freut mich …; wenig: bitte und danke

Sprachrituale

bedanken, rechtfertigen und entschuldigen sich häufiger, machen sich schlecht

neigen zum Opponieren aus Prinzip, setzen Wissen als Positionierungsfaktor ein, entschuldigen sich wenig

Sprachinhalt

reden mehr über ihre Probleme; emotional; benutzen Umgangssprache

reden mehr über ihre (Helden-) Taten; abstrakt, nüchtern; benutzen Fachsprache

nonverbal

senden mehr nonverbale Zeichen und können sie auch besser decodieren

schwacher nonverbaler Ausdruck, Fehlinterpretationen beim decodieren

Beziehung

Wir (gemeinschaftsorientiert)

Ich

(selbstzentriert)

Selbstwert

machen sich schlecht, unterschätzen sich

prahlen, überschätzen sich

Marotten

andere erziehen wollen, ungefragt helfen, nicht nein sagen können, Wünsche vage umschreiben, Kritik persönlich nehmen, hinten herum über andere reden, schmollen

nicht zuhören, Ratschläge erteilen, Gefühle trivialisieren, unbedingt Recht haben wollen, andere niedermachen, Rückzug auf die ‚einsame Insel‘

In Anlehnung an: Helmut Ebert u.a.: Die Bedeutung von Sprache und Geschlecht in der Unternehmenskommunikation (Handbuch Kommunikationsmanagement, Januar 2006)

Frauenversteher sein

Was macht Frauen so anders? Hierzu geben uns die Hirnforscher folgende Antworten:

  • Teile des Balkens, der unsere beiden Hirnhälften verbindet, sind bei Frauen dicker als bei Männern. Die Vernetzung beider Hirnhälften ist hierdurch höher.
  • Während Frauen in beiden Hirnhälften Sprachzentren besitzen, nutzen Männer bei der Kommunikation vor allem die analytischere linke Hemisphäre
  • Der Hormonhaushalt wird unterschiedlich gesteuert. Die Vorherrschaft weiblicher Hormone verändert das Fühlen, Denken und Handeln.
  • Farb-, Geruchs- und Geschmackswahrnehmungen sowie das periphere Sehen, das frequenzielle Hören und die Feinmotorik sind verschieden.
  • Die Spezialisierung der Hirnhälften ist bei Männern stärker ausgeprägt. Testosteron beeinflusst die linke Hirnhälfte und bewirkt das Schritt-für-Schritt-Denken sowie den ‚Tunnelblick‘. Es positiviert und treibt an. Es fördert das ‚Eckige‘.
  • Östrogene wirken stärker auf die rechte Hirnhälfte. Sie führen zu einem ganzheitlichen und gleichzeitig detailstarken, vernetzten Denken, zum Wir-Gefühl, zu Fürsorge, zu Empathie und zu mehr Phantasie, aber auch zu größerer Vorsicht und zu mehr Zweifeln. Sie fördern das ,Runde‘.

Wie Männer und Frauen kaufen

Es ist inzwischen vielfach belegt, dass Männer weniger Zeit fürs Einkaufen verwenden, dass sie zielstrebig die Gänge entlang eilen, den Regalen weniger Blick-Stopps schenken und damit weniger Vielfalt sehen, schnell ungeduldig und genervt reagieren und sich zu allem Überfluss auch noch jeder Hilfe verschließen.

Was die Aufenthaltsdauer betrifft, haben Untersuchungen aus den USA dem Einzelhandel sehr interessante Erkenntnisse gebracht: So bleiben durchschnittlich

  • 8 Minuten und 15 Sekunden: Frauen in weiblicher Begleitung
  • 7 Minuten und 19 Sekunden: Frauen mit Kindern
  • 5 Minuten und 2 Sekunden: Frauen allein
  • 4 Minuten und 41 Sekunden: Frauen mit Männern

Männer, so erzählt mein Autohändler, umrunden zunächst ihr Objekt des Interesses, begutachten die breiten Reifen, den Auspuff, die windschnittige Form und werfen dann einen Blick unter die Motorhaube. Schließlich drehen sie an allen Knöpfen. Frauen interessieren sich für die Farbe, die bequemen Sitze, die Airbags und den geräumigen Kofferraum. Viele Frauen reden mit ihrem Auto und geben ihm einen Namen. Für sie ist das Auto so etwas wie ein Familienmitglied – für Männer hingegen der Jagdgefährte.

Der Psychologe und Buchautor Hans-Georg Häusel stellte bei einer Untersuchung zum Einkaufsverhalten in Sportgeschäften fest, dass weibliche Joggingfans ihren Erstbesuch in der Bekleidungsabteilung starten, um zunächst mit viel Geschmack das passende Dress auszuwählen, während männliche Neu-Jogger schnurstracks in die Sportschuh-Abteilung eilten, wo sie sich vor allem für die funktionale Seite – wie beispielsweise für den Aufbau der Sohle und die Schockdämpfung – der Laufschuhe interessierten.

Was können diese Beispiele für Ihre eigene Arbeit bedeuten? Was müssten Sie gegebenenfalls verändern? Die einfache Frage: „Wie attraktiv ist unser Produkt bzw. Service für Frauen?“ bringt Sie schon mächtig voran.

Unterschiedliche Verkaufsgespräche

Gerade im Verkaufsgespräch spielen die geschlechterspezifischen Unterschiede eine bedeutende Rolle. Im Klartext: Sie brauchen zwei unterschiedlich strukturierte Verkaufsgespräche. Und da stehen Verkäufer vor der zugegebenermaßen nun wirklich schwierigen Ausgabe, sich in das jeweils andere Geschlecht hineinzudenken. Sehr hilfreich ist es deshalb, sich kontinuierliches Feedback zu holen, etwa wie folgt: „Wie wirkt das auf Sie?“ – „Wie kommt das bei Ihnen an?“ – „Wie gehen Sie damit um?“

Wenn beispielsweise Männer an Frauen verkaufen, stellen sie häufig ihre eigene Sichtweise in den Vordergrund. Dies ist in vielen Anzeigen, Werbeprospekten und Fernsehspots mit erschreckender, manchmal geradezu sexistischer Deutlichkeit zu sehen. In einem Radiospot, in dem es um den Absatz von Sonnenliegen ging, stöhnten diese beispielsweise lustvoll vor sich hin und erzählten sich gegenseitig, welch tolle Mädels sich gerade auf ihnen räkelten. Die Frau als sexuelle Beute: Ein typisches Männerdilemma. Simple Frage: Wer kauft wohl hauptsächlich Sonnenliegen?

Frauen als Zielgruppe

„Unternehmen, die marktwirtschaftlich denken und handeln müssen, können es sich keinen Moment länger leisten, eine so große und wichtige Zielgruppe wie die Frauen zu ignorieren“, schreibt Diana Jaffé in ihrem Buch Der Kunde ist weiblich. „Und diejenigen, die die Frau als Kunde bereits entdeckt haben, müssen sich fragen, ob sie das Richtige tun.“

Dabei sind die folgenden Schlüsselfragen hilfreich:

  • Was wissen wir über die Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Kunden?
  • Befragen und beteiligen wir Frauen, um zu erfahren, wie Frauen ticken?
  • Haben wir unsere Kundendaten schon einmal geschlechterspezifisch analysiert? Welche Muster erkennen wir? Und was lernen wir daraus?
  • Wie gut integrieren unsere Vertriebsstrategien und -strukturen weibliches Denken und Handeln?
  • Sind unsere Produkte, wenn wir sie auch an Frauen verkaufen, auf Frauenwünsche, Frauendenke und Frauenhände ausgerichtet? Und woher wissen wir das?
  • Haben sich unsere Verkäufer auf weibliche Kommunikationsmuster eingestellt? Berücksichtigen sie weibliches Sozialverhalten? Werden Frauen (beispielsweise auch Sekretärinnen) bevormundet und eingeschüchtert oder aber gewertschätzt und respektiert?
  • Haben wir das hohe Loyalisierungs- und Empfehlungspotenzial bei Frauen bereits erkannt? Und wie nutzen wir es?

Eins noch zum Schluss: Da im Business sozialverträgliche Komponenten und im Verkauf Emotionen immer wichtiger werden, muss man nun endlich die ans Ruder lassen, die davon am meisten verstehen: die Frauen.

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