Für jeden die richtigen Worte finden

„Verdammt, warum fand ich zu der Person keinen Draht?“. Das fragen wir uns oft, wenn zum Beispiel ein Mitarbeiter- oder Verkaufsgespräch nicht wie gewünscht lief. Eine Ursache hierfür ist: Wir Menschen haben verschiedene Wertesysteme sowie Denk- und Kommunikationsstile. Wer sie kennt, kann sein Gesprächsverhalten anpassen und kommt so leicht und schneller zum Ziel.

Montagmorgen. Bereichsleiter Huber trifft sich mit Mitarbeiter Mayer zum Zielvereinbarungsgespräch. Unter vier Augen möchte er seinem Mitarbeiter unter anderem vermitteln, was er von ihm erwartet – gerade in der wirtschaftlich schwierigen Lage, in der sich das Unternehmen aktuell befindet. Deshalb informiert Huber seinen Mitarbeiter zunächst über die aktuellen Umsatz- und Ertragszahlen. Dann erläutert er ihm, warum sich diese in den kommenden Monaten vermutlich weiter verschlechtern werden. Gebannt lauscht Mayer den Aussagen seines Chefs. Denn dass dieser so offen mit ihm spricht, ist für ihn ein Zeichen von Vertrauen.

Nachdem Hubers Ausführungen beendet sind, sagt Mayer denn auch: „Das sieht nicht rosig aus“. Entsprechend leicht fällt es Huber, seinem Mitarbeiter zu vermitteln, dass er von ihm in den kommenden Monaten ein besonders starkes Engagement erwartet – „obwohl in diesem Jahr leider eine Gehaltserhöhung nicht möglich ist“. Das leuchtet Mayer ein. Also sagt er gegen Ende des Gesprächs zu seinem Vorgesetzten: „Auf mich können Sie sich verlassen.“ Dieses Gefühl hat auch Huber. Deshalb atmet er, nachdem Mayer den Raum verlassen hat, erleichtert durch. Denn er ist überzeugt: Soeben habe ich einen Mitstreiter gewonnen.

Zwei Stunden später. Bereichsleiter Huber sitzt mit Mitarbeiter Müller zusammen – ebenfalls um ein Zielvereinbarungsgespräch zu führen. Erneut schildert er die Unternehmenslage anhand der in Excell-Tabellen aufgelisteten Umsatz- und Ertragszahlen. Dabei hat er jedoch das Gefühl: Irgendwie erreiche ich mein Gegenüber nicht. Nachdem Huber seine Ausführungen beendet hat, fragt Mitarbeiter Müller denn auch unbeeindruckt: „Und was heißt das nun für mich?“ Dabei hängt unverkennbar Spannung in der Luft. Leicht verunsichert sagt Huber seinem Mitarbeiter, was er von ihm erwartet, obwohl keine Gehaltssteigerung möglich ist. Und Mitarbeiter Müller? Er nimmt die Infos seines Chefs sozusagen entgegen.

Entsprechend unzufrieden ist Huber, nachdem Müller sein Büro verlassen hat. Nicht weil er Angst hätte, dass dieser seine Pflicht nicht erfüllt – hierfür ist Müller ein viel zu guter Mitarbeiter. Huber plagt vielmehr das Gefühl: Ich konnte Müller nicht klar machen, wie prekär unsere Situation zur Zeit ist. Deshalb schluckte er zwar die Kröte „Ich muss mehr arbeiten, ohne mehr Geld zu bekommen“, insgeheim dachte er aber: Die wollen noch mehr Leistung aus mir heraus zu quetschen. Und dieses Empfinden wird auf die Dauer die Arbeitszufriedenheit und somit Loyalität von Mitarbeiter Müller mindern. Das weiß Huber.

Menschen „ticken“ verschieden

Ähnliche Erfahrungen wie Bereichsleiter Huber sammeln wir im (Arbeits-)Alltag oft. Immer wieder registrieren wir in ihm, dass unsere Botschaften bei Gesprächspartnern unterschiedlich ankommen – obwohl wir dieselben Worte benutzen. Und zwar unabhängig davon, ob wir als Verkäufer Kunden für unsere Produkte erwärmen möchten. Oder als Projektleiter anderen Personen in Meetings unsere Ideen nahe bringen möchten. Oder als Führungskräfte unsere Mitarbeiter von gewissen Notwendigkeiten überzeugen möchten.

Dabei stellen wir immer wieder fest: Während unsere Aussagen bei der einen Person voll ankommen, lassen sie die andere völlig kalt. Das kann viele Ursachen haben. Zum Beispiel, dass unsere Gesprächspartner ein unterschiedliches Know-how haben. Oder aufgrund ihrer Position im Unternehmen verschiedene Sichtweisen. Mindestens ebenso oft klappt die Kommunikation aber auch nicht, weil unsere Partner andere Typen oder Persönlichkeiten als wir sind. Sie „ticken“ sozusagen anders.

Dies machen wir uns oft nicht ausreichend bewusst. Deshalb funken wir bildhaft gesprochen zuweilen auf dem falschen Kanal und sind anschließend überrascht, dass unsere Botschaften entweder nicht oder anders als gemeint ankommen. Die Hauptursache hierfür ist: Die Wertesysteme von uns Menschen sind verschieden. Während zum Beispiel für den einen materieller Erfolg sehr wichtig ist, hat für den anderen soziale Anerkennung höchste Priorität. Und wieder ein anderer möchte vor allem etwas erleben. Sein Leben soll nicht monoton und mausgrau sein.

Unterschiedliche Denk- und Kommunikationsstile

Diese Werte prägen unseren Denkstil und der wiederum unseren Kommunikationsstil. So haben zum Beispiel Menschen, die alles primär unter dem Gesichtspunkt „Rechnet sich das für mich (oder uns)?“ bewerten, meist einen eher logischem Denkstil. Dem entspricht ihr Kommunikationsstil. Sie bevorzugen kurze und prägnante Aussagen. Sie lieben Zahlen, Daten und Fakten. Und sie sind irritiert, wenn andere Menschen – in ihren Augen – um den heißen Brei herum reden und nicht auf den Punkt kommen.

Anders ist dies bei Menschen, denen es wichtig ist, Neues zu entdecken und zu erleben, und denen es davor graut, sich stets auf ausgetretenen Wegen zu bewegen. Traktiert man sie mit Zahlenkolonnen, fangen sie innerlich an zu gähnen. Denn Zahlen spiegeln für sie nur die Vergangenheit wider. In ihnen steckt kein Geist. Sie bringen sie nicht zum Träumen. Sie inspirieren sie nicht. Ähnlich ist die Reaktion bei Personen, denen die menschliche Beziehungen sehr wichtig sind. Auch sie beeindrucken Zahlen kaum. Denn nackte, kalte Zahlen spiegeln in ihren Augen nicht das Leben wider.

Werte und Denkstile

Was passiert nun, wenn zum Beispiel ein Bereichsleiter mit einem eher logischen Denk- und Kommunikationsstil auf einen eher beziehungsorientierten Mitarbeiter trifft? Der Bereichsleiter überschüttet den Mitarbeiter, sofern ihm der Unterschied nicht bewusst ist, mit Zahlen, Daten und Fakten. Denn er nimmt an: Diese überzeugen meinen Gegenüber ebenso wie mich. Außerdem kommt er unmittelbar zur Sache und verzichtet auf alle warmen, einleitenden Worte. Nicht in böser Absicht, sondern weil er denkt: „Der Herr Müller kennt mich seit Jahren. Deshalb weiß er, wie ich zu ihm stehe. Also kann ich auf den Smalltalk verzichten – schließlich haben wir wichtigeres zu tun.“

Anders erlebt der Mitarbeiter die Situation. Er denkt: „Jetzt spricht mein Chef endlich mal mit mir unter vier Augen und was macht er: Er fragt mich nicht mal, wie es mir geht. Statt dessen haut er mir Zahlen um die Ohren und fordert von mir, dass ich mehr arbeite – gerade so, als hätte ich bisher auf der faulen Haut gelegen.“ Das, was der Bereichsleiter seinem Mitarbeiter eigentlich sagen möchte, kommt bei diesem also entweder gar nicht an, oder er bekommt die Info, bildhaft gesprochen, in den falschen Hals.

Alle Aussagen werden im Gehirn bewertet

Dass der Mitarbeiter auf das Verhalten und die Aussagen seines Chefs so reagiert, liegt nicht daran, dass er eine Mimose ist – das unterstellen Führungskräfte ihren Mitarbeitern gern. Nein, der Mitarbeiter kann nicht anders reagieren – zumindest wenn er nicht weiß, was für ein Typ sein Vorgesetzter ist, um dessen Worte sowie Verhalten folglich adäquat einordnen kann. Aus folgendem Grund: Wenn eine andere Person etwas zu uns sagt, dann bewertet das limbische System in unserem Gehirn zunächst einmal diese Aussage. Aufgrund unseres Wertesystems entscheidet es, ob die Aussage zum Beispiel eher wichtig oder unwichtig, gut oder schlecht, spannend oder langweilig ist. Erst danach leitet das limbische System die Information verknüpft mit der betreffenden Emotion an das Großhirn weiter, und entsprechend reagieren wir anschließend auch.

Limbische Wende

Führungskräfte sollten deshalb, damit ihre Botschaften ankommen, diese so verpacken, dass sie vom limbischen System des jeweiligen Mitarbeiters als bedeutsam empfunden werden; des Weiteren, dass sie möglichst viele positive Assoziationen sowie Emotionen auslösen. Zum Beispiel: Mein Chef vertraut mir, deshalb informiert er mich so detailliert. Oder: Mein Chef traut mir zu, dass ich einen positiven Beitrag zum Bewältigen der Krise leisten kann.

Dies ist leichter gesagt als getan. Denn um unsere Botschaften so zu verpacken, müssen wir zunächst wissen: Welchen Kommunikations- und Denkstil und welches Wertesystem hat mein Gegenüber? Dies lässt sich mit Persönlichkeitstests ermitteln, wie sie häufig im Rahmen von Personalauswahlverfahren eingesetzt werden. Solche Tests kann man aber nicht immer durchführen. Ein Produktentwickler kann zum Beispiel zu seinem Vorgesetzten, bevor er ihm seine Ideen präsentiert, nicht sagen: „Chef, fülle erst mal den Test aus, bevor ich ..“ Ebenso verhält es sich bei Verkäufern vor Verkaufsgesprächen und Vertragsverhandlungen. Also brauchen wir andere Instrumente, um zu ermitteln: Auf diesen Kommunikationsstil sollte ich setzen, weil …

Das Wertesystem des Partners ermitteln

Bei dieser Vor-Entscheidung hilft oft, dass in den meisten Berufen bestimmte Typen überproportional häufig vertreten sind. So spielt zum Beispiel im Wertesystem der meisten Beamte das Thema Sicherheit eine große Rolle, und dies spiegelt sich in ihrem Denk- und Kommunikationsstil wieder. Überraschend ist dies nicht. Denn die mit dem Wert Sicherheit verbundenen Eigenschaften sind in ihrem Beruf gefragt. Ebenso verhält es sich mit den Personen, die bestimmte Positionen in Unternehmen innehaben. Vertriebsleiter haben in der Regel ein anderes Wertesystem und einen anderen Denk- und Kommunikationsstil als die Leiter der Forschungsabteilungen.

Ebenfalls ein Indiz für das Wertesystem unserer Gesprächspartner kann sein, wie deren Büros eingerichtet und gestaltet sind. Stehen im Büro zum Beispiel viele Pflanzen und hängen dort zahlreiche Bilder von geliebten Menschen, ist alles eher in warmen Farben, dann spricht dies dafür: Der „Bewohner“ ist ein beziehungsorientierter Typ. Stellen im Büro hingegen nur einige, außergewöhnliche Designermöbel und hängen an den Wänden nur originelle Zeichnungen, dann liegt nahe: Der „Bewohner“ ist eher ein experimenteller Typ. Ein Indikator für das Wertesystem unseres Partners ist neben der genutzte Sprache auch die Art, wie er die Begrüßung gestaltet: Erhebt er sich vom Schreibtisch und kommt er auf uns zu oder ….? Kommt er gleich zur Sache oder ….?

Anhand solcher Faktoren können wir eine erste Einschätzung vornehmen. Doch Vorsicht! Stecken Sie eine Person nie vorschnell in eine Schublade, aus der es kein Entrinnen gibt. Aus folgenden Gründen: Mehr als Indizien liefern uns die genannten Elemente nicht. Und was noch wichtiger ist: Untersuchungen zeigen: Nur vier Prozent aller Menschen lässt sich genau ein Denkstil zuordnen. Bei den meisten sind zwei oder gar mehr Stile überproportional stark ausgeprägt. Letztlich lautet die Frage, die wir uns stellen sollten, also nicht: Welchen Denk- und Kommunikationsstil hat unser Gegenüber? Sondern: Welche Denk- und Kommunikationsstile sind bei ihm überproportional stark ausgeprägt? Welche Stile dominieren sozusagen die anderen.

Die Argumentation und Sprachstil anpassen

Wissen wir dies, können wir daraus ableiten, was unserem Gegenüber besonders wichtig ist. Also können wir auch entscheiden, welche Kernbotschaften im Zentrum unserer Rede oder Argumentation stehen sollten, weil sie unserem Gegenüber aus seiner Warte den größten Nutzen bieten und bei ihm die meisten positiven Gefühle auslösen. Dies setzt voraus, dass wir im Vorfeld die für die verschiedenen Typen relevanten Kernbotschaften ermittelt haben. Bei einer Person, für die der materielle Gewinn besonders wichtig ist, kann dies zum Beispiel die durch eine Lösung erzielte Zeit- und Kostenersparnis sein. Und bei einer Person, die auf Sicherheit großen Wert legt, kann die Argumentation darauf abzielen, wie fehlerfrei eine Maschine arbeitet und wie gering der Wartungsbedarf ist.

Wichtig ist aber nicht nur, dass wir an unsere Partner die richtigen Botschaften senden. Wir sollten sie auch so verpacken, dass sie ankommen. Denn richtig verpackt kann ein- und dasselbe Nutzenargument dazu führen, dass alle Partner sagen: Ja, das will ich haben. Hierfür ein Beispiel. Nehmen wir an, Sie möchten, Ihre Kollegen davon überzeugen, dass eine bestimmte Maschine angeschafft wird. Dann kann Ihre Argumentation bei einem eher logischen Denker lauten: „Diese Maschine verringert die Ausfallzeiten um 80 Prozent. Dadurch steigt unsere Produktivität um fünf Prozent. Hierdurch erhöht sich unser Ertrag um 20 000 Euro.“ Bei einem experimentellen Typ könnte die Argumentation lauten: „Stellen Sie sich eine Produktion vor, die völlig pannenfrei läuft. Dieser Vision nähern wir uns mit dieser Maschine, denn sie ….“ Bei Personen mit einem strukturierten Denkstil: „Mit dieser Maschine sinkt das Risiko eines Produktionsausfalls um 20 Prozent – das garantiert der Hersteller. Deshalb können wir auch unseren Kunden zusichern, dass ….“ Und bei einem eher gefühlvollen Typ: „Zu dieser Maschine kann ich mit ganzem Herzen ja sagen, denn mich überzeugt auch der Service des Anbieters. Außerdem entstehen weniger Störungen und somit Stresssituationen in der Produktion. Das wirkt sich auch positiv auf das Betriebsklima aus.“ Bei einer so typgerechten Argumentation ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Ihre Botschaften bei Ihren Kollegen ankommen und diese Ihre Vorschläge zumindest wohlwollend prüfen.

Kernbotschaften-Generator

Im Gespräch sollten Sie jedoch stets prüfen: War meine Einschätzung des Gegenübers richtig? Deutlich merken Sie dies an den Einwänden. Sagt ein Gesprächspartner: „Das wird aber teuer“, dann können sie ziemlich sicher sein: Diese Person hat einen logischen Denkstil. Ebenso ist es, wenn ein Gesprächspartner fragt: „Kommen unsere Mitarbeiter mit der Maschine auch zurecht?“ Dann können sie relativ sicher sein: Ihr Gegenüber ist ein gefühlvoller Typ, dem das Thema Beziehungen sehr wichtig ist.

Das Wertesystem Ihrer Gesprächspartner können Sie auch ermitteln, indem Sie diese zum Beispiel direkt fragen:

  • „Welche Anforderungen müsste eine solche Maschine aus Ihrer Warte erfüllen?“ Oder:
  • „Unter welchen Voraussetzungen würden Sie dem Kauf einer solchen Maschine zustimmen?“
  • In beiden Fällen nennen Ihnen Ihre Partner ihre wichtigsten Entscheidungskriterien, und Sie können Ihre Argumentation und Ihren Kommunikationsstil anpassen, was Ihre Erfolgsaussicht erhöht.

 

Einige Leser mögen nun denken: Ich habe doch auch eine Persönlichkeit. Wenn ich eher ein logisch-rationaler Typ bin, dann wirkt es doch unglaubwürdig, wenn ich mich plötzlich als Visionär präsentiere. Stimmt! Sie sollen sich ja auch nicht verbiegen. Sie sollten aber versuchen, Ihren Partner zu verstehen, und zwei, drei Schritte auf ihn zu zu gehen. Wenn Sie dies tun, werden Sie merken: Auch er bewegt sich auf sie zu und eine echte Kommunikation entsteht. Und noch etwas werden Sie merken: Je häufiger Sie dies tun, umso variabler wird Ihr Gesprächsverhalten und umso leichter fällt es Ihnen, den gewünschten Draht zu Gesprächspartnern aufzubauen. Denn letztlich stecken in jedem Menschen alle vier Denk- und Kommunikationsstile. Sie sind nur verschieden stark ausgeprägt … und trainiert.

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