KI ist die erste Technik, die selbst erklären kann, wie sie funktioniert. Das ist revolutionär. Es bedeutet, dass wir nicht länger allein auf klassische Wissensvermittlung angewiesen sind. Das verändert unter anderem auch die Rolle von Trainerinnen und Trainern.
In einer Welt, in der KI uns nicht nur unterstützt, sondern auch Wissen aufbereiten und erklären kann, wird die Aufgabe des Trainers weniger darin bestehen, Fakten zu vermitteln. Stattdessen wird die Begleitung der Lernenden zentral: Emotionen, Motivation und der Transfer des Gelernten in die Praxis stehen im Vordergrund. Je mehr Technik uns zur Verfügung steht, desto wichtiger wird der menschliche Part. Denn Technik allein reicht nicht – sie braucht den Kontext und die Verbindung, die nur Menschen schaffen können.
KI als flexibler Lernbegleiter
Nehmen wir das Beispiel einer Studentin, die im Zug an einer komplexen Aufgabe aus der Biochemie scheiterte. Ich sprach sie an und wir haben die KI dann angewiesen, das Thema für eine Zwölfjährige zu erklären. Plötzlich verstand sie Zusammenhänge, die vorher unerreichbar schienen, und konnte direkt besser lernen.
Ebenso können wir die KI bitten, uns neue Themen zu erschließen. Von den Grundlagen bis zu tiefen Details: KI passt sich deinem Vorwissen an, erklärt Themen anschaulich und beantwortet Fragen in der Tiefe. Doch wie kommt man zu den richtigen Fragen? (Dazu auch später noch mehr im Buch.) Genau hier zeigt sich die wahre Stärke der KI. Sie hilft nicht nur beim Beantworten, sondern auch beim Strukturieren und Finden der richtigen Ansätze. Indem sie uns neue Perspektiven aufzeigt, erleichtert sie nicht nur das Verstehen, sondern auch das aktive Anwenden des Wissens.
Ein effektiver Einstieg ist, die KI global zu einem Thema zu befragen: Welche Erfolgsfaktoren gibt es? Was machen andere Unternehmen oder Teams in ähnlicher Situation? Dabei kann die KI nicht nur Antworten geben, sondern auch Strukturen und Zusammenhänge gut darstellen.
Eine Mindmap könnte zum Beispiel so aussehen: Die KI liefert dreißig oder fünfzig Themenpunkte – je nachdem, wie tief du einsteigen möchtest. Vielleicht wirken einige Punkte auf den ersten Blick irrelevant, doch andere sind genau die Inspiration, die dir gefehlt hat. Indem du die Punkte bewertest und priorisierst, kannst du die wichtigsten Aspekte auswählen und vertiefen. Diese strukturierte Herangehensweise hilft nicht nur beim Verstehen, sondern auch beim Verankern neuer Inhalte im Gedächtnis.
Tiefer eintauchen und vergessenes Wissen aufdecken
Der nächste Schritt ist, immer spezifischere Fragen zu stellen. Die KI kann dir nicht nur erklären, was du wissen möchtest, sondern auch ergänzen, was du vielleicht übersehen hast. Eine einfache Frage wie »Was haben wir noch nicht besprochen?« reicht oft aus, um Lücken zu identifizieren.
Darüber hinaus kennt sich die KI auch selbst gut. Du kannst sie fragen, wie sie dir konkret bei einem bestimmten Problem helfen kann, oder dir kleine Übungsaufgaben und Quizze erstellen lassen. Diese personalisierte Unterstützung geht weit über das hinaus, was statische Lernmaterialien wie zum Beispiel Bücher bieten können. Der Kreislauf von Fragen, Antworten und praktischen Anwendungen schafft eine intensive Lernerfahrung, die individuell auf deine Bedürfnisse zugeschnitten ist.
Bilder erstellen lernen mithilfe von KI
Ein Bereich, in dem KI uns hervorragend unterstützen kann, ist das Erstellen von Bildprompts (siehe Prompt Guide in Kapitel 5 »Prompt Design: Der Schlüssel zu besseren Ergebnissen mit KI« auf Seite 121 ff.) – selbst wenn wir darin noch keine Erfahrung haben. Viele Menschen denken, dass sie Experten für Bild-KI sein müssen, um gute Ergebnisse zu erzielen. Doch das stimmt nur zum Teil. Mit der Hilfe von KI kannst du lernen, wie du präzise Bildprompts formulierst, und auch Unterstützung für gute Prompts anfordern. Ein einfacher Ansatz ist, die KI um Unterstützung bei der Entwicklung eines Prompts zu bitten. Dazu kannst du zunächst Metaphern nutzen, um deine Bildidee greifbarer zu machen. Angenommen, du benötigst ein Bild für ein Thema und fragst die KI nach zehn passenden Metaphern. Sobald du eine Metapher gefunden hast, die dir zusagt, bittest du die KI, basierend darauf, einen detaillierten Prompt zu erstellen.
Ein Beispiel könnte sein: »Eine Bergsteigerin, die im Nebel einen Gipfel erklimmt«. Den Prompt, den die KI daraus erstellen kann, kannst du dann direkt in ein Bildgenerierungstool wie Midjourney oder DALL-E eingeben – und das gewünschte Bild entsteht.
Das Besondere: Du musst keine ausgefeilten Promptkenntnisse besitzen, denn die KI übernimmt die Brücke zwischen deiner Idee und der technischen Umsetzung. So lernst du ganz nebenbei, worauf es bei Bildprompts ankommt, und kannst deine Ergebnisse Schritt für Schritt verfeinern. Zum Beispiel Lichtverhältnisse, Bildstile, Stimmungen, Detaillierungsgrad, …
Der Kreislauf des Lernens
Mit KI lernen wir nicht nur Neues, sondern auch, wie wir uns selbst besser organisieren, motivieren und ausdrücken können. Der Schlüssel liegt darin, die KI als Begleiter zu sehen, der uns nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch Fragen aufwirft, Perspektiven erweitert und uns bei der Umsetzung unterstützt.
Eine neue Rolle für Trainerinnen und Trainer
In einer Welt, in der KI immer mehr Aufgaben übernimmt, verschiebt sich der Schwerpunkt menschlicher Trainerinnen und Trainer. Ihre Rolle liegt zunehmend darin, Lernende zu begleiten, zu motivieren und den emotionalen Kontext zu schaffen, den Technik allein nicht bieten kann. Es ist eine Rolle, die nicht weniger wichtig, sondern unverzichtbarer denn je wird. Denn letztlich bleibt der Mensch der Schlüssel für den erfolgreichen Transfer von Wissen in die Praxis.
Lernen mit KI als Chance
Das Lernen mit KI bietet ungeahnte Chancen. Von der Erstellung präziser Prompts über das Strukturieren komplexer Themen bis hin zur individuellen Begleitung – KI ist ein Werkzeug, das uns befähigt, unsere eigene Bildungsreise aktiv zu gestalten. Indem wir die Technologie nicht nur nutzen, sondern mit ihr interagieren, schaffen wir eine neue Form des Lernens: flexibel, kreativ und motivierend. Es ist an der Zeit, diese Möglichkeiten zu entdecken und zu nutzen.

Gaston Geilenkothen ist Veränderungsberater und Praxisdenker. Seit zwanzig Jahren kombiniert er als Unternehmensberater BWL, Technik und Mensch, um Digitalisierung und KI nachhaltig nutzbar zu machen. Mit seinem breiten Wissen rund um KI hat er in zahlreichen Projekten im Mittelstand und bei Dax-Konzernen eine neue Denkweise vermittelt. Seine Workshops und Vorträge machen den Einsatz von KI greifbar und ermutigen durch einfache Erklärungen, die Potenziale der KI auszuschöpfen.

