KI führt nicht – sie will geführt werden

Stell Dir vor, Du bekommst einen neuen Kollegen. Hochintelligent. Fleißig. Immer verfügbar. Aber: Er tut nichts – bis Du ihm klare Anweisungen gibst. So ähnlich funktioniert künstliche Intelligenz. Sie analysiert blitzschnell, schreibt beeindruckende Texte, erstellt Präsentationen oder plant Projekte – aber nur dann, wenn wir wissen, wie wir mit ihr sprechen. Genau hier beginnt eine neue Herausforderung für Unternehmen: Wer KI richtig einsetzen will, muss Kommunikation und Führung neu denken.

Kommunikation mit Maschinen ist keine Zukunftsmusik.

In den letzten Monaten hat sich in vielen Unternehmen eine stille Revolution vollzogen. KI-Tools wie ChatGPT, Claude oder Gemini schreiben E-Mails, entwickeln Werbetexte, analysieren Verkaufsdaten oder visualisieren neue Produkte. Doch während die Technik beeindruckende Fortschritte macht, bleibt oft ein entscheidender Punkt unbeachtet: KI versteht uns nicht – sie folgt uns.

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Die Kommunikation mit Maschinen unterscheidet sich grundlegend von der mit Menschen. Sie ist nicht intuitiv. Kein Lächeln, kein Unterton, keine Andeutung. Maschinen brauchen Struktur, Klarheit und Kontext. Was wir früher beiläufig gesagt oder gezeigt haben, müssen wir heute bewusst formulieren.

Das ist kein Nachteil – im Gegenteil: Wer lernt, mit KI präzise zu kommunizieren, stärkt zugleich seine Führungskompetenz. Denn gute Prompts sind wie gute Anweisungen: klar, motivierend, zielorientiert.

Prompt-Design: Führung in neuer Form

Prompt-Design – also die Kunst, gute Eingaben für KI zu formulieren – ist mehr als ein Technikthema. Es ist moderne Führung. Denn plötzlich haben Mitarbeitende digitale Assistenten, die ihnen zuarbeiten. Doch diese Assistenten denken nicht selbst. Sie müssen geführt werden.

Ein Beispiel:

❌ „Mach mal einen Text über unser neues Produkt.“

✅ „Schreibe einen LinkedIn-Post für unser neues Produkt ‚EcoFresh‘. Zielgruppe: nachhaltig orientierte Familien. Ton: freundlich, kompetent. Max. 500 Zeichen.“

🚀 „Du bist Experte für Socialmedia. Stell mir 10 Fragen die du benötigst um mit meinen Antworten dann einen passenden LinkedIn-Post für unser neues Produkt „EcoFresh“ zu schreiben.

Der Unterschied ist nicht subtil – er ist entscheidend. Wer unklar kommuniziert, bekommt mittelmäßige Ergebnisse. Wer gezielt führt, bekommt Qualität. In dieser Fähigkeit liegt der Schlüssel zur erfolgreichen KI-Nutzung: Die Führungskraft von morgen führt nicht nur Menschen, sondern auch Maschinen.

Die dritte Variante beschreibt auch einen modernen Ansatz wie die KI auch als Experte zur Geltung kommt. Auch solche cleveren Vorgehensweisen sind nicht nur bei der KI von entscheidendem Vorteil.

Neue Rollen, neue Verantwortung

Diese Veränderung betrifft nicht nur die Unternehmensspitze. Auch Mitarbeitende müssen umlernen: Früher hieß es: „Mach das mal fertig.“ Heute heißt es: „Sag der KI, was sie tun soll – und überprüf das Ergebnis.“ Das klingt simpel, verändert aber das Rollenverständnis. Wer mit KI arbeitet, übernimmt mehr Verantwortung für die Qualität – und das verlangt ein neues Selbstverständnis.

Ein Praxisbeispiel:

In einem Beratungsunternehmen erstellt nicht mehr der Junior den ersten Konzeptentwurf – sondern die KI. Der Projektleiter formuliert den Prompt, prüft den Output, ergänzt, präzisiert. Aus einer delegierten Aufgabe wird eine gestaltete Führungssituation.

Vier Bereiche, in denen sich das besonders zeigt

1. Effizienz steigern
KI übernimmt Routinen – E-Mails, Protokolle, Zusammenfassungen. Das spart Zeit. Aber nur, wenn jemand vorgibt, was und wie.

2. Kreativität entfalten
Die KI ist ein unermüdlicher Ideengeber – für Kampagnen, Slogans, Namen, Inhalte. Doch ohne klares Briefing bleibt die Qualität beliebig.

3. Sicherheit in Projekten erhöhen
Projektpläne, Risikoanalysen, Ressourcenlisten – all das kann KI vorbereiten. Vorausgesetzt, sie bekommt die richtigen Fragen gestellt.

4. Wettbewerbsfähigkeit stärken
KI ermöglicht kleine, schnelle Schritte – genau das, was der Mittelstand braucht. Wer KI gut steuert, ist oft schneller und flexibler als große Wettbewerber.

Kommunikation als unterschätzte Schlüsselkompetenz

Wenn wir mit Menschen sprechen, achten wir oft auf Zwischentöne. Wir spüren, wie Worte wirken – manchmal öffnen sie, manchmal blockieren sie. Bei Maschinen vergessen wir das oft. Doch auch Künstliche Intelligenz reagiert auf Sprache – nur eben anders. KI nimmt Deine Worte wörtlich – und gleichzeitig nicht neutral.

Ein einfaches Beispiel:

„Warum funktioniert unser Produkt nicht?“ führt zu einem ganz anderen Ergebnis als: „Wie können wir unser Produkt verbessern?“

Beides zielt auf Entwicklung – aber der Ton ist ein anderer. Die erste Frage unterstellt ein Problem. Die zweite öffnet einen Lösungsraum. KI-Modelle reagieren auf diese feinen Unterschiede – und liefern entsprechend andere, oft sogar voreingenommene Antworten.

Das bedeutet: Kommunikation mit KI ist keine technische Eingabe, sondern ein bewusster Akt. Suggestive Fragen, unausgesprochene Wertungen, unklare Begriffe – all das färbt die Ergebnisse.

In einer Welt, in der Maschinen mitreden, wird die Fähigkeit zur bewussten Kommunikation zur Schlüsselkompetenz. Nicht als Stilmittel – sondern als Führungsinstrument. Wer klar spricht, führt klar. Wer gezielt fragt, bekommt bessere Antworten. Von Menschen. Und von Maschinen.

In meinen Workshops erlebe ich oft, dass Führungskräfte durch das Arbeiten mit KI bewusster kommunizieren – mit der Maschine und mit Menschen. Prompt-Design ist für viele von ihnen ein überraschendes Kommunikationstraining. Und nicht selten sagen sie: „Ich hätte nie gedacht, dass mir ein KI-Tool hilft, besser zu führen.“

Führung neu denken – mit KI als Sparringspartner

Künstliche Intelligenz ist keine App. Sie ist ein Gegenüber – und sie verlangt nach Klarheit. Wer sie führen kann, stärkt nicht nur Prozesse, sondern auch Teams. Denn gute Führung beginnt mit Sprache. Und Sprache ist das Werkzeug, mit dem wir Maschinen und Menschen in Bewegung bringen. Die gute Nachricht: Diese neue Form von Führung kann man lernen. Stück für Stück. Prompt für Prompt. Und wer heute damit beginnt, führt morgen mit mehr Klarheit, Tiefe und Wirkung – in jede Richtung.

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