Es gibt ein Leben vor dem Tod

Wenn es um Produktivität geht, wird diese von vielen Leuten mit dem Credo »höher, schneller, weiter« verwechselt. Doch tatsächlich geht es vielmehr um die Frage: Wenn Sie letztendlich Zeit für sich gewinnen, wofür möchten Sie sie einsetzen? Für das Geschäft, die Familie oder um endlich einmal wieder Zeit für eine Runde Golf zu haben? Die Gründe bringen Sie mit. Ein Hobby kann ein tolles Motiv sein, seine Arbeit um ein Vielfaches produktiver zu gestalten. Warum bin ich persönlich so produktiv? Ganz einfach, weil mir Lebensqualität so wichtig ist. Für mich ist ein schlechter Tag auf dem Tennisplatz immer noch besser als ein guter Tag im Büro!

Wie können Sie sich motivieren? Zum Beispiel, indem Sie sich belohnen. Am besten täglich: Durch einen Kinobesuch, ein Gespräch mit Freunden, einen Besuch im Museum, eine interessante Fortbildung, einen Spaziergang oder ein Tennismatch, einmal Ausschlafen, eine Viertelstunde zum Träumen. Nutzen Sie Ihre bevorzugten Impulse aus Kunst, Literatur, Natur und Mußezeiten.

Damit wir uns richtig verstehen: Ich plädiere hier nicht für absolute Zügellosigkeit. Im Gegenteil: Es bedarf enormer Selbstdisziplin, Effizientertainment zu leben. Denn wer nicht in der Lage ist, auf das kleine Vergnügen zu verzichten, wird das große vielleicht nie kennenlernen.

Verschieben Sie Ihr Leben nicht auf später

Aber ich bin mir sicher: Auf lange Sicht gesehen werden Sie nur dann zu den exzellenten Unternehmern gehören, wenn Sie Ihre Situation realistisch einschätzen und einen Weg finden, sich Lebensqualität, Inspiration und Träume zu bewahren. Allerdings fällt uns dies nach jahrelanger »Diktatur des Dringlichen« oft schwer.

Das Prinzip Effizientertainment bedeutet deshalb: Wenn du die Dinge, die du tun musst, so schnell wie möglich tust, hast du für die Dinge, die du gerne tust, umso mehr Zeit.

Das Märchen von der Work-Life-Balance

Machen Sie sich klar: Für Unternehmer gibt es keine Work-Life-Balance! Arbeit ist nicht das Gegenteil, sondern ein Bestandteil des Lebens. Die ausgeglichene Gestaltung aller Lebensbereiche sollte daher eines Ihrer wesentlichen Anliegen sein. Und das ganz natürlich und leicht, nicht etwa als Muss. Und dazu gehören eben nicht nur Arbeit und Vermögen, sondern ebenso Beziehungen, Gesundheit, und natürlich Freizeit. Also Leistung und Lebensqualität. »Und« statt »oder« lautet hierbei das Zauberwort.

Erwarten Sie nicht, dass Arbeit eine Lücke füllt, die eigentlich von persönlichen Beziehungen und Freizeitaktivitäten ausgefüllt sein sollte. Ihre Mitarbeiter sollten nicht Ihre einzigen Freunde sein. Planen Sie Ihre Freizeit und verteidigen Sie private Termine genauso gegen Zeitdiebe, wie Sie dies auch bei einem wichtigen geschäftlichen Meeting tun würden. Sagen Sie sich niemals: »Ich erledige das am Wochenende«. Denn das Wochenende damit zu verbringen, Mails zu beantworten, Angebote zu bearbeiten oder Präsentationen zu erstellen ist nicht der richtige Weg, die wenige Zeit, die Sie auf Erden haben, zu vergeuden.

86.400 ist die alles entscheidende Zahl

Nehmen wir an, Sie haben in einem Wettbewerb den folgenden Preis gewonnen: Jeden Tag stellt Ihnen Ihre Bank 86.400 Euro auf Ihrem Bankkonto zur Verfügung. Tolle Vorstellung – doch leider hat auch dieses Spiel gewisse Regeln:

Die erste Regel lautet: Alles, was Sie im Laufe des Tages nicht ausgegeben haben, verfällt. Sie können das Geld auch nicht auf ein anderes Konto übertragen, Sie können es nur unmittelbar investieren. Aber jeden Morgen, wenn Sie erwachen, stellt Ihnen die Bank erneut 86.400 Euro für den kommenden Tag zur Verfügung.

Die zweite Regel lautet: Die Bank kann das Spiel ohne Vorwarnung beenden. Zu jeder Zeit kann es heißen: Es ist vorbei, das Spiel ist aus. Die Bank kann das Konto schließen und Sie erhalten kein neues Geld.

Was würden Sie tun? Sicher würden Sie versuchen, jeden Cent so auszugeben, dass er bestmöglich genutzt ist.

Dieses Spiel ist Realität.

Jeder von uns hat so eine »magische« Bank. Diese Bank ist unser Leben. Und die Währung ist Zeit. Jeden Morgen, wenn wir aufwachen, bekommen wir 86.400 Sekunden Leben für den Tag geschenkt und wenn wir am Abend einschlafen, wird uns die übrige Zeit nicht gut geschrieben. Was wir an diesem Tag nicht gelebt haben, ist verloren – für immer verloren. Gestern ist vergangen. Jeden Morgen beginnt sich das Konto zwar neu zu füllen, aber genauso gut kann die Bank das Konto jederzeit auflösen.

Was machen Sie also mit Ihren täglichen 86.400 Sekunden? Sind sie nicht viel mehr wert, als die gleiche Menge in Euro?

Unglücklicherweise wird auf unserer »Lebensuhr« nur die bereits abgelaufene Zeit angezeigt. Würden unsere Chronometer hingegen wie ein Countdown funktionieren und uns die Zeit anzeigen, die uns noch verbleibt – ich bin überzeugt, wir würden sie besser nutzen.

Deshalb: Fangen Sie an, Ihr Leben zu leben! Schieben Sie den Anfang nicht auf irgendeinen unbestimmten Zeitpunkt in der Zukunft. Leben Sie heute, hier und jetzt. Das »später« ist Ihnen nicht garantiert. Zeit zu verschwenden heißt ratenweise Selbstmord zu begehen.

Wir schieben unser Leben auf, weil es in der Gegenwart so viel zu tun gibt. So verkommt das Thema Lebensqualität zum guten Vorsatz. Etwa: »Wenn erst mal die Kinder aus dem Haus sind, mache ich die Weltreise.« Oder: »Wenn das Unternehmen erst mal gewinnbringend verkauft ist, habe ich wieder Zeit auf den Golfplatz zu gehen.« Und so weiter und so fort. Doch »irgendwann« ist nie.

Führt das Aufschieben der wirklich wesentlichen Dinge wenigstens zu einem Plus an Erfolg und Leistungskraft? Wohl kaum, denn jeder von uns wünscht sich Tage, die 48 dauern, um unsere To-do-Listen auch nur halbwegs abarbeiten zu können. Und das, obwohl wir Verzicht üben, der uns als Unternehmer häufig nicht einmal mehr auffällt.

Fragen Sie sich doch einmal selbstkritisch: Wenn dieser ferne Fixpunkt Ruhestand keine Option für Sie wäre, wenn Sie also bis zu ihrem letzten Tag an Ihrem Schreibtisch sitzen würden, um irgendwann tot vom Chefsessel zu fallen, wer von Ihnen würde so weiterarbeiten wie bisher und wer von Ihnen würde den Dingen, die ihm wirklich etwas bedeuten mehr Aufmerksamkeit widmen? Aufmerksamkeit ist dabei gleichbedeutend mit Zeit!

Wenn ich Ihnen einen einigermaßen gesunden Lebensstil unterstelle, was sowohl Ihrer Lebenserwartung als auch Ihrem Energie-Level zuträglich wäre, dann werden Sie circa acht Stunden Schlaf brauchen – einschließlich Zubettgehen und Aufstehen. Hinzu kommt eine weitere Stunde, die Sie für die persönliche Hygiene aufbringen. Macht neun Stunden. Gesetzt den Fall, Sie wenden die in diesem Buch beschriebenen Techniken an, dann dauern Ihre Arbeitstage nicht länger als acht Stunden. Hinzu kommen zwei Stunden für das Essen sowie jeweils eine weitere halbe Stunde für die Fahrt von und zur Arbeit. Nehmen wir zu Ihren Gunsten an, Sie müssen für sämtliche Arbeiten im und um den Haushalt keine Zeit veranschlagen, weil diese durch eine andere Person erledigt werden. Wenn Sie außerdem weder Kinder noch Haustiere haben, die Ihre Aufmerksamkeit fordern, bleiben Ihnen noch genau vier Stunden Zeit. Vier Stunden, um Freunde zu treffen, Bücher zu lesen, sich weiterzubilden, ins Kino zu gehen, Sport zu treiben, Spanisch zu lernen und so weiter. Das ist die Realität eines normalen Arbeitstages.

Unter diesem Aspekt sollten Sie sich ruhig einmal fragen:

  • Wie viel dieser kostbaren Zeit möchte ich mit wirklich belanglosen Dingen verschwenden?
  • Welche Aktivitäten im Leben genieße ich am meisten? Was macht mich am glücklichsten?
  • Wie viel meiner Zeit verbringe ich bereits mit diesen Aktivitäten?
  • Wie könnte ich diese Momente vermehren?

Es gibt ein Leben vor dem Tod

Lassen Sie das Hamsterrad nicht zum Dauerzustand werden. Der Moment, an dem Sie tatsächlich mehr Zeit haben werden, ist nichts als ein frommer Wunsch. Dieser Zeitpunkt kommt nie, solange Sie nicht aktiv werden.

Ein Mann, der Mitte vierzig ist und Jahr für Jahr mit seinen Freunden für eine Woche zum Hochseefischen aufbricht, und sich dazu entschließt, aus vermeintlich wichtigen Gründen dieses Jahr darauf zu verzichten, tröstet sich mit der Aussage: »Ich habe ja noch zwanzig Jahre Zeit zum Hochseefischen.« Dies ist ein Trugschluss. Er hat nicht weitere zwanzig Jahre, sondern noch zwanzig Mal, um mit seinen Freunden in See zu stechen. Und wenn er sich entschließt, dieses Jahr nicht teilzunehmen, bleiben ihm noch genau neunzehn Mal. Bestenfalls.

Ich weiß nicht, ob Sie den Punkt bereits hinter oder noch vor sich haben, an dem Ihre Vergangenheit länger ist als Ihre Zukunft? Aber irgendwann kommen wir alle an diese Schwelle. Und nicht wenige Menschen fürchten sich vor dem Tod. Die Soziologin Monika Ardelt von der Universität Florida fand in einer Studie aus dem Jahr 2003 heraus, dass vor allem ein sinnerfülltes und zufriedenes Leben die Angst vor dem Sterben mildert 27. Kommentar der Forscherin: »Paradoxerweise sind Menschen mit einem sinnerfüllten Leben eher bereit, dieses gehen zu lassen.« Ein interessanter Denkanstoß und vielleicht auch ein schönes Lebensmotto?

Stark beeindruckt hat mich in diesem Zusammenhang die nachfolgende Geschichte:

Ein selbstständiger Unternehmer und Vater von drei Kindern erhält im Alter von Mitte dreißig die niederschmetternde Diagnose: Multiple Sklerose, eine unheilbare Erkrankung des zentralen Nervensystems, deren Verlauf nicht vorhersehbar ist. Wenngleich diese Diagnose nicht zwangsläufig das Ende bedeuten oder die Lebenserwartung entscheidend verkürzen muss, so kann sie gleichwohl entscheidenden Einfluss auf die Lebensqualität haben.

Als Selbstständiger ist seine Zukunft plötzlich mit vielen Fragezeichen versehen. Sein Leben ändert sich von einem Tag auf den anderen schlagartig: Fortan ist es geprägt von täglichen Injektionen sowie ein bis zwei Krankenhausaufenthalten pro Jahr, um durch Kortison-Infusionen, den schubweisen Verlauf der Krankheit zu behandeln. Hinzu kommen regelmäßig mehrwöchige Aufenthalte in verschiedenen Reha-Einrichtungen.

Die Diagnose versetzt den Mann zunächst einen tiefen Schock, der ihn in eine Depression stürzt. Doch nach und nach beginnt er damit, sein Leben schrittweise umzukrempeln: War er vorher häufig träge und antriebslos, was seinen Körper und seine Gesundheit betraf, beginnt er nun ein konsequentes Sportprogramm. Arbeitete er vorher regelmäßig oft zwölf Stunden und mehr, reduziert er nun seine Arbeitszeit und findet Zeit für seine Familie. War er zuvor ausschließlich mit Plänen für die Zukunft beschäftigt, lebt er nun jeden einzelnen Tag. Gab es zuvor viele nicht realisierte Projekte, die aufgrund der Alltagsbelastung auf die lange Bank geschoben wurden, ordnet er nun seine Finanzen und strukturiert sein Geschäft neu: Er lagert Aufgaben aus und macht aus einem personenbezogenen Business ein Geschäft, das unabhängiger von seiner Person läuft und ihm ein regelmäßiges Passiveinkommen sichert. Den gewonnenen Freiraum nutzt er für bisher aufgeschobene Projekte und Urlaube mit der Familie.

Fünf Jahre nach seiner Diagnose ist der Unternehmer ein anderer Mensch geworden. Nach wie vor erfreut er sich bester Gesundheit. Doch ihm ist bewusst, dass seine Krankheit ein Damoklesschwert ist, das permanent über ihm schwebt. Er weiß nicht, was die Zukunft bringen wird. Doch anstatt aufgrund dieser unsicheren Zukunftsaussichten in Selbstmitleid oder Depressionen zu verfallen, helfen sie ihm dabei, jeden einzelnen Tag maximal zu nutzen. Seine Produktivität befindet sich auf einem absoluten Höchstmaß, ohne dass seine Arbeitstage mehr als acht Stunden dauern.

Sein Erfolg und seine Lebensqualität haben sich vervielfacht. Die eigentliche Hiobsbotschaft wurde für ihn zu einem Glücksfall und sie verhalf ihm zu der Erkenntnis: »Die Krankheit war das Beste, was mir passieren konnte. Erst durch sie ist mir die Bedeutung meiner Lebenszeit wirklich bewusst geworden.«

Häufig stellen wir fest, dass sich unser Leben gerade in den Momenten radikal ändert, in denen uns das Schicksal die Pistole auf die Brust setzt. Doch diese Momente können uns auch die erforderliche Kraft geben, um nachhaltig etwas zu verändern. Was vorher ein »kann« war, wird plötzlich zu einem »muss«.

Die Moral von der Geschicht’: Warte nicht!

Warten Sie nicht darauf, unfreiwillig an einen Wendepunkt Ihres Lebens zu gelangen. Nicht jeder schließt mit einem Happy End. Erheben Sie Ihr Leben zur höchsten Priorität. Machen Sie es zu Ihrem wichtigsten Projekt und beginnen Sie noch heute, es mit Leben zu füllen. Denn es gibt keinen besseren Zeitpunkt. Und es liegt allein in Ihrer Hand.

Vor vielen Jahren las ich das Gedicht If I Had My Life To Live Over der US-amerikanischen Schriftstellerin Erma Bombeck. Sie schrieb es, kurz bevor sie an Krebs verstarb. Es gibt wohl kaum ein emotionaleres Plädoyer für ein erfülltes Leben. Seither ist es ein fester Bestandteil zum Abschluss meiner Seminare.

Wenn ich mein Leben noch einmal leben dürfte (Erma Bombeck)

Wenn ich mein Leben noch einmal leben dürfte, würde ich weniger sprechen und mehr zuhören.
Ich würde Freunde auch dann zum Abendessen einladen, wenn der Teppich schmutzig und das Sofa ausgeblichen ist.
Ich würde das Popcorn im »guten« Wohnzimmer essen und mir weniger Sorgen über den Dreck machen, wenn jemand ein Feuer im Kamin anzündet.
Ich würde mir die Zeit nehmen, den Erzählungen meines Großvaters aus seiner Jugend zu lauschen.
Ich würde nicht darauf bestehen, dass die Autofenster an einem Sommertag geschlossen bleiben, nur weil ich meine Haare gerade gemacht habe.
Ich würde die rosa Kerze, die wie eine Rose geformt war, anzünden, bevor sie auf dem Speicher schmilzt.
Ich würde mit meinen Kindern auf dem Rasen sitzen, ohne mir Gedanken über mögliche Grasflecken zu machen.
Ich würde weniger beim Fernsehen weinen und lachen, sondern mehr im wirklichen Leben.
Ich würde mehr von der Verantwortung meines Mannes übernehmen.
Ich würde zu Bett gehen, wenn ich krank bin, statt zu befürchten, dass die Welt aufhört sich zu drehen, weil ich einen Tag nicht zur Verfügung stehe.
Ich würde nichts kaufen, nur weil es praktisch ist oder eine lebenslange Garantie verspricht.
Anstatt mir die neun Monate meiner Schwangerschaft weg zu wünschen, würde ich jeden einzelnen Moment lieben und erkennen, dass ein Wunder in mir heranwächst und mir die einmalige Chance bietet, Gott beim Wunder des Lebens zu assistieren.
Wenn meine Kinder mich ungestüm küssen wollten, würde ich nicht antworten mit: »Später. Geht jetzt und wascht euch vor dem Abendessen.«
Ich hätte öfter »Ich liebe dich« und »Es tut mir leid« gesagt.
Aber vor allem würde ich, wenn ich mein Leben noch einmal leben dürfte, jede einzelne Minute davon bewusst wahrnehmen … leben … in vollen Zügen genießen … und nie wieder zurückgeben.

Action Steps – vom Know-how zum Do-now

  • Wie nutzen Sie Ihre 86.400 Sekunden täglich?
  • Schenken Sie allen Lebensbereichen Aufmerksamkeit
  • Schieben Sie Ihr Leben nicht auf später auf. Leben Sie es jetzt!
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