Entweder sind Sie online – oder Sie sind erfolgreich

Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich damit unbeliebt mache, behaupte ich: Der Großteil der Zeit, die wir mit Social Media verbringen, ist reine Zeitverschwendung. Eine riesengroße Illusion. Nach mehreren Jahren höchst intensiver Recherche durch exzessive eigene Nutzung habe ich ein ernüchterndes Resümee gezogen. Es bedarf einer schonungslosen Abrechnung mit dem Märchen vom Mehrwert von Social Media.

Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich damit unbeliebt mache, behaupte ich: Der Großteil der Zeit, die wir mit Social Media verbringen, ist reine Zeitverschwendung. Eine riesengroße Illusion. Nach mehreren Jahren höchst intensiver Recherche durch exzessive eigene Nutzung habe ich ein ernüchterndes Resümee gezogen. Es bedarf einer schonungslosen Abrechnung mit dem Märchen vom Mehrwert von Social Media. Machen Sie sich klar: Ihre Effektivität wird nicht durch die Anzahl Ihrer Facebook-Freunde bestimmt. Ihre Produktivität hängt nicht von der Menge Ihrer Follower auf Twitter ab. Und Ihre Lebensqualität wird nicht an der Anzahl Ihrer Eventeinladungen auf XING gemessen.

Social Media birgen nicht nur ein hohes Suchtpotenzial, sie bringen auch kaum nennenswerte oder gar messbare Vorteile. Abgesehen vielleicht von der Befriedigung des Voyeurismus, wenn man die belanglosen Statusmeldungen anderer Leute liest oder der Illusion von Bedeutung, wenn die eigenen Kommentare mit »Gefällt mir« versehen werden. Natürlich wird es Stimmen geben, die dem laut widersprechen. Doch hierbei handelt es sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um Unternehmer, deren Geschäftszweck meist mit irgendeiner Form von Social-Media-Nutzung mittelbar oder unmittelbar zusammenhängt und deren Umsatz somit mit jedem Social-Media-Verfechter und -User steigt. Dies dürfte für rund 95 Prozent aller Unternehmer jedoch nie der Fall sein.

Nach Empfehlung der US-amerikanischen Autorin Beth Kanter und verschiedener deutscher Social-Media-Experten sollte jeder Unternehmer zwischen zehn und zwanzig Stunden pro Woche für Social Media aufbringen. Was das effektiv bringen soll, bleibt allerdings offen. Denn ob die Leute tatsächlich auf »Gefällt mir« klicken oder nicht, wird für einen Großteil der Unternehmer etwa in Bezug auf den Umsatz keine nennenswerte Relevanz besitzen. Laut einer 2012 veröffentlichten Studie von Forrester Research beeinflusst Social Media weniger als ein Prozent der Kaufentscheidungen im Internet 11. Für den Wert eines Facebook-Fans fehlt bislang jeglicher Beleg. Gleiches gilt für XING, LinkedIn, Twitter oder Google+. Die Masse der Nutzer, die sich dort befinden, werden für Unternehmer nur marginal zu deren Ergebnis beitragen.

Wenn es Sie also nicht bei der Kundengewinnung unterstützt: Welches Argument bleibt Ihnen dann noch, das es rechtfertigen würde, als Unternehmer täglich drei Stunden auf Facebook zu verbringen?

Dass Imagekampagnen von Großkonzernen wie McDonald’s & Co. ein völlig anderes Ziel verfolgen, steht außer Frage. Aber die Strategie für Mittel- und Kleinunternehmer muss es sein, sich über die wichtigsten eigenen Ziele klar zu werden. Um sich dann kritisch mit der Frage auseinanderzusetzen, inwiefern man in der Zeit, die man online in sozialen Netzwerken verbringt, sich von diesen eher entfernt, anstatt ihnen näher zu kommen.

Social-Media-Junkies verlieren im Laufe der Zeit außerdem die Fähigkeit, sich auf das Wesentliche fokussieren zu können. Man kämpft – always online und simultan, auf verschiedenen Kanälen mit einer modernen Form von ADS (Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom). Kindern werden in solchen Fällen gerne Psychopharmaka verordnet, erwachsene Unternehmer bezahlen dafür »nur« mit sinkender Arbeitsleistung. Der Prozess vollzieht sich dabei schleichend und bleibt somit meist lange unbemerkt. Hier mal eben bei Facebook die Mails der virtuellen Freunde gelesen, da mal kurz in XING nach ein paar Kontakten gestöbert, dann nur schnell bei YouTube nach einem Video gesucht und dabei noch eben über zwei besonders gut gemachte Clips gestolpert, die man rasch an Freunde versendet. Das alles natürlich unter dem Deckmantel der Entspannung. Social Media als Ersatz für den Gang zur Kaffeeküche. Nur weit zeitraubender. Aus dem einen und anderen kurzen Viertelstündchen summieren sich im Laufe der Arbeitswoche leicht mehrere Stunden.

Wir scheinen die Ablenkung zu brauchen, weil wir nicht mehr in der Lage sind, über einen längeren Zeitraum, und seien es auch nur 25 Minuten am Stück, konzentriert zu arbeiten. Mit diesem Wissen lässt sich unsere Aufmerksamkeit gerade im Internet wunderbar steuern. Was für das Fernsehen die Werbepause leistet, ist im Netz längst dauerhaft präsent. Hier ein blinkendes Banner, dort ein Link. Schnell ist eine Stunde vergangen. Eine Stunde, in der wir unserem Ziel nicht näher gekommen sind, sondern von dem wir uns – im Gegenteil – immer weiter entfernt haben.

Eine Website, die ich Ihnen wärmstens ans Herz legen möchte, wenn Sie von dem geschilderten Problem betroffen sind, weil Sie sich genau damit auseinandersetzt, lautet: www.nowdothis.com. Dort finden Sie nach Eingabe der zu erledigen Aufgaben einen leeren Bildschirm, auf dem sich nichts anderes befindet als ebendiese Aufgabe. Jedwede Ablenkung ist ausgeschaltet. Noch nicht einmal blinkende Banner können Sie jetzt noch aufhalten.

Sie sind davon nicht betroffen? Hm? Haben Sie Mitarbeiter? Mehr als zwei und davon einer unter sechzig Jahren? Herzlichen Glückwunsch. Sie sind betroffen!

Wie viele neue Kunden haben Sie schon über Facebook gewonnen?

Ein befreundeter Inhaber einer größeren Steuerberaterkanzlei ist quasi rund um die Uhr online. Das Schöne ist: Man kann sich nahezu jederzeit mit ihm zum Tennis verabreden, denn via Facebook-Chat erreicht ihn jede Nachricht quasi unmittelbar. Seine Social-Media-Kompetenz wird auch von der Branche als besonders innovativ gelobt. Schließlich kann er kann sich unter dem Überbegriff »Beziehungspflege« mit bestehenden Mandanten vernetzen. Aber gewinnt er als Steuerberater neue Mandanten auf Facebook? Nein. Denn viele soziale Netzwerke, allen voran Facebook, sind in allererster Linie eine Community von Gewinnspielinteressenten und Ablenkungssüchtigen, die jedoch auf diesem Weg kaum Geld im Netz ausgeben. Kostenloser Content? Gerne.

Produktivitätsgrab XING

Natürlich dürfen auch Sie eine Fanpage für Ihr Unternehmen unterhalten und selbstverständlich kann dies zu Imagezwecken sinnvoll sein. Aber Hand aufs Herz: Inwiefern dient die Beschäftigung damit in Ihrem Fall in allererster Linie Ihrer eigenen Ablenkung? Was die geschäftliche Relevanz betrifft, kommt erschwerend hinzu, dass von Facebook zuletzt sogar die Reichweite der Fanpages willkürlich beschnitten wurde. Jetzt muss ein Unternehmer also per Anzeige dafür bezahlen, dass diejenigen, denen seine Seite gefällt, seine Meldungen überhaupt sehen. Und wie messen Sie den Return-on-Invest für Ihre Credibility?

Ich unterstelle einmal, dass sich niemand am Ende seines Lebens wünschen wird: »Hätte ich nur mehr Zeit auf Facebook verbracht!« Solange Sie kein Filmstar sind, ist das Posten irrelevanter Statusmeldungen kein Gradmesser für gesellschaftliche Bedeutung, ist die Pflege virtueller Freundschaften keine Ausrede für die Vernachlässigung realer Beziehungen und steht die Häufigkeit der Klicks auf »Gefällt mir« nicht in unmittelbarer Relation zum Empfinden echter Lebensfreude. Im Gegenteil!

Ein mindestens ebenso großes Produktivitätsgrab ist XING. Entweder befinden sich darin Nutzer, die den ganzen Tag nichts anderes zu tun haben, als ihren Status zu aktualisieren, Beiträge in Foren zu verfassen (was zugegebenermaßen auch eine wirksame Vermarktungsstrategie sein kann) und Mails zu schreiben. Oder es befindet sich darin ein Kundenkreis, den man zwar auf diversen Netzwerkveranstaltungen antrifft, der darüber hinaus jedoch meist nicht allzu erfolgreich agiert. Kein Wunder: Wenn diese Leute ihre eigene Zeit gering schätzen, können sie natürlich auch keine nennenswerten Erträge aus ihrer Zeitverwendung erzielen. Tun Sie das nicht!

Etwas besser verhält es sich mit Weblogs. Dort kann regelmäßiger Content durchaus den eigenen Expertenstatus ausbauen, das Suchmaschinen-Ranking verbessern und somit Besucher auf die eigene Website bringen. Aber Achtung: Die Rede ist hier vom Betreiben eines eigenen Weblogs, nicht vom stundenlangen Herumsurfen in der Blogsphäre unter dem Deckmantel der Recherche.

Zugegeben: Ohne Facebook, XING und Co. scheint es, nach dem Motto »Wer nicht drin ist, ist out«, heute kaum noch zu gehen. Vielleicht ist dies alles ja Ihrem Geschäft zuträglich? Dann sollten Sie jemanden dafür einstellen. Denn in diesem Fall stellt sich nicht die Frage: Soll ich oder soll ich nicht? Sondern: Übertrage ich diese Aufgaben wie in jedem größeren Unternehmen auch nicht besser jemand anderem? Unternehmen, die so vielversprechende Bezeichnungen wie »Social-Media-Management« tragen, gibt es viele. Dort sind Leute aktiv, die ohnehin den ganzen Tag im Netz verbringen und so aus ihrem Hobby einen Beruf gemacht haben. Bei diesen sind Ihre Social-Media-Aktivitäten in besten Händen – und Sie haben Ihre Hände wieder frei für Ihre eigentliche Arbeit!

Die Social-Media-Diät

Immer dann, wenn man feststellt, dass man zu viel von etwas hat (mit Ausnahme von Zeit, Macht und Geld vielleicht), denkt man darüber nach, was man dagegen tun kann. Haben Sie jemals ernsthaft eine Diät begonnen? Die Basis ist immer die gleiche: Es geht um weniger. Ob man nun zu viel isst, zu viel arbeitet oder zu viele Medien auf einmal nutzt, Einschränkung oder Abstinenz sind die Schlüsselworte. Wenn mir die Zeit für das reale Leben in der digitalen Welt abhandenkommt, muss ich dafür sorgen, dass ich den Social-Media-Konsum einschränke. Nur so kann ich den Faktor Zeit für mich persönlich zurückerobern. Und wie bei jeder Diät hängt der Erfolg davon ab, dass man sich einen Plan macht. Mit einem Diätplan kann man sein Essverhalten kontrollieren, mit einem Nutzungsplan kann man sein digitales Medienverhalten in den Griff bekommen.

Wie könnte eine Medien-Diät aussehen? Hier einige Vorschläge:

  • Mit Bekannten und Freunden über die eigene mögliche Sucht reden, um zu erfahren, ob eine Social-Media-Diät notwendig ist. Andere – allen voran Ihr Partner – haben oft einen klareren Blick.
  • Wer seine Abhängigkeit von Social Media erkannt hat, sollte zunächst versuchen, den Konsum drastisch einzudämmen. Loggen Sie sich nur einmal täglich für die Dauer von beispielsweise dreißig Minuten in sozialen Netzwerken ein.
  • Arbeiten Sie am Vormittag bis zu einer vorher festgelegten Uhrzeit strikt offline an wichtigen Projekten.
  • Begrenzen Sie den Internetzugang via Smartphone, Blackberry oder iPhone auf maximal dreißig Minuten pro Tag.
  • Das Verlangen nach aktuellen News aus sozialen Netzwerken sinkt, wenn in den eigenen Einstellungen Mitteilungen per E-Mail über Statusmeldungen und Neuigkeiten ausgestellt werden.
  • Löschen Sie Facebook-Applikationen auf dem Handy – das unterstützt das Durchhaltevermögen.
  • Bei besonders hartnäckigen Fällen: Nutzen Sie Software, die für eine bestimmte Zeit die Kontrolle für Sie übernimmt. Sie geben eine Zeit vor und die Software blockiert während dieses Zeitraums vorher festgelegte Seiten, Mailprogramme oder das gesamte Internet. Diese Programme sind vor allem dann, wenn Sie auf konzentrierte Arbeitsphasen angewiesen sind, besonders hilfreich. Gute Dienste leisten: http://parker.kuivi.la/projects/selfrestraint für Windows oder www.macfreedom.com sowie http://visitsteve.com/made/selfcontrol/ für den Mac.
  • Nehmen Sie zumindest einmal pro Woche, idealerweise am Wochenende, gar keine Computertechnik in die Hand. Verbringen Sie die Stunden nur mit der Familie oder Freunden.
  • Mittelfristiges Ziel einer solchen Diät könnte es sein, einen Arbeitstag pro Monat ganz auf das Internet zu verzichten. Ein sogenannter Offline-Day. Versuchen Sie es. Verbringen Sie ab sofort einmal monatlich einen Tag komplett offline. Keine Mails, kein XING, kein Facebook, kein Twitter, kein Qype, kein Skype – nix! Auch nicht über das Handy. Nur konzentriertes Arbeiten. Das ist produktiv!

Bitte machen Sie sich klar: Als Unternehmer tragen Sie zu 100 Prozent die Verantwortung für Ihre Ergebnisse. Und Sie bestimmen, wann Sie ins Netz gehen. Zeigen Sie der virtuellen Welt, dass Sie nicht von ihr abhängig sind. Das Internet ist für Sie da und nicht Sie für das Internet. Einfach mal Zeit für sich nehmen. Ohne digitale Geräte und ohne den Druck, online sein zu müssen. Genießen Sie die reale Welt: Mit realen Freunden. Mit realen Erlebnissen. Mit realem Glück. Und realem Erfolg.

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