Wörter und Körpersprache verfügen über einzigartige Macht. Sie beeinflussen die Wahrnehmung, das Denken und das Handeln von Menschen. Mit einer ganz einfachen Technik lässt sich das Verhalten Ihrer Gesprächspartner in Ihrem Sinne beeinflussen.
Die Sache mit den Handflächen
Hände haben zwei Seiten. Außen ist der Handrücken und innen die Handfläche. Wir neigen dazu, in Gesprächen, Diskussionen und Vorträgen, hauptsächlich unsere schönen Handrücken zu präsentieren. Alles andere würde eine unnatürliche Bewegung erfordern. Zusätzlich verstecken wir den Großteil der Zeit unsere Handflächen aus folgendem Grund: Selbige sind um das doppelte empfindlicher als unsere Handrücken. Fahren Sie einfach mit Ihrem linken Finger sanft über Ihren rechten Handrücken. Probieren Sie dann Selbiges auf Ihrer rechten Handfläche. Sie merken den deutlichen Unterschied sofort.
Jeder Mensch vermeidet unterbewusst, empfindliche Körperstellen zur Schau zu stellen. Denn Körper und Geist sind untrennbar verbunden. Durch das Zeigen sensibler körperlicher Bereiche öffnen wir gleichzeitig auch unser Inneres für den Gesprächspartner.
Die Handleserin
1998 lebe ich einige Monate in Barcelona. Eines Tages spaziere ich durch einen Außenbezirk. Ein winziges Häuschen, aus dem sphärische Musik klingt, erregt meine Aufmerksamkeit. Ich nähere mich, um einen Blick in das Innere zu erhaschen, als plötzlich eine alte Frau die Tür öffnet und mich mit fordernden Augen anspricht: eine Handleserin. Etwas übertölpelt stimme ich zu, gegen etwas Geld eine Sitzung in Anspruch zu nehmen. Wenn ich heute an dieses Erlebnis zurückdenke, so sind mir die Prophezeiungen nicht im Gedächtnis geblieben. Trotzdem erinnere ich noch an eines ganz genau: Dieses Gespräch hatte eine ganz spezielle Intensität. Und lassen wir jetzt mal Räucherware, orientalische Klänge und die kleine schwarze Katze, die in der Ecke döste, bei Seite, hat diese Intensität wiederum etwas mit der Stellung der Hände zu tun. Beim Handlesen liegt es nun einmal in der Natur der Sache, dass Handflächen offen gezeigt werden. Allein dieses ungewohnte Offenlegen erzeugt sofort ein etwas seltsames Gefühl. Wir sind das nicht gewohnt. Unterbewusst machen wir uns verletzlich. Wir öffnen uns. Wir erhöhen die Bereitschaft, unser Inneres zu zeigen und über selbiges zu sprechen. Verstärkt wird dies natürlich durch die Berührungen des anderen auf der Handfläche. So entsteht eine ganz eigene Atmosphäre und Kommunikationsenergie.
Beeinflussung durch die eigenen Handflächen
Psychologisch gesehen wissen wir seit langem, dass die Stellung bzw. Drehung der Hände bei anderen unterbewusst verschiedene Eindrücke und Wahrnehmungen der Situation, Intention und Interpretation der Persönlichkeit des Ausführenden hervorruft. Offene, zum Gesprächspartner oder Publikum schauende, Handflächen signalisieren Offenheit, Ehrlichkeit, Vertrauen und Nähe. Verbergen wir jedoch unsere Handflächen, so erweckt dies bei Gesprächpartnern hingegen folgende Gefühle: Dominanz, Zurückhaltung, Misstrauen und Distanz. Diese Wirkungen verstärken sich noch durch das Krümmen oder Ballen der Finger sowie das Zusammenführen der Hände.

Offen gezeigte Handflächen haben eine unglaubliche Wirkung auf Menschen. Konstant eingesetzt, unterstützt Sie diese Technik nicht nur darin, offen und vertrauenswürdig zu wirken, sondern führt auch dazu, dass Ihre Gesprächspartner plötzlich selbst viel offener und gelöster agieren. Misstrauen verschwindet, Einwände nehmen ab und verschwinden, die Möglichkeit zu erfolgreicher Kommunikation erhöht sich deutlich.
Anleitung: „Magnetische Handfläche“
Anbei ein kleines Experiment zum Nachmachen. Natürlich nur, wenn Sie Single sind.
Gehen Sie in eine Bar und setzen Sie sich an die Theke – in die Nähe einer Kellnerin oder Kellners, Sie haben die Wahl. Ziel ist, dass diese Ihnen fremde Person innerhalb von maximal fünfzehn Minuten ihre Hand auf die Ihre legt und diese dort auch länger verweilen lässt. Zusätzlich muss sie Ihnen ihre Telefonnummer geben. In zwei Drittel der Versuche funktioniert folgender Weg:
Setzen Sie sich nah an den Aktionsraum der Zielperson. Legen Sie, je nach Position zu ihr, Ihre linke oder rechte Hand gut sichtbar auf die Theke – mit der Handfläche nach oben, Finger zu achtzig Prozent gestreckt. Wenn sich Ihr Gegenüber viel bewegt, ändern Sie die Position Ihrer Hand unauffällig und behutsam, so dass Ihre Fingerspitzen in seine Richtung schauen. Diese über lange Zeit durchgeführte Handstellung ist ungewohnt und fühlt sich komisch an. Kümmern Sie sich nicht darum! Halten Sie sie bei, ganz egal was passiert! Früher oder später bemerkt die andere Person Ihre Hand, meist unbewusst. Vielleicht nähert sie sich Ihnen, vielleicht beginnt sie auch ein Gespräch oder fragt einfach, ob alles in Ordnung ist. Unterbewusst spürt sie Ihre durch die offene Handfläche ausgedrückte emotionale Einladung. Sie merkt, dass Sie sich geöffnet haben. Das Vertrauen und der Wunsch, sich Ihrer ein wenig anzunehmen, wachsen. Und dann, ja dann passiert das Faszinierende! Obwohl Sie diese Person nicht kennt, legt sie früher oder später ihre Handfläche auf die Ihre. Das funktioniert wie ein Magnet. Manchmal, je nach Entwicklung, verbindet sie das mit einer Frage oder einem Ausdruck ihrer Wahrnehmung wie zum Beispiel „Bedrückt Sie etwas?“ oder „Sie sehen so aus, als ob Sie …“. Dann antworten Sie natürlich etwas und beginnen ein kleines Gespräch. Dabei sehen Sie, dass die fremde Hand während dieser Sätze auf der Ihren bleibt. Ihr Magnet verfügt nun über seine volle Stärke.
Und die Telefonnummer? Tja, die ist dann eigentlich nur noch Formsache. Sagen Sie einfach zum passenden Zeitpunkt etwas wie „Das war sehr nett von Ihnen. Geben Sie mir bitte Ihre Telefonnummer. Ich lade Sie die nächsten Wochen auf einen Kaffee ein.“

Die Ausnahme der Regel
Manchmal macht es Sinn und hin und wieder ist es sogar absolut notwendig, die Handflächen nach unten zu drehen oder sie auch komplett zu verbergen. Denn in gewissen Situationen wollen Sie Entschlossenheit, Durchsetzungskraft und Autorität ausstrahlen. Wenn Sie in solchen Momenten die Technik der offen gezeigten Handflächen anwenden, laufen Sie Gefahr, genau den gegenteiligen Eindruck zu erwecken. Gerade wenn Sie in Gesprächen über weite Strecken durch Ihre Gestik Offenheit und Vertrauen schaffen, erzielt diese plötzliche Änderung der Taktik sofortige Wirkung: Ihr Gesprächspartner weiß, dass das jetzt ernst gemeint ist. Das Sie sich absolut sicher sind. Dass Sie keinen Widerspruch dulden!
Beeinflussung durch die Handflächen des anderen
Das anhaltende Zeigen von Handflächen lässt immer Offenheit und Bereitschaft entstehen. Das bedeutet, wenn Sie es schaffen, dass Ihr Gesprächpartner seine Handflächen dreht und Sie vielleicht sogar die Chance haben diese, am besten die linke, zu berühren, dann haben Sie das Tor zu dessen Unterbewusstsein geöffnet. Beobachten Sie einfach einmal Trickhypnotiseure. Viele benutzen diese Technik, um Menschen schnell in Trance zu versetzen. Bevor sie mit der eigentlichen Hypnose beginnen nehmen sie die Hand des anderen in die eigene und machen etwas Kleines, aber Entscheidendes bevor sie, begleitet von tiefen Augenkontakt, mit dem sprachlichen Teil ihrer Induktion fortfahren. Sie drehen die Hand der zu hypnotisierenden Person, so dass die Handfläche nach oben schaut. Zusätzlich legen dann manche noch ihre zweite Hand von oben darauf.
Haben Sie also den Wunsch, Ihren Gesprächspartner emotional zu erreichen, Vertrauen aufzubauen oder Ihr Gegenüber darin zu bestärken, über seine eigenen Werte, Wünsche, Gefühle oder Ängste zu sprechen, dann sorgen Sie dafür, dass er seine Handfläche nach oben dreht und Sie ihre Hand von unten halten und von oben berühren können. Diese Anwendung ist natürlich in den meisten beruflichen Branchen so gut wie unmöglich. Im privaten Kontext (Familie, Beziehung, Kind) ist sie allerdings sehr einfach und mit großer Wirkung zu jeder Zeit anwendbar. Erfolg garantiert!

Mag. Martin Sernko zählt zu den führenden Kommunikationsexperten Europas. Bekannt für seinen eigenen, unverwechselbaren Stil – geprägt von hoher Dynamik, Innovation und Motivation –, steht er dafür, Altbekanntes stets kritisch zu durchleuchten sowie gänzlich neue Ansätze und Techniken zu entwickeln.