Die kundenorientierte Mitarbeiterführung (Teil VI)

Die Bedeutung analytischer Fähigkeiten und fachlicher Fertigkeiten wird von vielen Unternehmen nach wie vor maßlos überschätzt. Kunden dagegen setzen fachliches Know-how heute ganz einfach voraus. Und obendrauf wünschen sie sich von ihren Ansprechpartnern schon seit langem Kommunikationsvermögen, Feingefühl und Empathie. Soziale Kompetenz und emotionale Intelligenz sind Haupterfolgsfaktoren im Kundenkontakt. Sie können sogar fachliche Defizite ausgleichen. Andersherum funktioniert es allerdings nie – von einem Unsympathen kaufe ich nichts! Sympathie dagegen schafft Zuneigung – und damit Kaufbereitschaft.

Die Bedeutung analytischer Fähigkeiten und fachlicher Fertigkeiten wird von vielen Unternehmen nach wie vor maßlos überschätzt. Kunden dagegen setzen fachliches Know-how heute ganz einfach voraus. Und obendrauf wünschen sie sich von ihren Ansprechpartnern schon seit langem Kommunikationsvermögen, Feingefühl und Empathie. Soziale Kompetenz und emotionale Intelligenz sind Haupterfolgsfaktoren im Kundenkontakt. Sie können sogar fachliche Defizite ausgleichen. Andersherum funktioniert es allerdings nie – von einem Unsympathen kaufe ich nichts! Sympathie dagegen schafft Zuneigung – und damit Kaufbereitschaft.

Kundenorientierte Mitarbeiter-Entwicklung

Moderne Führungskräfte- und Verkäufer-Ausbildung muss demnach weit über das reine Vermitteln von Gesprächsführungs-, Präsentations- und Abschlusstechniken hinausgehen und sich viel mehr mit den emotionalen Motiven und Bedürfnissen der Menschen beschäftigen. Es bringt einfach nichts, auch noch die 21. Verkaufstechnik nachzuplappern, in Outdoor-Camps auf Bäumen herumzuklettern oder ‚Durch die Wüste‘ zu spielen. In der Wüste gibt es keine Menschen! Um etwas über Kunden zu lernen, müssen sich alle Mitarbeiter und alle Führungskräfte eines Unternehmens mit kundenorientiertem Denken und Handeln intensiv auseinandersetzen, am besten gemeinsam über alle Hierarchie-Ebenen hinweg und in ständigem Dialog mit den Kunden.

In meinen Workshops lasse ich das Thema Kundenorientierung immer von den Mitarbeitern selbst erarbeiten. Am Anfang steht meist – und das mag hier zunächst schockieren – die Frage: „Was müssen wir tun, um ganz sicher unsere Kunden zu vergraulen und damit zu verlieren?“ Aus dem anschließenden Umkehrschluss ergeben sich die positiven Ansätze fast wie von selbst – maßgeschneidert für das eigene Unternehmen. Und diese werden dann auch gerne umgesetzt, denn sie wurden nicht vom Chef aufdiktiert, sondern in Eigenregie entwickelt. „Das Wollen der Mitarbeiter erreicht man am besten, wenn die Leute selbst sagen, sie könnten sich vorstellen, das in Zukunft so und so zu machen“, erkannte sehr treffend eine Führungskraft während eines solchen Workshops.

In kundenorientierten Unternehmen kommen möglichst alle Mitarbeiter ‚live‘ mit Kunden zusammen. Oder sie erzählen sich zumindest ständig Geschichten über die Kunden – und zwar vorzugsweise Erfolgsgeschichten. Ein Beispiel: Bei einem meiner Kunden, einem mittelständischen Futtermittel-Hersteller trafen sich seit Jahr und Tag die Mitarbeiter der Zentrale zu einem geselligen Mittwochsfrühstück. Nun werden hierzu auch Außendienst-Mitarbeiter eingeladen, die über ihr Verkaufsgebiet berichten, Innendienst-Mitarbeiter erzählen über ihre Besuche bei Kunden und manchmal kommen sogar Kunden und schildern die Probleme bzw. Erfolge mit dem Einsatz der Produkte dieses Unternehmens.

In kundenorientierten Unternehmen kennt das Management seine Kunden nicht nur aus den Berichtsbänden der Marktforschungsinstitute – sondern persönlich. Für viele Führungskräfte bedeutet dies, womöglich erstmals mit einem Kunden von Angesicht zu Angesicht zu reden. IKEA-Führungskräfte besuchen beispielsweise die Kunden zu Hause, um zu sehen, wie sie so leben.

Eine kundenorientierte Unternehmensorganisation

Redet man bei Ihnen immer noch von Abteilungen und Schnittstellen? Das ist schlecht, denn Abteilungsdenke fördert Revier-Gehabe! Unnütze Energie wird vergeudet mit dem Abstecken von Grenzen und dem Zurückweisen von offensichtlichen oder scheinbaren Übergriffen. Und während ganze Unternehmensbereiche interne Feindbilder aufbauen, sich Schlammschlachten liefern und in Grabenkämpfen zerreiben, zieht der Kunde von dannen. Während Streithähne mit sich selbst beschäftigt sind (…“Mit dem rede ich bis zur Rente nicht mehr!“ – „Den lass ich am ausgestreckten Arm verhungern!“…), erfindet die Konkurrenz neue Produkte, verbessert ihren Service, kreiert neue Verkaufskampagnen – und macht das Rennen.

In kundenorientierten Unternehmen ziehen alle Bereiche am gleichen Ende des Stranges – sie arbeiten Hand in Hand. Aus Schnittstellen müssen Kittstellen werden, denn das Kunden-erfolgreich-und-damit-glücklich-machen wird in Zukunft nur über Abteilungsgrenzen hinweg funktionieren. Abteilungsbarrieren existieren sowieso nur in den Köpfen der Mitarbeiter. Den Kunden interessiert ganz einfach nicht, welche Abteilung ‚zuständig‘ ist, er honoriert einzig und allein den reibungslosen Ablauf des Ganzen. Er will Komplettlösungen und keine Atomisierung seiner Belange. Und er merkt sehr schnell, wenn ein Unternehmen nicht wie aus einem Guss funktioniert.

Speziell im Vertrieb erfordert die ernsthafte Hinwendung zu wahrer Kundenorientierung Strukturen, die auf Sympathie beruhen. Produktorientierte oder auch regional organisierte Verkaufsstrukturen sind nicht mehr zielführend. Der lokale Firmensitz des Kunden oder seine Branchenzugehörigkeit darf nicht länger das entscheidende Kriterium dafür sein, welcher Key-Accounter bzw. Sales-Mitarbeiter der hauptsächlich aktive Kontakter ist. Der Kunde bzw. sein Buying-Team entscheidet künftig, wer die wichtige Verkäufer-Funktion bei ihm ausfüllen darf.

Will heißen: Der Kunde bekommt den Verkäufer, den er haben will, der zu ihm passt, den er braucht. Organisation folgt Emotion. Die zwischenmenschliche Beziehung entscheidet! Das ist hier so leicht geschrieben und abnickbar. Für manchen Verkäufer – gerade für die hochdekorierten und star-allürigen unter ihnen – wird dies eine riesige Herausforderung darstellen. Denn nun wird er, anstatt eitel seinem Ego zu dienen, offen sagen müssen, dass er mit einem Kunden nicht ‚kann‘, und dem Kollegen den Vortritt lassen, bei dem die Wellenlänge stimmt. Eine Revolution für viele Vertriebsmannschaften, ein Segen für die Umsätze des Unternehmens.

Geldscheine sind Stimmzettel

Die kundenorientierte Führung richtet die Mitarbeiter voll und ganz auf den Kunden aus. Die Schlüsselfragen, die dabei quasi täglich zu stellen sind, lauten:

  • Wer genau ist der Kunde?
  • Wie ‚tickt‘ er emotional?
  • Was will und braucht er wirklich?
  • Was hält er von unserer Leistung?
  • “ Was fängt er damit an?
  • Wie können wir helfen, unsere Kunden erfolgreich und damit glücklich zu machen?

Und wie erfahren Sie all das? Nicht am grünen Tisch, nicht durch Studien und Statistiken, sondern nur durch regelmäßige, offene Dialoge mit den Kunden! Kundenorientiert führen heißt zum Beispiel: Nicht glauben, zu wissen, was der Kunde nötig hat und nützlich findet, sondern die Mitarbeiter anzuhalten, täglich Kunden-Rückmeldungen einzuholen.

Ein Verkäufer ist somit nicht mehr in das eigene Angebot, sondern in seine Kunden ‚verliebt‘. Mit Feinfühligkeit versucht er, seine Kunden und die Prozesse in dessen Unternehmen in der Tiefe zu verstehen, die wahren Probleme seiner Kunden zu erkennen und deren Erwartungen möglichst zu (über)treffen. So hilft er seinen nunmehr begeisterten Kunden, deren Ziele zu erreichen und vor allem: deren Kunden glücklich zu machen. Er kümmert sich also nicht nur um seine Kunden, sondern auch um die Kunden seiner Kunden.

Als Advokat seiner Kunden kehrt er mit deren spezifischen Anforderungen in das eigene Unternehmen zurück, um mit den entsprechenden Fachbereichen maßgeschneiderte Lösungen zu erarbeiten und auf vollständige Erfüllung, möglichst sogar auf Übererfüllung zu drängen. Dabei geht es nicht nur um das technisch Machbare, sondern immer auch um die berühmte ‚Extra-Meile‘, die meist im Service-Bereich liegt – und für Begeisterung sorgt.

Die kundenorientierte Haltung eines Unternehmens beginnt in den Köpfen der Führungskräfte. Nicht, was wir am besten können, was richtig für uns und gut für die Anteilseigner ist, sondern was passend für unsere Kunden ist, steht im Fokus. Denn vor dem Geldverdienen kommt der Kunde. Und Geldscheine sind Stimmzettel! Für den Mitarbeiter heißt das: Im Zweifel dem Kunden und nicht dem Boss gefallen, seine ganze Energie auf den Kunden und nicht auf die Führungskraft konzentrieren. Für manche Vorgesetzte ist das eine harte Lektion!

Ein verheißungsvoller Ansatz: die kundenorientierte Mitarbeiterführung

Die kundenorientierte Führung ist folgendermaßen geprägt:

  • Management by walking and talking around.
  • Der Kunde ist in Gesprächen und Meetings ständig positiv präsent.
  • Die Mitarbeiter werden als interne Kunden gesehen – und so behandelt.
  • Die Mitarbeiterzufriedenheit wird regelmäßig gemessen und ist hoch.
  • Die Führungskraft lebt Kundenorientierung deutlich sichtbar vor.
  • Die Ziele der Mitarbeiter sind auf Kundenorientierung ausgerichtet.
  • Die Mitarbeiter sind in die Gestaltung aller Prozesse aktiv eingebunden.
  • Über kundenorientierte Einstellungen wird regelmäßig gesprochen.
  • Kundenorientiertes Verhalten wird gefördert, gelobt und belohnt.
  • An kundenorientierter Prozess-Optimierung wird ständig gearbeitet.

Die Hauptaufgabe einer Führungskraft ist es, solche Rahmenbedingungen zu schaffen, die es den Mitarbeitern ermöglichen, für den Kunden ihr Bestes geben zu können und zu wollen. Die ergiebigste Quelle für Motivation oder Demotivation ist dabei das Miteinander-Reden. Was es gleichzeitig so gefährlich macht: Hier liegen Höhen und Tiefen am dichtesten beieinander. Ein einziges falsches Wort, und Sie haben vielleicht einen Totfeind fürs Leben.

Als Motivationsschub gilt auch, jedem Mitarbeiter qualifizierte ‚Chef-Zeit‘ zu schenken – ein paar Minuten täglich reichen. Diese Zeit ist bestens investiert: Der Mitarbeiter spürt, wie wichtig er für den Betrieb ist. Denn Mitarbeiter haben nicht nur Informationsbedarf, sie haben auch Kontakt- und Aufmerksamkeitsbedarf. Und was man selbst zu sagen hat, kommt schnell unter die Leute. So schafft man ein motivierendes Klima von Offenheit, Vertrauen und gegenseitigem Respekt. Und die Mitarbeiter kommen gerne zur Arbeit.

Ich nenne das: Management by walking and talking around. Der Chef verfolgt nicht nur die ‚Politik der offenen Tür‘, er macht sich vielmehr auf den Weg durch die Firma. Bei seinem rituellen Morgenrundgang begutachtet er nicht nur Anlagen oder Auslagen, vor allem begrüßt er von sich aus seine Mitarbeiter – nicht umgekehrt – und spricht mit ihnen. Dabei schenkt er ihnen aufrichtiges Interesse und hört aufmerksam hin, was sie so zu sagen haben. Auf diese Weise erfährt er am schnellsten über Stimmungen und erhält neue, gute Ideen. Bei Problemen kann er unverzüglich reagieren. Wenn Sie hinterher die Augenfarbe Ihrer Mitarbeiter nennen können, dann haben Sie es richtig gemacht.

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