Love it, change it, leave it – warum konsequente Entscheidungen wichtig sind

Klarh»Klarheit & Konsequenz« ist in der Führung ist unabdingbar. Im Kern ist dieses Prinzip auch sehr einfach. Doch in der Umsetzung hat es seine Tücken. Das hier vorgestellte Modell – es soll auf den Erfinder und Auto-Pionier Henry Ford zurückgehen – hilft das Prinzip im Führungsalltag zu etablieren.

So unklar der Ursprung ist, so klar ist die Wirkung des Modells. Vermutlich kennen Sie die Worttrilogie »Love it, change it, leave it« bereits, immerhin ist sie im Coaching fest etabliert. Gerne wird das Modell – weil deutlich kürzer – auch als LCL-Methode (Love, Change, Leave) beschrieben.

 

Love it

Der erste Grundzustand steht zu Recht an der Spitze. Wenn wir behaupten können, etwas zu lieben, dann ist das der Idealzustand. Vielleicht gehören Sie zu den glücklichen Menschen, die aufrichtig behaupten dürfen, ihren Job zu lieben. Dabei geht es natürlich weder um eine Liebe, die 24 Stunden und sieben Tage die Woche andauert, noch um Perfektion. Wenn Sie unter dem Strich ein eindeutig positives Fazit ziehen und Ihren Job deutlich häufiger lieben, als ihn zu verdammen, dann liegen Sie schon gut auf Kurs. Falls Sie für sich bloß zu dem Ergebnis kommen, dass Sie etwas ganz okay finden und es Sie nicht großartig stört, dann entspricht das definitiv nicht dem Verständnis von »love it«. Wenn es nicht Ihr Beruf ist, den Sie wirklich lieben, dann sind es vielleicht andere Tätigkeiten, Hobbys oder Situationen, auf die es zutrifft. Wissen Sie, was wirklich erstaunlich ist? Viele Menschen lieben das, was sie tun, wirklich, stellen sich aber permanent die Frage, wie lange das wohl gut gehen wird. Wann wird diese tolle Phase enden? Welches Unheil kündigt sich vielleicht schon an? Statt den Status quo zu genießen und daraus Energie zu schöpfen, denken sie schon wieder daran, wie es wohl sein wird, wenn der schöne Moment vorüber ist. Gehören Sie auch zu diesen Menschen? Oder können Sie Glückszustände vollumfänglich und entspannt genießen?

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Einfach (nach-)gefragt

Überlegen Sie, auf welche Tätigkeiten oder Situationen der Grundzustand »love it« bei Ihnen zutrifft! Ist es Ihr Job, den Sie wirklich sehr gerne machen? Oder eines Ihrer Hobbys? Denken Sie an diese köstlichen Momente, in denen das Feeling von »love it« Sie durchströmt! Wie fühlt sich das an?

Den Zustand des »love it« zu erreichen und in ihm länger zu verharren, ist natürlich genial. Aber wie sehr wir uns auch bemühen, es wird immer Situationen geben, die wir beim besten Willen nicht lieben können. Dafür stehen zwei weitere Alternativen zur Verfügung!

Change it

Wenn etwas nicht passt, können wir es passend machen. Das heißt, wir verändern das, was noch nicht oder nicht mehr passt. Wenig Erfolg versprechend ist dabei der Versuch, andere Menschen zu ändern. Deutlich aussichtsreicher ist es, eine Situation zu verändern. Die größten Erfolgsaussichten hat allerdings das Basteln an der eigenen Einstellung – damit ist aber nicht Schönreden gemeint! Es geht darum, die eigene Sicht auf ein Thema zu verändern und damit zu einer anderen Bewertung zu gelangen. Die Suche nach den Schuldigen für eine bestimmte Situation ist ebenso wenig zielführend. Viel entscheidender ist es, durch eine Änderung der eigenen Haltung zu der Sache die notwendige Veränderung herbeizuführen. Nachdem die Veränderung abgeschlossen ist, könnte sogar eine gloriose Rückkehr zu »love it« möglich sein! Trotz aufrichtiger Bemühung gibt es für einen erfolgreichen Change-Prozess jedoch niemals eine Garantie. Für diesen Fall bleibt neben »love it« und »change it« noch eine dritte Alternative.

Leave it

Wer sich mit einer Sache nicht anfreunden kann und auch durch eine Veränderung keine positive Wirkung erzielt hat, dem bleibt die Option, die Situation zu verlassen. Wenn Sie zum Beispiel Ihren Job nicht mehr lieben und eine Veränderung – trotz wiederholter Versuche – nicht erfolgreich ist, kann »leave it« bedeuten, sich eine neue Position zu suchen. Es kann sich aber auch anders ausdrücken. Nehmen wir an, Sie haben immer wieder Probleme mit einem Kollegen. Sie können den Konflikt mit der Person loslassen, indem Sie ihr erfolgreich aus dem Weg gehen, aber auch, indem sie die Situation emotional hinter sich lassen.

Entscheiden Sie sich

Für welche der drei Optionen Sie sich entscheiden, ist nicht so erheblich. Wichtig ist, sich überhaupt für eine dieser Möglichkeiten auszusprechen. In der Praxis beobachte ich seit vielen Jahren eine erstaunlich große Zahl an Menschen, die unentschlossen in der Mitte des Dreiecks (siehe Abbildung) umherirren. Sie können sich nicht entscheiden, ob sie eine Sache lieben, etwas verändern oder die Causa ganz hinter sich lassen sollen. Also verschwinden sie lieber im LCL-Bermudadreieck. Das klingt dann typischerweise so: »Ich liebe meinen Job! Den mache ich jetzt schon seit zwanzig Jahren. Es ist wie am ersten Tag. Eigentlich gehe ich sehr gerne zur Arbeit. Wenn da nur nicht die aktuellen Rahmenbedingungen wären. Die fressen mich auf. Ich habe schon mehrfach versucht, daran etwas zu ändern – aber vergebens! Es ist inzwischen so unerträglich, dass ich schon ein paar Mal darüber nachgedacht habe zu kündigen. Aber das kann ich nicht! Ich liebe doch meinen Job! Den kann ich doch nicht einfach so aufgeben!«

Einfach (nach-)gefragt

Kennen Sie solche Situationen? Ging es Ihnen im Job, in der Familie, mit Freunden oder im Hobby schon einmal so? Wenn ja: Erinnern Sie sich noch, wie sich das angefühlt hat? Wie lange hat der Zustand angehalten? Wie haben Sie sich aus dieser Situation befreit? Sind Sie befreit worden? Oder stecken Sie eventuell noch in dieser Haltung fest?

Das Problem am Dämmerzustand in der Mitte des LCL-Dreiecks stellt ein gesundheitsgefährdendes Phänomen dar! Wenn Sie dort über eine zu lange Zeit verharren, hin- und hergerissen zwischen den drei Optionen, wirkt sich das negativ auf Ihre Gesundheit aus. Dieser Zustand der Unentschlossenheit kann zu ernsthaften psychischen Erkrankungen wie Depressionen führen. Vielleicht haben Sie als Führungskraft es in Ihrem beruflichen Umfeld schon erlebt, dass aus fröhlichen, positiven Typen plötzlich verbitterte, frustrierte und negative Menschen  wurden. Ein hoher Preis, den wir dafür zahlen, uns nicht klar und konsequent entscheiden zu können oder zu wollen.

Klärungsbedarf richtig verorten

Oft ist es für Führungskräfte nicht einfach, klar und konsequent zu sein und sich für »love it«, »change it« oder »leave it« zu entscheiden. Besonders schwierig wird es, wenn man in einer Führungsposition zwischen die Erwartungen einer anderen, übergeordneten Führungskraft und die eigenen Vorstellungen gerät. In der Praxis wird dieser Konflikt meist nach unten weitergetragen. Dann dürfen die Mitarbeiter den Disput lösen und die mürrische Laune des Chefs aushalten, wenn dieser wider seine eigenen Überzeugungen die Vorstellungen »von oben« umsetzen muss. Dies ist jedoch kein Thema, das auf den Rücken der Mitarbeiter zu klären ist. Mit Klarheit & Konsequenz zu führen bedeutet, eine klare Vorstellung zu haben, wo Ursachen und Verantwortlichkeiten liegen, und sie konsequent dort zu klären. Wenn Sie als Führungskraft etwas umsetzen müssen, das Ihnen persönlich missfällt, wird das noch kein Problem darstellen. Geschieht dies aber immer wieder, haben Sie akuten Klärungsbedarf – und zwar oben, nicht unten. Mit Ihrer höherrangigen Führungskraft über diese Differenzen in Dialog zu treten, lässt im Kern nur zwei grundsätzliche Tendenzen zu: Entweder haben Sie eine Führungskraft, mit der Sie offen diskutieren können, dann stehen die Chancen auf eine praxistaugliche Lösung im Regelfall ziemlich gut. Oder Sie können darüber mit dem Chef nicht sprechen, weil er launisch, mürrisch, genervt oder auf eine andere Art ablehnend reagiert. Dann werden Sie auf Dauer prüfen müssen, ob Sie hier wirklich richtig sind. Es ist definitiv nicht einfach, sich zu einer der drei Optionen »love it, change it oder leave it« durchzuringen, aber es befreit und erhöht die Lebensqualität, wie das folgende Beispiel zeigt.

Geschichte mit Pfiff: Konsequente Wahrheit erwünscht

Marvin ist gerade siebzehn Jahre alt geworden, leitet bisher ausschließlich Jugendspiele, soll demnächst aber auch die ersten Spiele bei den Senioren leiten. Allerdings hat er einige Kilos zu viel auf den Rippen. Nach einer der regelmäßigen Leistungsprüfungen für Schiedsrichter kommt Marvin zu mir und eröffnet das Gespräch mit einer klugen Frage: »Torsten, was muss ich tun, um als Schiedsrichter aufzusteigen?«

Ich stehe vor einem Dilemma, denn ich überlege, ob ich klar oder diplomatisch antworten soll. Ich entscheide mich für Klarheit & Konsequenz und sage: »Dreißig Kilo abnehmen!« Stille. Mit der Antwort hatte Marvin nicht gerechnet. Weil ich spüre, dass ihm die Situation unangenehm ist und er sich vielleicht sogar ein bisschen schämt, ergänze ich: »Damit wir uns richtig verstehen, Marvin! Du bist ein super Typ und ein toller Schiedsrichter. Du pfeifst viele Spiele, machst deine Prüfungen – es gibt nichts, das ich dir vorwerfen könnte. Ich mag dich. Aber du wolltest wissen, was du tun musst, um als Schiedsrichter aufzusteigen! Und das ist meine Antwort.«

Marvin bedankt sich für das Feedback und geht. Ich fühle mit ihm, bin aber davon überzeugt, dass die konsequente Wahrheit ihm am besten hilft, seinen Weg zu finden. Etwa einen Monat später treffe ich Marvin bei einem unserer Lehrabende. Er kommt auf mich zu, reicht mir die Hand und sagt: »Danke! Du bist der Erste, der so klar mit mir gesprochen hat. Alle anderen sind mir ausgewichen, du aber hast nicht gekniffen!«

Wann immer wir uns sehen, grüßen wir uns herzlich und gehen voller Respekt miteinander um. Er fungiert immer noch als Schiedsrichter in der Kreisliga; aufgestiegen ist er nicht und auch an seinem Gewicht hat sich kaum etwas verändert. Aber den Druck, den er sich selbst machte, weil er unbedingt in höhere Spielklassen aufsteigen wollte, hat er abgelegt. Er wirkt sehr viel entspannter und lebensfroher als früher!

Marvin hat für sich eine Entscheidung getroffen. »Love it« war ihm nicht möglich, weil er höhere Ansprüche hatte, die er aber nicht befriedigen konnte. »Change it« hat er durch diverse Diäten über eine längere Zeit hinweg erfolglos probiert. Da blieb nur noch »leave it«! Aber er hat nicht gleich seinen Job als Schiedsrichter an den Nagel gehängt, sondern nur seine Ansprüche heruntergefahren. Auch das ist eine sehr wirksame Form von »leave it«. Weil das erfolgreich war, konnte er letztendlich hinsichtlich seines Hobbys auch wieder zu »love it« zurückkehren. So einfach kann es manches Mal sein!

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